Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
gewesen? Rückte bereits die Morgendämmerung näher?
Schatten schnüffelte und nieste, näherte sich dann der offenen Tür.
Wynn nahm den Geruch von Holzkohle und Metall wahr, wodurch ihr noch schwindeliger wurde. Seltsamerweise bemerkte sie keinen Rauch, und das erschien ihr merkwürdig. Sie trat neben Schatten und blickte in die Schmiede.
Drinnen schlug eine junge Zwergin auf ein Hufeisen, das sie in einer eisernen Zange hielt. Funken stoben bei jedem Schlag. Zwar hatte die Zwergin die typische breite Statur ihres Volkes, aber sie wirkte trotzdem zart. Das dichte und schweißfeuchte rote Haar war im Nacken zusammengebunden.
Ihr einfaches Hemd bestand aus grobem, schwerem Stoff, und die Ärmel waren hochgerollt. Sie trug eine Lederhose samt Schürze, von der Arbeit dunkel geworden. Besonders seltsam erschien Wynn ihr vom Schweiß glänzendes und rußiges Gesicht.
Alle Zwerge hatte kleine schwarze Augen, aber ihre schienen etwas größer zu sein als die von Hochturm. Ihre Nase war etwas kleiner, und anstelle des breiten, kantigen Kinns hatte sie ein schmales, rundes. So streng sie auch wirken mochte – ihrem älteren Bruder sah sie nicht sehr ähnlich.
War sie eine Eisenborte oder nur eine Angestellte, die in der Familienschmiede arbeitete?
Wynn ließ ihren Blick durchs Innere der Schmiede wandern, über den steinernen Ofen und die glühenden Kohlen, die so hell leuchteten, dass das Licht in ihren Augen schmerzte. An den Wänden standen Tische aus dickem Holz, beladen mit Werkzeugen und Gegenständen, die bereits fertig waren. Auf dem Tisch direkt neben der Tür lagen mehrere Hufeisen, und auf einem anderen weiter hinten sah Wynn eine Axt, eine Spitzhacke, Schlittenkufen und andere Dinge, die von Bergarbeitern verwendet wurden.
Angesichts der vielen Gegenstände vermutete Wynn, dass diese Schmiede noch andere Angestellte hatte, aber so spät am Abend – beziehungsweise in der Nacht – arbeitete die junge Zwergin allein. Was Wynn in ihrer Vermutung bestärkte, dass sie zur Familie gehörte.
Auf dem Tisch ganz hinten in der Schmiede blitzte etwas.
Zwei Schwerter lagen dort, neben einem schweren Schild. Das eine war kurz und breit, mit einem dicken Heft, offenbar für die Hand eines Zwergs bestimmt. Das zweite war ein einhändiges Langschwert und für einen Menschen geeignet. Beide zeigten den dunklen, ins Graue gehenden Glanz von Zwergenstahl.
Nicht alle Schmiede stellten Waffen her. Es erforderte ein besonderes Geschick, wie Wynn vom Hörensagen wusste. Doch die beiden Schwerter, die dort auf dem Tisch lagen, schlicht und unverziert, wie es die Zwerge mochten, wirkten eindrucksvoller als alle anderen Waffen dieser Art, die Wynn während ihrer Reisen gesehen hatte.
Hier arbeitete jemand, der nicht nur Hufeisen herstellen konnte.
Ein seltsames Geräusch erklang in der Schmiede, ein rhythmisches Schnaufen, ausgehend von einem grauen Etwas, das sich hinter dem offenen Ofen herabsenkte. Zwei tonnengroße eiserne Gegengewichte bewegten sich an Ketten, die von der Decke herabreichten, das eine nach oben, das andere nach unten. Bei jedem Ruck nach unten drehte sich ein Zahnrad, das wiederum einen Eisenarm antrieb, der mit einem großen Blasebalg verbunden war. Aber das Glühen der Kohlen wurde nicht im Rhythmus dieser Bewegungen heller.
Eine breite Esse aus Blech fing den aufsteigenden Rauch ein und schien ihn wie ein großes Maul zu verschlucken, das jedes Mal dann »atmete«, wenn der Blasebalg pumpte.
Die beiden Gegengewichte verharrten, und das blecherne Maul schwieg.
Die Zwergin hielt das Hufeisen in die glühenden Kohlen, woraufhin neue Funken stoben, trat um den Ofen herum und griff nach einer Kette, die vom höheren Gegengewicht herabbaumelte. Deutlich war zu sehen, wie sich die Muskeln in ihren Armen wölbten, als sie das Gewicht herunterzog, wodurch das andere nach oben kam. Als sie die Kette losließ, ging das metallene Rasseln und das Knirschen der Zahnräder weiter, zusammen mit dem Schnaufen von Blasebalg und Esse. Die Zwergin kehrte auf die andere Seite des Ofens zurück und griff nach der Eisenzange.
Trotz ihrer Benommenheit erinnerte sich Wynn an die von Hammer-Hirsch genannten Namen. Hochturms Schwester hieß Skirra, was auf Numanisch so viel wie »Splitter« bedeutete. Als die Schmiedin das Hufeisen aus den Kohlen zog und das rot glühende Metall auf den Amboss setzte, trat Wynn ein und stellte ihren Rucksack neben die Tür.
»Ist dies die Schmiede der Eisenborten?«, fragte sie. »Von
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