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Dhampir

Dhampir

Titel: Dhampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Hendee
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beobachtete sie sorgenvoll. Dann und wann starrte sie durch den Wald, und dabei bemerkte er nicht nur Staunen in ihren Augen, sondern auch neue Furcht.
    Chap blieb dicht bei ihr, als ihr Weg sie tiefer ins weite Waldland führte. Normalerweise hätte Wynn fast die ganze Zeit über geredet und all die Dinge erwähnt, die diesen Wald von denen in den Ländern der Menschen unterschie d – es war vor allem ihre Neugier gewesen, die sie vor langen Monaten in Bela veranlasst hatte, sich Leesil und Magiere bei dieser Reise anzuschließen. Doch diesmal blieb sie still und wachsam, und mehr als einmal zuckte sie beim Anblick ganz normaler Blätter oder Bäume zusammen.
    Chap war nur ein Welpe gewesen, als Eillean ihn von diesem Ort fortgebracht hatte. Große, saftig grüne Blätter und riesige rote und gelbe Hyazinthen hingen am Rand einer kleinen Lichtung von dicken Lianen. Sie machten Rast und füllten ihre Wasserflaschen an einem Bach, der an mehreren Azaleen vorbeifloss. Bienen summten zwischen den Blumen, bis eine Falkenwespe sie verjagte.
    »Hier ist es fast warm«, sagte Wynn. »Wie ist das möglich?«
    Diesmal war Chap froh, dass sie nicht mehr über das Leder mit den Elfensymbolen verfügten. Ihm lag nichts an irgendwelchen Erklärungen. Er wollte einfach nur die Luft atmen, das Leben des Waldes fühlen und die vor ihnen liegenden Gefahren vergessen.
    Es war noch immer Winter, auch hier, aber trotzdem war es viel wärmer als in den Gebrochenen Bergen oder in dem Labyrinth aus Höhlen und Tunneln, das sie durchquert hatten. In dieser Region fühlte sich der Winter für Fremde wie früher Herbst an. Den Grund dafür kannte Chap nicht. Vielleicht lebten die Elfen hier schon so lange, dass Land und Klima auf ihre pflegende, schützende Präsenz reagierten und den Gefallen erwiderten.
    Er sprang über einen weiteren Bach hinweg. Wynn beeilte sich, zu ihm aufzuschließen, und grub ihre Finger schmerzhaft tief ins Fell zwischen seinen Schultern. Er beklagte sich mit einem leisen Jaule n – sie brauchte nicht zu befürchten, dass sie ihn verlor.
    Eine lange Reihe aus Ulmen, Weißbirken und Weiden führte zu einem kleinen offenen Hang. Auf der anderen Seite erhob sich eine alte Zeder, ihr Stamm so breit wie ein Kornwagen lang.
    »Der Baum ist riesig«, sagte Magiere. »So etwas habe ich nie zuvor gesehen, nicht einmal tief in den Wäldern von Dröwinka.«
    Chap hob den Kopf in den Wind und nahm den Geruch von frischem Lehm wahr.
    »Wir sind da«, hauchte Leesil. »Wir sind tatsächlich im Reich der Elfen.«
    Dafür hatten sie alle gelitten. Jetzt wanderte Leesil durch ein weites fremdes Land, ohne einen Hinweis darauf, wo er nach seiner Mutter suchen sollte. Und Chap war kaum besser dran.
    Er löste sich aus Wynns Grif f – sie ließ ihn nur widerstrebend lo s – , lief zu Leesil und leckte ihm die Hand. Leesil war ein halber Elf, aber fühlte er das pulsierende Leben um ihn herum? Wenn er diesen vitalen Strom wahrnahm und sich ihm öffnet e … Vielleicht konnte er sich dann zumindest von einem Teil der Düsternis befreien, die auf ihm lastete.
    Leesil kratzte Chap hinter dem Ohr, sah aber nicht zu ihm hinab. Der Hund nahm eine von Leesils Erinnerungen an Nein’a wahr, wie diese einen zehnjährigen Halbelfen durch den Wald bei Venjètz führte.
    Leesil atmete tief durch. »Ich weiß. Wir müssen tiefer ins Elfenland.«
    Magiere blieb auf seiner anderen Seite stehen, und ihre Schultern berührten sich.
    »Es war fast wie ein Traum, nicht wahr? Als wären wir eigentlich gar nicht in der Lage gewesen, das Reich der Elfen zu finden.«
    Leesil antwortete nicht sofort, aber schließlich ergriff er Magieres Hand.
    »Ja. Ganz gleich, wie sehr wir es auch versuchten.«
    »Aber jetzt sind wir hier«, fügte Magiere hinzu.
    »Hast du gelernt, Gedanken zu lesen?«
    Die Worte enthielten nur ein bisschen von Leesils altem Humor, doch Magiere lächelte und zog ihn nach vorn.
    »Machen wir uns auf die Suche nach deiner Mutter.«
    Er folgte ihr, drehte dann den Kopf von einer Seite zur anderen, als hielte er nach etwas Ausschau. Falten gruben sich ihm in die Stirn.
    Wynn sah immer wieder zu Chap zurück, um sich zu vergewissern, dass er noch da war. Er lief zu ihr und beobachtete, wie ihr Blick immer wieder umherstrich. Doch selbst als sie an prächtigen Amethystblumen mit schwarzen Stängeln vorbeikamen, die aus feuchten Ästen wuchsen, staunte sie nur kurz. Winzige bunte Kolibris flogen in die großen Blüten hinein und wieder

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