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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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Abdankung habe ich versucht, mir das Leben zu nehmen. In Fontainebleau … Aber ich wurde gerettet. Ich habe meine Bestimmung noch nicht erfüllt. Auf Sankt Helena werde ich mein politisches Testament diktieren. Sie haben wohl noch nie zwischen Leben und Tod geschwebt, Madame?« »An jenem Abend, an dem Sie sich mit der Vicomtesse Beauharnais verlobt haben, wollte ich mich in die Seine stürzen.« Sein Blick kehrte zu mir zurück. »Sie wollten sich –? Und wie wurdest du gerettet, Eugénie?«
    »Bernadotte hat mich zurückgerissen.« Verblüfft schüttelte er den Kopf. »Sonderbar. Bernadotte hat dich zurückgerissen, du wirst Königin von Schweden, ich reiche dir den Säbel von Waterloo … du glaubst doch an Bestimmung?«
    »Nein, nur an seltsame Zufälle.« Ich reichte ihm die Hand. »Findest du allein durch das Labyrinth zurück, Eugénie?« Ich nickte. »Sage meinen Brüdern, dass man alles für meine Abreise vorbereiten soll. Vor allem einen Zivilanzug. Ich möchte noch einen Augenblick hier allein sein. Und die Verlobung damals – nicht nur wegen der Mitgift. – Und jetzt geh, Eugénie – geh sehr schnell! Ehe ich bereue!« Ich ging sehr schnell. Die Irrgänge des Labyrinths nahmen auf einmal kein Ende. Die Sonne brannte. Kein Zweig, kein Blatt bewegte sich, kein Vogel sang. Ich bringe den Säbel, dachte ich, alles ist vorüber, ich bringe den Säbel … Das weiße Kleid klebte an mir, es flimmerte vor meinen Augen. Rosen in allen Farben, so viele weiße, sie hat Weiß so geliebt, ich begann zu laufen. Ein Fenster öffnete sich. Julies Stimme: »Das hat aber lange gedauert!« Ja, ein Leben lang, ich lief weiter, an der Freitreppe erwarteten sie mich – die Brüder, von Rosens leuchtende Schärpe, die dunkle Uniform des Kommissars. Wie sonderbar, dass sich keiner von ihnen bewegt. Wie Wachsfiguren stehen sie da und starren mich an … Aber sie starrten nicht mich an, sondern den Säbel, den ich ängstlich von mir abhielt. Da blieb ich stehen und schöpfte tief Atem. Graf von Rosen streckte die Hand aus, um mir den Säbel abzunehmen. Ich schüttelte den Kopf. Die anderen rührten sich nicht. »General Becker!« »Zu Befehl, Hoheit!« »General Bonaparte hat beschlossen, sich den Verbündeten zu ergeben. Der General hat mir in meiner Eigenschaft als Kronprinzessin von Schweden seinen Säbel überreicht. In zwei Stunden wird General Bonaparte nach Rochefort abreisen.« Schritte auf der Treppe. Zwischen die Männer der Familie Bonaparte traten Frauen. »Napoleone –«, flüsterte Madame Letitia und begann leise zu weinen. »Schon in zwei Stunden …« Josephs Finger umkrampften Julies Arm. »Ich werde meinen Bruder nach Rochefortbegleiten, General Becker«, sagte er ruhig. Er hasst ihn, dachte ich wieder, sonst würde er ihn nicht begleiten. General Bertrand raunte ihm etwas zu. »Zwei Regimenter sind bereit, unter dem Befehl Seiner Majestät –«
    »Davor will General Bonaparte Frankreich bewahren. Vor dem Bürgerkrieg nämlich«, schrie ich auf. »Nehmen Sie ihm nicht diese Möglichkeit!« Plötzlich begann ich am ganzen Körper zu zittern, vor meinen Augen flimmerte es wieder. Dicht neben mir schluchzte Julie. »Hat Napoleone überhaupt schon gegessen?«, klagte Madame Letitia. »Wird er weit fortreisen?« Und dann hörte ich nichts mehr, so stark rauschte es in meinen Ohren. Untergehen in diesem Rauschen, dachte ich und sagte: »Der General bittet um einen Zivilanzug und möchte noch eine kleine Weile allein sein.« Irgendwie muss ich in meinen Wagen gestiegen sein. Die Räder rollten. Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich die Landstraße. Und Wiesen, Bäume, Sträucher hatten sich nicht verändert. Wie sonderbar, dachte ich staunend. Ein leichter Wind hatte sich erhoben. Der schmeckte süß wie die Rosen von Malmaison. Graf von Rosen löste den Säbel aus meinen verkrampften Fingern und lehnte ihn in die Wagenecke neben mir. Gleichzeitig geschah es. Ich weiß nicht, wieso ich rechtzeitig den Kopf zurückgerissen habe. Aber ich riss ihn zurück und hörte mich schreien. Der Stein traf mein Knie. Es war ein spitzer Stein.
    Von Rosen schrie Johansson etwas Schwedisches zu, und Johansson schlug auf die Pferde ein. Der nächste Stein traf nur das Hinterrad. Von Rosens Gesicht war leichenblass. »Hoheit, ich schwöre – der Attentäter wird gefunden werden!« – »Wozu? Es spielt doch keine Rolle.« – »Keine Rolle? Wenn man die Kronprinzessin von Schweden mit Steinen bewirft?«
    »Aber der Stein

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