Dhampir - Halbblut
die Fähigkeiten von Miiskas Heilern hinaus.«
Leesil schnaufte zornig. Die Kratzer in seinem Gesicht bluteten noch immer ein wenig.
»Sie wird nicht sterben. Denk nach! Jemand muss in der Lage sein, ihr zu helfen.«
»Ich«, ertönte eine ruhige Stimme auf der anderen Seite des Zimmers.
Brenden drehte sich überrascht um und ballte die Fäust e – er befürchtete, dass jemand aus dem brennenden Lagerhaus entkommen und ihnen hierher gefolgt war. Stattdessen sah er in der offenen Tür einen eleganten Mann in mittleren Jahren und mit grauweißen Schläfen. Der erlesene Stoff seines langen Mantels ließ Reichtum und Kultur erkennen.
»Welstiel?«, kam es von Leesils Lippen. Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. »Kannst du helfen?«
»Wenn du tust, was ich dir sage.«
»Ich bin zu allem bereit«, erwiderte Leesil sofort. »Zu allem.«
Irgendwo in der Ferne hörte Brenden Rufe und Glockengeläut. Offenbar war Alarm gegeben worden, und die Stadtbewohner würden jetzt zum brennenden Lagerhaus eilen und versuchen, das Feuer zu löschen. Schuldgefühle regten sich in ihm. Letztendlich pflichtete er Leesils Entscheidung bei, aber die Zerstörung des Lagerhauses würde viele Familien schwer treffen.
Unten am Strand geriet im Licht des Mondes eine Stelle des Ufers in Bewegung, und damit endete die Illusion nächtlichen Friedens.
Ein Loch bildete sich, und Rashed kroch heraus. Noch mehr Erde und Sand lösten sich von den Rändern, als er Teesha ins Freie zog. Rashed hatte diesen geheimen Tunnel vor Jahren angeleg t – er reichte von den Höhlen unter dem Lagerhaus bis zum Fuß der Klippen. Der Zugang war fast ganz von Sand verborgen. Niemand hatte je versucht, von außen in den Tunnel zu gelangen, und so hatte er den Sand von innen fortgestoßen und war dann nach draußen gekrochen.
Der Strand lag etwas weiter unten, und Rashed war verletzt und erschöpft. Er drückte Teesha mit dem gesunden Arm an sich, sprang und landete auf den Füßen.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte er und legte sie in den Sand. »Ich besorge uns Blut.«
Sie nickte und lächelte sogar, doch Rashed wusste: Magieres Falchion hatte Teesha von der Hüfte abwärts gelähmt. Eine schreckliche Vorstellung.
Er ließ sie liegen und kletterte an der Felswand hoch.
»Brauchst du Hilfe, Rattenjunge?«
Nur Geräusche von Kriechen und Graben antworteten ihm. Rashed schaufelte mit den Händen noch mehr Sand beiseite.
RattenjungeerschieninderÖffnungundsahsoverbrannt,zerbissenundjämmerlichaus,dassRashedihmohneÄrgeroderTadelhalf.Eswarihnenbeidennichtgelungen,derJägerinzuentgehenodersiezutöten.DiesmaltrafRattenjungekeineSchuld.
»Klettere auf meinen Rücken«, sagte Rashed. »Ich trage dich nach unten.«
RattenjungeverzichteteaufseineüblichensarkastischenKommentareundgriffmitgeschwärztenHändennachRashedsSchultern,derdaraufhinsoschnellwiemöglichnachunteneilte.AufdemStrandlegteerdenschmächtigenJungennebenTeesha.
Der Anblick von Teesha weckte Gefühle in ihm, die er weder verstehen noch erklären konnte. Nur die Hände und eine Schulter waren stark verbrannt, doch der Schnitt im Bauch wirkte tief, und ihre Lebenskraft tropfte in den Sand. Sie beklagte sich nicht, erhob keine Vorwürfe.
»Bleibt hier und seid leise«, sagte Rashed. »Ich kehre bald zurück.« Er zog das Schwert aus der Scheide und legte es neben Rattenjunge. »Zur Verteidigung.«
DanneilteerüberdenStrandinRichtungderSchiffeimHafen.Erschertesichnichtlängerdarum,dasLebenderSterblichenvonMiiskazuschonenundseineIdentitätzuverbergen.DieRücksichtnahmehatteihmletztendlichnichtseingebracht.AlssichRasheddemHafennäherte,saherzweiSeeleute,dieaufeinemkleinenHolzblocksaßenundauseinerFlaschetranken.Siewirktenbeidejungundgesund.EswarsonstniemandinSicht.
LautloskamRashedvoneinerSeiteheran.SierissendieAugenauf,underbegriff,dasserihnenwieeinMonstrumausderUnterwelterscheinenmusste:dieschmutzigeKleidungblutbesudelt,dasGesichtrußgeschwärzt.MitderrechtenFaustschlugerzu.
Er traf den nächsten Seefahrer am Kinn, mit solcher Wucht, dass der Mann bewusstlos nach hinten fiel und kaum mehr atmete. Der zweite hatte gerade Zeit genug, aufzuschreien und ein wenig zur Seite zu weichen, bevor Rashed ihn am Haar packte und sofort die Zähne in seinen Hals bohrte.
Normalerweise trank Rashed nicht auf diese Weise. Das hatte er noch nie getan.
Während er den Mann mühelos festhielt und so viel Leben wie möglich aus ihm saugte, fühlte er sich von Kraft, Macht und Euphorie erfüllt. In einem
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