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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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seine
Augäpfel in ihren Höhlen pulsierten und merkte, wie Adrenalin in seinen Kreislauf gepumpt wurde, als die Schockreaktion einsetzte.
»Heiliger Strohsack, es gibt nichts Schlimmeres als eine Sommergrippe, was?« fragte der Cop mit seiner finsteren, nachdenklich klingenden Stimme. Er räusperte sich und spie einen
granatapfelgroßen Klumpen auf das Armaturenbrett. Der
Klumpen blieb einen Augenblick kleben, dann quoll er langsam an der Vorderseite des Funkgeräts vorbei, wie eine unsagbar häßliche Schnecke, und hinterließ eine blutige Schleimspur.
An der Unterseite des Funkgeräts blieb er kurz hängen, dann
landete er mit einem saftigen Plop auf der Bodenmatte.
Johnny machte hinter den Händen die Augen zu und
stöhnte.
»Das war Sarx«, sagte der Cop und ließ den Motor an. »Sie
sollten sich das merken. Ich würde sagen, >für Ihr nächstes
Buch<, aber ich glaube nicht, daß es ein nächstes Buch geben wird, Sie etwa, Mr. Marinville?«
Johnny antwortete nicht, sondern ließ die Hände vor dem
Gesicht und die Augen geschlossen. Er überlegte sich, daß
dies alles möglicherweise überhaupt nicht passierte, daß er
sich irgendwo in einer Irrenanstalt befand und die häßlichste
Halluzination der Welt hatte. Aber der bessere, tiefere Teil seines Verstands wußte, daß das nicht stimmte. Der Gestank von
dem, was der Mann ausgeniest hatte
Er stirbt, er ist vom Tod gezeichnet, das sind innere Blutungen
und eine Infektion, er ist krank, seine Geisteskrankheit ist nur ein
Symptom von etwas anderem, einer Strahlenkrankheit oder vielleicht Tollwut, oder … oder …
Der Cop wendete den Caprice um hundertachtzig Grad
nach Osten. Johnny ließ die Hände noch ein Weilchen vor dem
Gesicht und versuchte, seine Selbstbeherrschung wiederzugewinnen, dann ließ er sie sinken und schlug die Augen auf.
Als er zum rechten Fenster hinausschaute, fiel ihm der Unterkiefer herunter.
Kojoten saßen in Abständen von fünfzehn Metern an der
Straße wie eine groteske Ehrenwache
- stumm, mit gelben
Augen und hängenden Zungen. Sie schienen ihn anzugrinsen.
Er drehte sich um und sah zum anderen Fenster hinaus,
und da saßen noch mehr im Staub, in der grellen Nachmittagssonne, und sahen dem Streifenwagen nach. Ist das auch
ein Symptom? fragte er sich. Was du da draußen siehst, ist das auch ein Symptom? Falls ja, wie kommt es, daß ich es sehen kann? Er sah zur Heckscheibe des Streifenwagens hinaus. Die
Kojoten zogen ab, sobald sie an ihnen vorbei waren, trabten
davon in die Wüste.
»Sie werden dazulernen, Lord Jim«, sagte der Cop, und
Johnny drehte sich zu ihm um. Er sah graue Augen, die ihn im
Rückspiegel beobachteten. Eines war von einem Blutfilm
überzogen. »Bevor Ihre Zeit um ist, werden Sie vermutlich
viel mehr verstehen als jetzt.«
Vor ihnen befand sich ein Hinweisschild, ein Pfeil der den
Weg zu irgendeiner Kleinstadt wies. Der Cop betätigte den
Blinker, obwohl niemand da war, der es sehen konnte.
»Ich bringe Sie ins Klassenzimmer«, sagte der große Cop.
»Der Unterricht fängt gleich an.«
Er bog rechts ab, so daß der Streifenwagen kurz auf zwei
Rädern balancierte, bevor er wieder auf alle viere zurückfiel.
Dann fuhr er nach Süden, auf den riesigen Wall der Tagebaumine und die Stadt Desperation zu, die sich unten gegen ihn
schmiegte.

Kapitel 4
1
    Etwa zu dem Zeitpunkt, als der Boß beschloß, rechts ranzufahren, um zu pinkeln, brach Steve Ames eines der Fünf Gebote - das letzte auf der Liste, um genau zu sein.
Die Fünf Gebote waren ihm vor einem Monat verkündet
worden, nicht von Gott, sondern von Bill Harris. Sie hatten in
Jack Appletons Büro gesessen. Appleton war seit zehn Jahren Johnny Marinvilles Lektor. Er war während der Verkündung anwesend, beteiligte sich aber erst ganz zum Schluß an
der Unterhaltung - bis dahin saß er nur zurückgelehnt in seinem Schreibtischsessel und hielt seine vorzüglich manikürten Finger auf das Revers seines Anzugs gespreizt. Der große
Mann war vor fünfzehn Minuten mit hocherhobenem Kopf,
wehendem grauem Haar und den Worten gegangen, daß
er sich in einer Kunstgalerie in SoHo mit jemandem treffen
müsse.
»Alle Gebote fangen mit >Du sollst nicht< an, und ich denke,
Sie werden keine Schwierigkeiten haben, sie sic h einzuprägen«, hatte Harris gesagt. Er war ein pummeliger kleiner Kerl,
von dem wahrscheinlich keine nennenswerte Bedrohung ausging, aber er hatte eine laute, selbstgefällige Stimme, die Steve
praktisch vom ersten Augenblick an gehaßt hatte. Alles, was
er

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