DHAMPIR - Dunkelland
»Magiere.«
Ihr Name.
Augen wie zwei Bernsteine, die sie besitzen und verstecken wollte, damit sie für immer ihr gehörten.
Das Gesicht mit jenen Auge n … Ein Name war damit verbunden. Sie sah es eingerahmt von ihren Händen; Blut schien von seinen Wangen über ihre Finger zu strömen. Sie schmeckte es, und Verzweiflung ließ sie würgen.
»Nei n … Leesil. Nicht schon wieder.«
Es folgte Entsetzen.
Bis er sich zu ihr beugte und sie küsste. Sie sah ihn erstaunt an und erkannte nicht den geringsten Hinweis auf Abscheu in seinen Zügen. Es war noch immer das Gesicht, das sie von ihrer Gier zurückgerufen hatte.
Während Magiere in ihrem Schlafsack lag, kratzte es an der Tür. Wie aus weiter Ferne hörte sie Leesil, der Chap hereinließ und einige scharfe Worte an ihn richtete. Der Hund sah sich um, kam zu ihr und schnüffelte an ihrem Kopf. Als sich Magiere umdrehte und ihn mit müden, halb geschlossenen Augen ansah, die Gedanken wirr, stieg ein seltsames Erinnerungsbild in ihr auf.
Sie liefen über die Küstenstraße von Belaski nach Süden und näherten sich Miiska zum ersten Mal. Zahlreiche Personen befanden sich auf dem Markt am nördlichen Stadtrand, kauften und verkauften die Dinge des Lebens. Der Geruch von Gebackenem und geräuchertem Fisch lag in der Luft.
Magiere blinzelte und sah erneut in Chaps helle Augen. »Nein, noch nicht. Wir setzen die Reise fort.«
Der Hund wandte sich ab und lief dorthin, wo Wynn schlief.
Es wurde dunkel im Zimme r – das einzige Licht stammte vom Glühen der Feuerreste im Kamin. Leesil schlüpfte zu ihr unter die Decke und legte sich dicht neben sie. Magiere strich ihm mit den Fingern durchs Haar, und ihre Hand verharrte auf seiner Wange.
»Ich möchte mich an dein Gesicht erinnern«, flüsterte sie. »Es bewahrt mich vor der Dunkelheit.«
7
Tante Bieja weckte sie vor Sonnenaufgang, und sie packten rasch ihre Sachen zusammen, um das Dorf zu verlassen, bevor die Bewohner auf den Beinen waren und sie sahen. Magiere schwieg die meiste Zeit über, sagte nur einige wenige Worte, als sie sich von ihrer Tante verabschiedete. Voller Sorge beobachtete sie Bieja, als die ältere Frau und Wynn sich gegenseitig Beutel mit Kräutern schenkten. Leesil stand weiter hinten bei seinem Pony.
Am vergangenen Abend hatte sich Leesil darüber gewundert, dass Tante Bieja kaum reagierte, als er von dem Bergfried und dem Friedhof erzählte, ohne zu erwähnen, warum er Magiere gefolgt war. Bieja hatte die Veränderung ihrer Nichte durchaus bemerkt, traurig geschwiegen und nur gelegentlich genickt, während Leesil von den Ereignissen berichtete.
Als sie auf die Ponys steigen wollten, kam Bieja zu ihm.
»Gib gut auf dich Acht«, sagte sie leise und nickte in Richtung Magiere und Wynn. »Du brauchst Weisheit, um das Gleichgewicht zu wahren zwischen Instinkt und Wissen.«
Leesil freute sich darüber, dass er so schnell die Gunst von Magieres einziger lebenden Verwandten erlangt hatte. Gleichzeitig bildete sich ein Kloß in seinem Hals.
»Du musst nicht hier bleiben, in diesem Dorf«, sagte er. »Du kannst zu uns nach Miiska kommen.«
Biejas Gesicht wurde so dunkel wie der Himmel über Dröwinka. »Dies ist meine Heimat, ob es mir gefällt oder nicht.«
»Bitte denk darüber nach«, sagte Leesil.
Er stellte einen Fuß in den Steigbügel, schwang sich in den Sattel und sah auf die ältere Frau hinab. Trotz der Dickleibigkeit und ihrer dunkleren Haut ähnelte ihr Gesicht dem Magieres.
»Ich lasse es mir durch den Kopf gehen«, versprach sie.
»Und zwar gründlich«, sagte Leesil und reichte ihr ein zusammengefaltetes Stück Papier. »Sonst kehren wir zurück und machen dir noch mehr Scherereien.«
Bieja runzelte verwirrt die Stirn und nahm das Stück Papier entgegen.
Leesil hatte, während die anderen noch schliefen, hinten in Wynns Tagebuch ein Blatt herausgerissen, einen kurzen Brief an Karlin und Caleb in Miiska geschrieben und ihm sechs Silbertaler hinzugefüg t – Reisegeld für Bieja. Er hoffte, dass sie sich dazu durchrang, nach Miiska zu kommen.
»Wenn du beschließt, zu uns zu kommen, so frag in Miiska nach Karlin oder Caleb und zeig ihnen diesen Brief«, sagte Leesil. »Beide sollten mein Gekritzel erkenne n – es teilt ihnen mit, dass du Magieres Tante bist. Sie werden dich im ›Seelöwen‹ unterbringen. Und mit Wohltätigkeit und dergleichen hat dies nichts zu tun. Caleb könnte deine Hilfe brauchen.«
Tante Bieja schaute erneut auf den Brief hinab. Sie steckte
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