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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Maulwurfsloch, du sadistischer Scheißkerl, dachte
Johnny, der zaghaft durch seine verstopfte und pulsierende
Nase atmete. Fahr gegen was Hartes. Fall um und verbrenne. »Verschwende deine Zeit nicht mit ihm«, murmelte er und
drückte mit dem Daumen den Druckknopf der rechten Brusttasche seiner Motorradjacke auf. Er nahm das MotorolaHandy heraus (das mit den Handys war Bill Harris’ Idee gewesen, möglicherweise die einzige gute Idee, die sein Agent
in den letzten vier Jahren gehabt hatte) und klappte es auf. Er
betrachtete mit angehaltenem Atem das Display, und jetzt betete er um ein S und zwei Balken. Komm schon, Gott, bitte, dachte er, während ihn Schweiß auf den Wangen kitzelte und
immer noch Blut aus seiner geschwollenen, schiefen Nase
tropfte. Es müssen ein S und zwei Balken sein, andernfalls kann ich
dieses Ding ebenso gut als Zäpfchen benützen.
Das Telefon piepste. Auf der linken Seite des Displays
leuchtete ein S auf, was Service bedeutete, und ein Balken.
Nur einer.
»Nein, bitte«, stöhnte er. »Bitte, tu mir das nicht an, nur
noch einer, nur noch einer, bitte!«
Er schüttelte das Telefon frustriert … und sah, daß er vergessen hatte, die Antenne herauszuziehen. Er holte das Versäumnis nach, worauf ein zweiter Balken über dem ersten erschien. Er flackerte, erlosch und leuchtete wieder auf, immer
noch flackernd, aber da.
»Ja!« flüsterte Johnny. »Jaaaaa!« Er hob ruckartig den Kopf
und sah zum Fenster hinaus. Seine schweißumrandeten
Augen blickten durch das Gewirr seiner langen grauen Haare
- in denen jetzt Blut klebte - wie die Augen eines gehetzten
Tiers, das aus seinem Loch schaut. Der Cop hatte die Softail
etwa dreihundert Meter entfernt im Gestrüpp zum Stillstand
gebracht. Er stieg herunter, trat zurück und ließ das Motorrad
einfach umfallen. Der Motor erstarb. Selbst in dieser Situation
verspürte Johnny einen Anflug von Wut. Die Harley hatte ihn
durch das ganze Land gebracht, ohne daß ihr sanft laufender
amerikanischer Motor auch nur einen Takt ausgesetzt hätte,
und es tat weh, mit ansehen zu müssen, daß sie so achtlos und
abfällig behandelt wurde.
»Du übergeschnappter Scheißkerl«, flüsterte er. Er zog
halbgeronnenes Blut durch die Nase hoch, spie einen gallertartigen Klumpen davon auf den mit Papieren übersäten
Boden des Streifenwagens und sah wieder auf das Telefon
hinunter. In der untersten Reihe der Funktionstasten befand
sich als zweiter von rechts der mit der Schrift NAME/
MENÜ. Steve hatte diese Funktion kurz vor ihrem Aufbruch
programmiert. Johnny drückte auf den Knopf, worauf der
Vorname seines Agenten in dem Fenster aufleuchtete: BILL.
Er drückte noch einmal, und da leuchtete TERRY auf. Erneutes Drücken, und es erschien JACK - Jack Appleton, sein Lektor bei FS&G. Herrgott, warum hatte er diese ganzen Leute
vor Steve Ames programmiert? Steve war seine Rettung. Dreihundert Meter entfernt in der Wüste hatte der verrückte Cop den Helm abgenommen und kickte Sand über
Johnnys 86er Harley-Mühle. Auf die Entfernung sah er aus
wie ein Kind, das einen Wutanfall hat. Das war prima. Wenn
er vorhatte, die Maschine ganz zuzuschaufeln, würde Johnny
genügend Zeit für seinen Anruf haben … das heißt, wenn das
Telefon mitspielte. Das ROAM-Licht blinkte, und das war ein
gutes Zeichen, aber der zweite Sendebalken flackerte immer
noch.
»Komm schon, komm schon«, sagte Johnny zu dem Handy
in seinen zitternden, blutbeschmierten Händen. »Bitte, Herzblatt, okay? Bitte.« Er drückte erneut auf den NAME/MENUKnopf, und nun leuchtete STEVE auf. Er legte den Daumen
auf den SENDEN-Knopf und drückte. Dann hielt er das Telefon ans Ohr und beugte sich noch weiter nach rechts und sah
dabei am unteren Rand des Fensters hinaus. Der Cop kickte
immer noch Sand auf den Motorblock der Harley.
Das Telefon läutete in Johnnys Ohr, aber er wußte, er hatte
noch nicht gewonnen. Er hatte Zugang zum Roamer-Netz,
das war alles. Er war immer noch einen Schritt von Steve
Ames entfernt. Einen großen Schritt.
»Komm schon, komm schon, komm schon …« Ein Schweißtropfen lief ihm ins Auge. Er wischte ihn mit einem Knöchel
, weg.
Das Telefon hörte auf zu läuten. Ein Klicken ertönte. »Willkommen im Western Roaming Network!« sagte eine fröhliche
Automatenstimme. »Ihr Anruf wird weitergeleitet! Danke für
Ihre Geduld und einen angenehmen Tag!«
»Laß den Siebziger-Jahre-Scheiß und beeil dich gefälligst
ein bißchen«, flüsterte Johnny.
Schweigen aus dem Telefon. In der Wüste trat

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