Desperation
stehen, und aus den
Mundwinkeln rannen dünne Blutrinnsale herab. Ein Auge
bildete eine einzige Eiterlache
- abgesehen von einem gelegentlichen grauen Aufblitzen in den glibbernden Tiefen hätte
es sich um eine leere Augenhöhle handeln können. Ein glänzender Blutfilm überzog die gesamte obere Hälfte seines Khakihemds.
»Das ist Billy Rancourt«, verriet er fröhlich. »Er schneidet
mir die Haare. Was ich nach dem gesucht hab.« Er senkte die
Stimme zu einem vertraulichen Flüstern und fügte hinzu: »Er
trinkt ein bißchen viel.« Dann sah er nach vorne, legte den
Gang ein und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Der
brummelnde Motor heulte auf; die Reifen quietschten; Johnny
wurde nach hinten geworfen und schrie vor Überraschung
auf. Der Streifenwagen schoß vorwärts.
Johnny streckte die Arme aus, krallte die Finger in das Gitter und zog sich wieder in eine sitzende Haltung. Er sah den
Mann in Jeans und Cowboyhut - Billy Rancourt -, der einfach
etwa drei Meter von den Fahrrädern entfernt auf der Straße
stand und ihnen entgegensah. Er schien in der Windschutzscheibe anzuschwellen, während der Streifenwagen auf ihn
zuraste, wie bei einem irren Kameratrick.
»Nein!« kreischte Johnny und hämmerte mit der linken
Hand hinter dem Kopf des Cops auf das Gitter. »Nein, nicht!
Nicht! MISTER, PASSEN SIE AUF!«
Im letzten Moment begriff Billy Rancourt und versuchte zu
fliehen. Er wandte sich nach rechts, zu einem baufälligen
Holzhaus, das müde hinter einem weißen Lattenzaun kauerte, aber er war zu langsam und zu spät. Er schrie, dann ertönte ein Knirschen, als der Streifenwagen ihn so fest erwischte, daß der ganze Rahmen erbebte. Blut spritzte auf den
Holzzaun, das Auto holperte zweimal, als die Reifen über den
zu Fall gebrachten Mann hinwegfuhren, dann prallte der
Streifenwagen gegen den Holzzaun und riß ihn um. Der
große Cop trat auf die Bremse und brachte den Wagen im
Sand des schmucklosen Hofs, der zu dem blauen Haus
gehörte, zum Stehen. Johnny wurde wieder nach vorne gegen
das Gitter geschleudert, aber diesmal gelang es ihm, den Arm
zu heben, den Kopf zu senken und seine Nase zu schützen.
»Billy, du Schurke!« rief der Cop fröhlich. »Tak an lah!« Billy Rancourt schrie. Johnny drehte sich auf dem Rücksitz
herum und sah ihn so schnell er konnte zur Nordseite der
Straße kriechen. Das war nicht besonders schnell; er zog ein
gebrochenes Bein hinter sich her, Reifenspuren verliefen über
den Rücken seines Hemds und den Hosenboden seiner Jeans.
Sein Cowboyhut lag, verkehrt herum wie die Fahrräder, auf
der Straße. Billy Rancourt stieß mit einem Knie dagegen, so
daß der Hut umkippte und Blut wie Wasser von der Krempe
lief. Auch aus Billys Schädel- und Gesichtswunden quoll Blut.
Er war schwer verletzt, aber obwohl er mittschiffs getroffen
und überfahren worden war, schien er noch lange nicht tot zu
sein. Was Johnny nicht besonders überraschte. In den meisten
Fällen gehörte eine Menge dazu, einen Menschen zu töten - in
Vietnam hatte er das immer wieder gesehen; Männer, die
noch lebten, obwohl ihnen die halben Köpfe weggeschossen
worden waren; Männer, die noch lebten, obwohl ihnen die
Eingeweide aus den Bäuchen quollen und die Fliegen anlockten; Männer, die noch lebten, obwohl Blut aus ihren Halsschlagadern zwischen den schmutzigen Fingern hervorspritzte, die sie auf die Wunden preßten. Normalerweise war
das Sterben eine harte Sache. Das war das Grauenhafte daran. »YeeHAW!« schrie der Cop schrill und legte den Rückwärtsgang des Streifenwagens ein. Die Reifen rollten quietschend
und rauchend über den Bürgersteig, auf die Straße zurück
und über Billy Rancourts Cowboyhut. Das Heck des Wagens
stieß gegen eines der Fahrräder (es schepperte fürchterlich,
die Heckscheibe bekam einen Riß, dann flog das Fahrrad in
die Höhe und landete wieder vor ihnen). Johnny konnte noch
sehen, daß Billy Rancourt nicht mehr kroch, daß er über die
Schulter zu ihnen sah, daß sein blutiges Gesicht mit der gebrochenen Nase den Ausdruck äußerster Resignation angenommen hatte. Er ist noch nicht mal dreißig, dachte Johnny,
dann verschwand der Mann unter dem rückwärts fahrenden
Auto, das ihn überrollte und am gegenüberliegenden Bordstein im Leerlauf wieder zum Stillstand kam. Der Cop drückte
mit dem Ellbogen auf die Hupe, so daß sie kurz ertönte, als er
sich wieder nach vorne drehte. Vor dem Bug des Streifenwagens lag Billy Rancourt in einer großen Blutlache. Einer seiner
Füße zuckte
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