Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
Vom Netzwerk:
»Du hast dir eine Wahnsinnszeit ausgesucht. Mitten in einer Supernacht. Das ist doch eine Supernacht, oder?« und nickte und rief Leuten zehn Meter weiter zu. »Mit Sicherheit war heute Supertag, als diese Supersonne in den Superhimmel kam! Hey -?« Er ließ die Hüfte des schmalen Mädchens los. Zwischen den Revers ihres Jumpsuits hingen glitzernde Ketten. »Was has' du da? Laß mich sehen.« Seine schwarzen Finger (rosa Nägel, halbschwertförmig, leicht gelblich) krallten sich um die optische Kette. »Ich sehe überall, daß die Leute sie tragen. Er da . . .« Er nickte Kid zu. »Alle laufen damit herum. Komm schon, gib sie mir. Dann bin ich auch ein Hippie mit Glasperlen.«
    »Ohh!« sagte sie klagend. »George!«
    »Du gibst mir das und kriegst dann mehr, okay?«
    »Nein, Schätzchen«, sie wand sie aus seinen Fingern. »Die kannst du nicht haben.« »Warum nicht?«
    »Weil du sie nicht haben kannst.«
    »Du weißt aber, wo es sie gibt. Du gibst mir einfach diese hier und holst dir eine neue.«
    »Nicht diese hier, Schätzchen.« Sie glitt wieder unter seine Schultern. »Sag mir, was du noch möchtest. Das bekommst du dann, okay?«
    »Aber ich will das!«  
    »Oh, George.« Sie kuschelte sich enger an ihn - und aus seinem Sichtbereich.
    »Okay. Mach nur so weiter. Vielleicht bekomm' ich sie jetzt nicht, dafür kriege ich sie später«, röhrte Harrison.
    Das magere Mädchen lächelte, hob aber ihre Hand an die Stelle, wo Rippen und Brustbein sich unter der Haut wölbten und bedeckte die Kette mit der kleinen, zerbrechlich wirkenden Hand.
    »Was ist das alles hier?« fragte Kid. Die Bücher preßten ein Prisma in den oberen Teil einer Gesäßhälfte. Unbehaglich ruckte er. Das Prisma zerrte die Haut. »Ich meine, was machen die hier alle? Und der Priester-«
    »Mußte der Predigerdame einen Ort zum Predigen geben«, sagte George mit ernsthaftem Nicken. »Hab' eine Menge Freunde hier, weißt du. Du bist willkommen. Jederzeit. Hab' unten eine Wohnung. Die Leute haben auch oben einige Zimmer zurechtgemacht. Das hier ist die große Versammlungshalle. Die Priesterdame hatte sich nach diesem Nachmittag gedacht, sie würden nicht alle in die Kirche passen. Also haben wir gesagt, komm, und wir machen den großen Versammlungsraum auf. Und du bringst einfach ein Schild draußen an, sie sollen rüberkommen.«
    »Ich finde das richtig nett.« Die plumpe Rosane sagte es mit einem Akzent, den Kid während drei Wochen Melonenladens an der Grenze von Georgia als Süd-Alabama-Platt kennengelernt hatte. »Sie predigt immer über George und erzählt von George. Also fand ich es richtig nett von George zu sagen, komm her und mach's hier.«
    »Sieht mir aber nicht nach mehr Leuten als sonst auch aus«, sagte das Mädchen.
    »Wir haben drüben eine Bar« - die blonde Frau drehte ihre Hand in die Richtung -, »wo ihr Typen euch einen trinken geh'n könnt. Dann könnt ihr der Priesterdame zuhören. George möchte einfach, daß sich jeder wie zu Hause fühlt.«
    »Shit«, sagte George. Dann lachte er.
    Glas lachte ebenfalls; die Blonde sah zufrieden aus, fummelte mit zwei Fingern an irgend etwas unter ihrem Korsett und lächelte.
    »Mußte doch der Priesterdame einen Raum für die Predigt geben«, wiederholte George. Er nickte und ließ die Hüfte des mageren Mädchens los.
    »Wer lebt in dieser Stadt?« Reverend Amys Stimme tönte über das Gesumme. »Logiker finden es hier toll!« George wandte sich um und hörte zu. Das magere Mädchen und Glas taten es ihm nach. »Hier können sie den Raum in Unterscheidung, Bezeichnung oder Zeichen aufspalten, ohne daß es über sie hinwegblutet. Was wir brauchen, ist nicht eine kalkulierte Form sondern eine Analyse der Aufmerksamkeit, die dem gleichgültigen und undifferenzierten Vielen Form verleiht. Nein, Che, nein Fanon, ihr seid nicht schwarz genug! Seht« - wieder schwang sie die Faust, der schwarze Ärmel flatterte durch die Luft -, »ich habe hier eine Handvoll Monaden. Hört - sie schwätzen und klatschen wie Logikzellen mit acht Funktionen, die ihren Befehl von irgendeinem zufälligen Netz erhalten . . .«
    Bei der Erwähnung von Che erhob sich (zufällig oder nicht? fragte sich Kid) in einer Ecke der Halle eine Stimmenwelle. Eine weitere, in deren Zentrum Glas zersplitterte, übertönte ihre Stimme. Auf dem braunen, festen Gesicht des Reverend glitzerte eine Reihe von Tröpchen an jeder Schläfe. Ihr Mund bewegte sich, der Kopf beugte sich, hob sich; die Augen schlossen sich, schnappten

Weitere Kostenlose Bücher