Dezembersturm
zum Herd, um Wasser für den Grog heiß zu machen.
Fridolin sah ihm zu und war schließlich froh, als das Bimmeln von Glöckchen die Ankunft des Arztes verkündete. Doktor Mützewar mit seinem eigenen Schlitten gekommen und hatte den Fuhrunternehmer Wagner mitgebracht.
»Guten Tag«, grüßte er beim Eintreten und schnupperte gleich in Richtung des Ofens, an dem Kord gerade mehrere Becher mit Grog füllte.
»Das ist genau das Richtige«, setzte er hinzu, als er einen der Becher in der Hand hielt und einen Schluck getrunken hatte.
»Heiß und stark. In der Stadt kriegt man so etwas nicht«, lobte auch Wagner das Getränk. Dann sah er Fridolin mit einem nachsichtigen Lächeln an.
»Unser guter Doktor Mütze hat gemeint, er hätte gerne einen unbeteiligten Zeugen bei sich, wenn er das Jagdhaus übernimmt. Das ist Ihnen doch hoffentlich recht, Herr Fridolin?«
»Warum sollte es mir nicht recht sein? Eigentlich bin ich völlig unbeteiligt. Das Jagdhaus gehörte meinem Onkel, und er konnte es verkaufen oder hinterlassen, wem er wollte.«
»Er hat es verkauft«, rückte der Arzt die Tatsachen zurecht.
»Gott sei Dank! Dann hat Lore wenigstens etwas Geld!« Fridolin atmete auf und fragte dann, wann die beiden Herren aufbrechen wollten.
»Sobald unsere Becher leer sind. Allerdings kann Kord sie vorher noch einmal füllen«, antwortete der Arzt und streckte dem Knecht sein Trinkgefäß hin.
Kurz darauf bestiegen sie den Schlitten. Doktor Mütze reichte Fridolin eine Decke, da dieser nur einen modischen Mantel trug, der vielleicht in der Stadt angebracht war, aber gewiss nicht hier in einem Landstrich, in dem die Kälte selbst Baumstämme zerspringen ließ.
Die Pferde hatten zwar nur kurz im Freien stehen müssen, schienen aber froh zu sein, dass es nun weiterging, und offensichtlich kannten sie den Weg zum Jagdhaus, denn der Kutscher musste sie nicht antreiben. Als der Arzt und seine Begleiter bei dem verwittertenGebäude vorfuhren, erwartete sie eine böse Überraschung. Die Trettiner Schlittengespanne standen vor dem Haus, die Tür war aufgebrochen, und von drinnen drang bellend Ottokars Stimme heraus.
»Schlagt das alte Möbel in Stücke! Wahrscheinlich enthält es ein Geheimfach, irgendwo muss der alte Bock doch sein Geld versteckt haben!«
»Das ist ja die Höhe!« Doktor Mütze sprang empört vom Schlitten und eilte ins Haus. Fridolin folgte ihm auf dem Fuß, während Wagner ein wenig zögerte und Kord anstarrte, der dem Kutscher des Arztes half, die dampfenden Pferde in den kleinen Stall zu bringen, damit sie aus der Kälte kamen.
Als Doktor Mütze das Haus betrat, sah er entsetzt, dass die Kücheneinrichtung nur noch aus Trümmern bestand und Ottokars Knechte sich gerade daranmachten, die Wohnzimmermöbel zu zerschlagen. Ihr Herr stand mit hochrotem Gesicht daneben und stützte sich auf seinen Stock.
Doktor Mütze trat auf den Gutsherrn zu und sah ihn wuterfüllt an. »Was geht denn hier vor?«
Ottokars Wangen zuckten, als er unvermutet den Arzt vor sich stehen sah. »Scher dich zum Teufel, Mann! Hier hast du nichts verloren.«
»Das bezweifle ich! Und ihr hört jetzt sofort auf, verstanden!«
Doktor Mützes letzter Satz galt den Knechten, die eben den Schrank umgeworfen hatten und ihm mit Äxten zu Leibe rücken wollten.
»Weitermachen!«, befahl Ottokar den Männern, griff nach dem Arzt und schob ihn in Richtung Tür. »Raus jetzt, sonst lernst du mich kennen!«
»Sie werden jetzt gehen, Herr von Trettin. Das hier ist nämlich mein Haus. Ich habe es von Ihrem Onkel gekauft!«
Ottokar stierte Doktor Mütze verblüfft an und lachte dann schallend.»Der alte Bock hatte nichts mehr zu verkaufen. Alles, was er besaß, gehört dem Gut und damit mir! Mir! Verstanden? Und jetzt zum letzten Mal: Raus, oder ich vergesse mich!«
Bevor Doktor Mütze ein weiteres Wort sagen konnte, traf ihn ein Stockhieb, und er taumelte mit einem Wehlaut gegen Fridolin. Dieser stellte sich zwischen seinen Vetter und den Arzt und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich wusste schon immer, dass du ein Schurke bist. Aber diesmal bist du zu weit gegangen. Dieses Haus gehört nach Recht und Gesetz Doktor Mütze, und wenn du nicht sofort mit deinen Leuten abziehst …«
Ottokar von Trettin unterbrach ihn höhnisch. »Wenn einer abzieht, bist du es, du verdammter Hungerleider! Schnorren kannst du woanders. Das ist mein Besitz, hörst du? Du hast hier nichts verloren.«
»Deine Ausdrucksweise war auch schon einmal besser,
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