DGB 10 - Engel Der Tiefe
werden
konnte, die von den Hexern entfesselt worden war. Wenn es ihnen gelungen war,
sich von dem Entsetzen und dem Blutvergießen zu ernähren, das von den Rebellen
entfesselt worden war, welche schrecklichen Dinge würden sie dann noch
erreichen können?
Auf ihre eigene Art stellten
die Rebellen eine größere Bedrohung dar als die Hexer, musste Zahariel mit
Schrecken einsehen. Und tragischerweise war die Sache, für die sie sich
engagierten, gar nicht so sehr aus der Luft gegriffen. Das Imperium war
tatsächlich eine ernste Gefahr für Caliban — nur eben nicht in der Weise, die
von vielen angenommen wurde.
Nur der alte Ritter, Sar
Daviel, kannte die Wahrheit.
Die Wälder sind weg, aber die
Monster sind immer noch da.
Mit einem Mal verstand
Zahariel, was er tun musste. Er wandte sich den Wächtern zu und verbeugte sich
respektvoll. »Ich danke euch für eure Antworten«, sagte er getragen. »Ihr habt
mein Wort, dass die Weisheit, die ihr mit mir geteilt habt, sinnvoll eingesetzt
werden wird. Ich werde Caliban vor dem Untergang retten, das schwöre ich.«
Die Wächter musterten ihn eine
Zeit lang, während der geisterhafte Wind des Immateriums über ihnen hinwegzog.
Dann schüttelte die mittlere Gestalt unter ihrer Kapuze den Kopf.
In diesem Punkt irrst du dich,
Zahariel von den Dark Angels, erwiderte
er mit fast traurig klingender Stimme. Caliban ist dem Untergang geweiht,
und du kannst nichts unternehmen, um das noch abzuwenden.
Die Worte des Wächters machten
Zahariel einen Moment lang sprachlos. Als er die Augen wieder aufschlug, verblasste
soeben das Nachbild des Blitzes. Regen prasselte in sein Gesicht, und die
Wächter im Dunkel waren verschwunden.
Ohne Vorankündigung platzte
Zahariel in das Sanktum des Großmeisters und warf die schwere Eichentür mit
solcher Wut auf, dass sie gegen die alte Steinwand schlug. Lord Cypher stand am
Schreibtisch und sah von den ordentlich aufeinandergelegten Datentafeln und den
Kopien der Statusberichte auf.
Das kantige Gesicht des
rätselhaften Astartes verriet keine Gefühlsregung über das plötzliche Auftauchen
des Scriptors.
»Meister Luther hat sich nach
wie vor zurückgezogen und meditiert über die Krise«, erklärte er abweisend.
»Soll ich noch eine Nachricht
an ihn weiterleiten?«
»Ich bin nicht auf der Suche
nach Meister Luther«, gab Zahariel zurück und ging auf den Schreibtisch zu.
»Sie sind derjenige, mit dem
ich reden möchte, Milord.«
»So?« Cypher straffte die
Schultern und schob die Daumen lässig unter den ledernen Waffengurt. »Und wie
kann ich Ihnen behilflich sein, Bruder-Scriptor Zahariel?«
»Ich möchte eine weitere
Unterredung mit den Rebellenführern«, sagte er. »Insbesondere mit Sar Daviel. Und
es muss innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden geschehen.«
Das Anliegen schien Cypher zu
amüsieren. »Und wenn ich schon dabei bin, soll ich dann auch gleich noch den
Mond vom Himmel holen?«, meinte er mit dem Anflug eines Grinsens auf den
Lippen.
»Sie haben schon einmal einen
Kontakt zu ihnen hergestellt«, fuhr Zahariel ungerührt fort.
»Ich bin davon überzeugt, dass
Ihnen die gleichen Kanäle immer noch zur Verfügung stehen, wenn Sie sie nutzen
wollen.«
Die Tradition der Unterredung
reichte auf Caliban Jahrhunderte zurück, als Kriege zwischen den Ritterorden
noch häufig ausbrachen. Aber selbst die erbittertsten Gegner wahrten immer
einen Kommunikationskanal, damit Unterhandlungen in die Wege geleitet oder eine
Kapitulationserklärung übermittelt werden konnten. Es war ein Mittel, mit dem
man unnötige Opfer vermied und einem Konflikt ein rasches Ende setzen konnte,
bevor beide Seiten so dezimiert waren, dass sie ihrer Verpflichtung gegenüber
dem Volk von Caliban nicht mehr nachkommen konnten.
Das Grinsen verschwand von Lord
Cyphers Gesicht, und er presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.
»Nur der Großmeister kann eine Unterredung
veranlassen.«
»Das stimmt nicht. Astelan und
ich sind seine Vertreter, und solange sich der Großmeister jeder Kommunikation
verweigert, besitzen wir die Autorität, den Krieg so zu führen, wie wir es für
angemessen halten. Und deshalb möchte ich sofort eine Unter-redung mit den
Rebellen.«
Nach kurzem Zögern nickte Lord
Cypher dann doch noch.
»Die Rebellen werden diesmal
mit einem Treffen hier auf Aldurukh nicht einverstanden sein«, warnte er
Zahariel.
»Ich will mich auch nicht hier
mit ihnen treffen«, konterte der.
»Richten Sie Sar Daviel
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