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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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atemlos still und seltsam warm zu sein. An der Kreuzung
blinkte die Ampel kontinuierlich. Geriffelte Sanddünen
kreuzten in seltsam regelmäßigen Abständen die Straße. Im
nebligen Licht des Monds im Westen und dem gelben Pulsieren der Ampel sah Desperation wie ein Außenposten in einem
Science-fiction-Film aus.
»Ich kann Sie nicht aufhalten, wenn Sie gehen wollen«, sagte
David. »Vielleicht könnten es Steve und mein Dad, aber das
würde nichts nützen. Wegen dem Bund des freien Willens.«
»Ganz recht«, sagte Johnny. »Der gute alte freie Wille.« Er
sprang von dem Kleinbus herunter und verzog das Gesicht,
als erneut Schmerzen durch seinen Rücken zuckten. Auch
seine Nase tat wieder weh. Und zwar heftig. Er sah sich um
und hielt nach Kojoten oder Geiern oder Schlangen Ausschau,
konnte aber keine entdecken. Nicht einmal einen Käfer. »Offen gesagt, David, ich traue Gott nicht weiter, als ich ein Klavier werfen könnte.« Er sah lächelnd zu dem Jungen hinein.
»Vertrau du ihm, soviel du willst. Ich schätze, das ist ein Luxus, den du dir noch leisten kannst. Deine Schwester ist tot,
deine Mutter hat sich in Gott-weiß-was verwandelt, aber es ist
ja immerhin noch dein Vater übrig, den es zu verschleißen gilt,
bevor sich Tak um dich persönlich kümmert.«
David zuckte zusammen. Seine Lippen bebten. Er verzog
das Gesicht und fing zu weinen an.
»Sie Miststück!« schrie Cynthia Johnny an. »Sie Fotze!« Sie
lief zur Hecktür und trat nach ihm. Johnny zuckte zurück,
und die Spitze ihres kleinen Fußes verfehlte sein Kinn nur um
zwei oder drei Zentimeter. Er spürte den Luftzug. Cynthia
stand unter der Tür des Busses und ruderte mit den Armen,
um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Wenn Steve sie nicht
an den Schultern gepackt und gehalten hätte, wäre sie wahrscheinlich auf die Straße gefallen.
»Lady, ich habe nie getan, als wäre ich ein Heiliger«, sagte
Johnny, und es hörte sich genauso an, wie er es wollte
- beiläufig und ironisch und amüsiert -, aber in seinem Inneren war er entsetzt. Der Gesichtsausdruck des Jungen … als
wäre er von jemand im Stich gelassen worden, den er als seinen Freund betrachtete. Und in seinem ganzen Leben hatte
ihn noch niemand Miststück genannt. Fotze übrigens auch
nicht.
»Raus!« kreischte Cynthia. Ralph war hinter ihr in die Knie
gegangen, hielt linkisch seinen Sohn und sah Johnny von fassungslosem Unglauben erfüllt an. »Wir brauchen Sie nicht,
wir machen es ohne Sie!«
»Warum wollen Sie es überhaupt machen?« fragte Johnny,
achtete aber darauf, daß er außer Reichweite ihres Fußes
blieb. »Das ist meine Frage. Für Gott? Was hat er je für Sie getan, Cynthia, daß Sie Ihr Leben lang darauf warten sollten, bis
er sich über die Sprechanlage bei Ihnen meldet oder ein Fax
schickt? Hat Gott Sie vor dem Kerl beschützt, der Ihnen das
Ohr abgerissen und die Nase gebrochen hat?«
»Ich bin doch hier, oder nicht?« fragte sie trotzig.
»Tut mir leid, das genügt mir nicht. Ich werde nicht die
Pointe eines Witzes in Gottes kleiner Komödie sein. Nicht,
wenn ich es verhindern kann. Ich kann nicht glauben, daß einer von Ihnen ernsthaft erwägt, da raufzugehen. Allein der
Gedanke ist Wahnsinn.«
»Was ist mit Mary?« fragte Steve. »Wollen Sie sie zurücklassen? Können Sie sie zurücklassen?«
Warum nicht?« sagte Johnny und lachte doch tatsächlich.
Es war nur ein kurzes Bellen … aber nicht ohne Heiterkeit,
und er sah, wie sich Steve angewidert abwandte. Johnny sah
sich nach Tieren um, aber die Luft war immer noch rein. Also
hatte der Junge wahrscheinlich recht
- Tak wollte, daß sie
gingen, hatte ihnen die Tür geöffnet. »Ich kenne sie ebensowenig wie die Erdratten, die er es, wenn Ihnen das lieber ist
- in dieser Stadt getötet hat. Die meisten davon waren wahrscheinlich schon so hirntot, daß sie es nicht mal gemerkt haben. Ich meine, sehen Sie denn nicht, wie sinnlos das alles ist? Falls Sie Erfolg haben sollten, Steve, wie wird Ihre Belohnung aussehen? Mitgliedschaft auf Lebenszeit im Owl’s
Club?«
»Was ist mit Ihnen passiert?« fragte Steve. »Sie sind vor diesen riesigen Puma getreten und haben ihm den Kopf weggepustet. Sie waren wie die verdammte Wolverine. Daher weiß
ich, daß Sie Mumm haben. Oder gehabt haben. Wer hat ihn gestohlen?«
»Sie verstehen nicht. Da war ich rasend vor Wut. Wissen
Sie, was mein Problem ist? Wenn man mir die Möglichkeit
zum Nachdenken bietet, dann tue ich es.« Er wich noch einen
Schritt zurück. Kein Gott hielt ihn auf.

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