Diamanten und heiße Küsse
plötzlich hatte sie die Vorstellung, er würde sich zu ihr herunterbeugen und ihr einen Abschiedskuss auf die Wange geben.
Das war natürlich Unsinn, schalt sie sich insgeheim, und dennoch sehnte sie sich danach.
Hastig entzog sie ihm die Hand und trat einen Schritt zurück. Wie kalt es plötzlich war.
„Wie ist Ihre Telefonnummer?“, fragte er.
„Warum wollen Sie die wissen?“
Er lächelte. „Für den Fall, dass ich Sie anrufen muss.“
„Ach so … ja, natürlich.“ Schnell gab sie ihm die Nummer, die er gleich in sein Handy eingab.
„Steve wird Sie morgen früh um sieben abholen. Wir fliegen zu einem Termin in Lighting Ridge.“ Jake steckte das Telefon wieder ein. Und als er Hollys verblüfften Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: „Ich muss mir einen neuen Gebäudekomplex ansehen, den ich gerade errichten lasse.“
„Das machen Sie selbst? Haben Sie für so etwas nicht Ihre Leute?“
„Manches sehe ich mir lieber selbst an.“ Er lehnte sich gegen den Wagen und hob zum Abschied die Hand. „Gute Nacht, Holly.“
Nachdenklich sah er ihr hinterher, wie sie die Stufen zum Eingang emporstieg. Sie hielt sich kerzengerade, bewegte die Hüften jedoch in aufreizender Art und Weise, was ihr wahrscheinlich nicht einmal bewusst war. Als sie die Tür aufgeschlossen hatte, wandte sie sich noch einmal um und nickte ihm lächelnd zu.
Sowie sie im Treppenhaus verschwunden war, stieg Jake wieder ins Auto. Eins war ihm klar: Er musste dringend mehr über Holly McLeod herausfinden.
3. KAPITEL
„Ihre Mutter hat das Krisenzentrum für Jugendliche ins Leben gerufen?“, fragte Holly, während sie an Bord der kleinen Cessna gingen, die sie nach Sydney zurückbringen sollte.
„Ja.“ Jake reichte der Flugbegleiterin seinen Mantel.
„Es tut mir sehr leid, dass Sie Ihre Mutter verloren haben, Mr. Vance.“
Diese Floskel hatte er in den letzten Wochen tausendmal gehört, aber instinktiv wusste er, dass Holly meinte, was sie sagte.
„Meine Mutter hat sich gern für einen guten Zweck eingesetzt.“
„Ja, das habe ich gehört. Sie müssen sehr stolz auf sie sein.“
Leise erwiderte er etwas, was sie nicht verstand. Dann sagte er: „Vergessen Sie nicht, sich anzuschnallen.“
„Nein.“ Ihr Platz war nicht direkt neben seinem, und sie ging den schmalen Gang hinunter.
Stolz? Jake lehnte den Kopf gegen die lederne schwarze Stütze. Der Gedanke kam ihm eigentlich nicht, wenn er an April Vance Kellerman dachte. Im letzten Monat hatte er sie beerdigt, was jetzt schon eine Ewigkeit zurückzuliegen schien. Obgleich er sich dagegen sträubte, musste er an die letzten Stunden mit der Mutter zurückdenken, an ihre hastige, drängende Beichte, die er anfangs einer Überdosis von Schmerzmitteln zugeschrieben hatte.
Nur aus Angst hatte sie sich ihm geöffnet, weil ihre Lebenslüge kurz davor war, aufgedeckt zu werden. Wenn der Privatdetektiv, den Howard Blackstone noch kurz vor seinem Tod mit der Suche nach seinem Sohn James betraut hatte, ihr nicht schon so gefährlich nah gekommen wäre, hätte sie dem Sohn nie etwas gesagt. Und er hätte heute noch keine Ahnung, wer seine richtigen Eltern waren.
Unwillkürlich ballte Jake die Hände zu Fäusten. Anfangs hatte ihn dieses Geständnis total verwirrt. Dann war er zornig geworden. War nicht sein ganzes bisheriges Leben eine einzige Lüge? War zumindest auf einer Lüge aufgebaut? Vieles, was er sich nie hatte erklären können, ergab plötzlich einen Sinn. Warum sie wie die Nomaden gelebt hatten, sich nie lange an einem Ort aufgehalten hatten. Warum April ihm nie etwas von der Familie erzählte. Und warum er bis zu seinem zehnten Lebensjahr von Albträumen gequält wurde, deren Ursprung er nie hatte herausfinden können.
Tief durchatmend zwang er sich, die Augen zu schließen und sich zu entspannen. Aprils Geständnis und ihr Tod hatten etwas in ihm ausgelöst, das ihn erst beunruhigte, dann aber in zunehmendem Maße akzeptieren konnte. Er hatte angefangen, über sein Leben nachzudenken, über den Sinn dessen, was für ihn bisher so wichtig gewesen war. Dieser Zehnjahresplan, den er für sich aufgestellt hatte, was beinhaltete der eigentlich wirklich? Waren Reichtum und Einfluss wirklich so erstrebenswerte Ziele? Mittlerweile hatte er mehr Geld, als er jemals würde ausgeben können. Alles, was den Blackstones bereits in die Wiege gelegt worden war und wonach seine Mutter sich immer gesehnt hatte, war vorhanden. Jetzt musste er nur noch Blackstone Dia monds
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