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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Sonne verbrannt, die Haut warf fast
Blasen. Auf der Unterlippe hatte er tatsächlich Blasen, sah
Johnny, und an einer Stelle an der rechten Schläfe ebenfalls. Gut. Da laß ich mir kein graues Haar drüber wachsen. Der Cop machte die Fahrertür auf, beugte sich herein und
sah durch das Gitter zwischen Vorder- und Rücksitz. Seine
Nasenlöcher bebten, als er schnupperte. Johnny fand, daß jedes ungefähr so groß wie eine Bowlingbahn aussah.
»Hast du hinten in meinen Streifenwagen gekotzt, Lord
Jim? Falls ja, dann bekommst du als erstes einen großen alten
Löffel, wenn wir in der Stadt sind.«
»Nein«, sagte Johnny. Er konnte spüren, wie ihm frisches
Blut in den Hals lief, und seine Stimme klang wieder belegt.
»Ich hab gewürgt, aber ich hab nicht gekotzt.« Die Worte des
Cops hatten ihn sogar ein wenig erleichtert. Wenn wir in der
Stadt sind bedeutete, daß der Cop nicht die Absicht hatte, ihn
einfach aus dem Streifenwagen zu zerren, ihm eine Kugel
durch das Gehirn zu pusten und ihn neben seiner Mühle zu
begraben.
Es sei denn, er will mich in Sicherheit wiegen, dachte er. Mich beruhigen, damit er es leichter hat, um … nun, zu tun, was immer er
vorhat.
»Hast du Angst?« wollte der Cop wissen, der sich immer
noch hereinbeugte und durch das Gitter sah. »Sag die Wahrheit, Lord Jimmy, ich merke, wenn du lügst. Tak!«
»Natürlich hab ich Angst.« Er hörte sich so an, als hätte er
eine schlimme Erkältung.
»Gut.« Der Cop setzte sich ans Steuer, nahm den Hut ab
und sah ihn an. »Paßt nicht«, sagte er. »Das Miststück von
Folksängerin hat den ruiniert, der paßte. Und >Leaving on a
Fucking Jet Plane< hat sie auch nicht gesungen.«
»Jammerschade«, sagte Johnny, der nicht die leiseste Ahnung hatte, wovon der Cop redete.
»Lippen, die lügen, hält man am besten geschlossen«, sagte
der Cop und warf den Hut, der nicht ihm gehörte, auf den
Beifahrersitz. Er landete auf einem Drahtgewirr, das mit Stacheldraht gespickt zu sein schien. Der Sitz, den das Gewicht
des Cops zu einer ausgeleierten Kurve drückte, preßte gegen
Johnnys linkes Knie und quetschte es zusammen.
»Rücken Sie vor!« schrie Johnny. »Sie zerquetschen mein Bein!
Rücken Sie vor und lassen Sie es mich rausziehen! Herrgott, Sie
bringen mich um!«
Der Cop antwortete nicht, und der Druck auf Johnnys ohnehin schändlich behandeltes linkes Bein nahm zu. Er ergriff
es mit beiden Händen und riß es, röchelnd vor Anstrengung,
wodurch er Blut in den Hals bekam, so daß er diesmal richtig
würgen mußte, von dem durchgedrückten Sitz los.
»Drecksack!« schrie Johnny, und das Wort platzte im roten
Schwall eines Hustenanfalls heraus, bevor er es verhindern
konnte. Doch auch das schien der Cop nicht zu bemerken. Er
saß mit gesenktem Kopf da und trommelte mit den Fingern
sachte auf das Lenkrad. Sein Atem rasselte pfeifend in der
Kehle, und einen Augenblick fragte sich Johnny, ob sich der
Mann über ihn lustig machte. Aber das glaubte er nicht. Ich
hoffe, es ist Asthma, dachte er. Und ich hoffe, du erstickst daran. »Hören Sie«, sagte er und bemühte sich, daß man diese
Gedanken nicht aus seiner Stimme heraushören konnte, »ich
brauche etwas für meine Dase … Nase. Sie bringt mich um. Ein
Aspirin würde schon genügen. Haben Sie ein Aspirin?«
Der Cop sagte nichts. Er trommelte weiter mit gesenktem
Kopf auf das Lenkrad, das war alles.
Johnny öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, dann
machte er ihn wieder zu. Er hatte schlimme Schmerzen, schon
richtig, die schlimmsten, an die er sich erinnern konnte,
schlimmer als der Gallenstein, den er 1989 abgesondert hatte
(und die Leute sagten, das wären die schlimmsten Schmerzen, die ein Mann haben konnte), aber er wollte trotzdem
nicht sterben. Und etwas an der Haltung des Cops, der aussah, als wäre er in Gedanken ganz weit weg und versuchte,
eine wichtige Entscheidung zu treffen, sagte ihm, daß er
möglicherweise mit einem Bein schon im Grab stand.
Deshalb hielt er den Mund und wartete.
Zeit verging. Die Schatten der Berge wurden etwas dunkler
und rückten ein Stück näher, aber die Kojoten waren verstummt. Der Cop saß mit gesenktem Kopf da, trommelte mit
den Fingern seitlich auf das Lenkrad und schien zu meditieren; er sah nicht einmal auf, als ein weiterer Sattelschlepper
Richtung Osten vorbeifuhr, und dann ein Auto Richtung Westen, das weit ausscherte, um dem parkenden Streifenwagen
mit dem eingeschalteten Blaulicht auszuweichen.
Dann hob er etwas hoch, das neben ihm auf dem Sitz gelegen

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