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DHAMPIR - Dunkelland

DHAMPIR - Dunkelland

Titel: DHAMPIR - Dunkelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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kaum von den anderen. Er hakte die Brechstange hinter den Riegel und zog, woraufhin sich die Tür aus den Angeln löste und nach vorn fiel. Der Gestank wurde so intensiv, dass Leesil glaubte, ihn zu schmecken.
    Leesil hörte Wynn stöhnen, während sich ihm der Magen umdrehte.
    Magiere stand dicht hinter ihm, als er den Kristall in die offene Tür hielt. Das Licht wirkte hier fast grell und schuf klare Grenzen zwischen Hell und Dunkel: Es zeigte nicht nur, was sich im Innern des siebten Raumes befand, sondern machte auch die Schatten tiefer und schwärzer.
    DiehintereWandschienausmitMörtelzusammengefügtenSteinenzubestehenundwurdegeradesovomLichtberührt,wasbedeutete:DerRaumwarziemlichgroß.VorderWandbemerkteLeesiletwas,daserfürdieResteeinergroßen,auseinandergebrochenenHolzkistehielt.EineStreberagtenochauf,etwabisinHüfthöhe.RechtsdavonstandeineetwaskleinereKiste.
    Leesil betrat den Raum und bemerkte auf der linken Seite einen großen, verkrusteten Bottich. Daneben lag eine schrumpelige Masse, und hier und dort gab es weitere Haufen auf dem Boden, dicht vor der Wand. Als er sich dem Bottich näherte, ließ das Licht des Kristalls Schatten über die Wände huschen, und die dunklen Haufen schienen sich zu bewegen wie Tiere, die aus tiefem Schlummer erwachten.
    Eins schien den Kopf zu drehen, und als Leesil stehen blieb, erstarrten die Schatten um ihn herum.
    Eine Masse auf dem Boden in der linken Ecke gewann Gestalt, und im gleichen Augenblick spürte Leesil Magieres Hand an der Schulter.
    Es handelte sich um eine Leiche in einer sitzenden Position. Verrottete Kleidung verwehrte teilweise den Blick auf die Knochen, doch der Schädel war deutlich zu sehen. Er wurde zum durchhängenden Unterkiefer hin schmaler und deutete auf ein einst dreieckiges Gesicht hin. Die dunklen, leeren Augenhöhlen waren größer als bei menschlichen Schädel n – Leesil kannte sich damit aus, denn als Kind und Jugendlicher war er gezwungen gewesen, die Knochen von Menschen zu untersuchen. An einigen Stellen waren Büschel aus weißblondem Haar übrig geblieben. Dünne Finger, zu lang für einen Menschen, ruhten auf einem schmalen Brustkorb.
    Leesil brauchte nicht noch mehr zu sehen, um die Gestalt zu identifizieren. Dieser Elf war fern seiner Heimat in Dröwinka gestorben, ohne bestattet zu werden.
    Magieres andere Hand berührte Leesil an der Seite. Ihr Griff an der Schulter wurde fester, und sie drehte Leesil so, dass sein Blick wieder auf die hintere Wand fiel.
    Dort lagen weitere Leichen.

5
    Vom vagen Schleier nächtlichen Dunstes umhüllt schien der Bergfried in den wenigen Jahrzehnten, seit Welstiel ihn zum letzten Mal gesehen hatte, um Jahrhunderte gealtert zu sein. Er stand unter den Zweigen einer Buche an der Baumgrenze und beobachtete zwei Männer mit Speeren, die auf dem Hof patrouillierten.
    »Ist sie dort drin?«, fragte der in der Nähe hockende Chane. Mondschein fiel durch eine Lücke zwischen den Wolken und strich über sein bleiches Gesicht.
    Welstiel nickte. Er sah sich im Wald um, die Sinne weit geöffnet, nicht nur für das, was die Augen wahrnahmen, sondern auch für Geräusche und Gerüche. Es machte ihn wachsam, dem Bergfried und damit dem Anfang so nahe zu sein. Magiere befand sich im Innern der Fest e – da war er siche r – , doch ihn beunruhigte vor allem die Frage, wer sonst noch ein Interesse an diesem Ort hatte und welche anderen Besucher aus der Vergangenheit präsent sein mochten.
    »Wir warten«, sagte er. »Bleib dicht bei mir, wenn sie erscheint. Andernfalls bin ich nicht in der Lage, dich vor ihr zu verbergen.«
    Chane richtete einen erwartungsvollen Blick auf ihn und rechnete mit einem Hinweis darauf, wie er das bewerkstelligen wollte. Welstiel schwieg jedoch und beobachtete weiterhin den Bergfried.
    Die beiden nicht besonders aufmerksamen Wächter gingen zusammen am Rand des Hofes entlang. Es waren zwei einfache Burschen, was darauf hindeutete, dass die Feste vielleicht von all jenen vergessen war, die wussten, was sich hier zugetragen hatte. Irgendwo hinter den steinernen Mauern wanderte Magiere umher, ohne etwas von den Geistern ihrer eigenen Vergangenheit zu ahnen. Welstiel wollte, dass sie unwissend blieb.
    Als die Wächter hinter dem Stall außer Sicht gerieten, wirkte der alte Bergfried so unbewegt wie der Grabstein eines vergessenen heiligen Ortes. Diese Illusion von Frieden und Ruhe täuschte über einen lange zurückliegenden Wahnsinn hinweg, und Welstiels Gedanken kehrten in die

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