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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Nell hatte von den anderen Mädchen Gerüchte über Fiona gehört, die manches von ihren Eltern aufgeschnappt hatten. Als Fiona etwa ein Jahr fort war, machte die Neuigkeit die Runde, daß Fionas Mutter die Scheidung eingereicht hatte - was in ihrem Stamm nur bei Ehebruch oder Mißhandlung vorkam. Nell schrieb Fiona einen langen Brief, in dem sie ihr mitteilte, es täte ihr schrecklich leid, falls ihr Vater sie mißhandelt hätte, und ihr für diesen Fall ihre Hilfe anbot. Ein paar Tage später bekam sie eine knappe Antwort, in der Fiona ihren Vater von jeglicher Anklage freisprach. Nell schrieb ein Entschuldigungsschreiben, hörte aber nichts mehr von Fiona Hackworth. Zwei Jahre später tauchten erstaunliche Meldungen in den Nachrichtensendungen auf, wonach die junge Erbin Elizabeth Finkle-McGraw vom Anwesen ihrer Eltern in der Nähe von London verschwunden und angeblich in London, Los Angeles, Hongkong, Miami und vielen anderen Städten gesehen worden sei, und zwar im Beisein von Leuten, die man im Verdacht hatte, hochrangige Mitglieder von CryptNet zu sein.
     

Hackworth erwacht aus einem Traum;
Rückzug aus der Welt der Trommler;
chronologische Unstimmigkeiten.
    Hackworth erwachte aus einem Traum unaussprechlicher Wonnen und stellte fest, daß es überhaupt kein Traum war; sein Penis steckte in jemand anderem, und er dampfte wie eine außer Kontrolle geratene Lokomotive der Ejakulation entgegen. Er hatte keine Ahnung, was vor sich ging; aber konnte man ihm nicht vergeben, daß er etwas Falsches tat? Mit einem Wackeln hier und einem Stoß da brachte er es schließlich zu Ende und sorgte dafür, daß die geübten Muskeln des fraglichen Körperteils ihren spinalen Algorithmus durchspielten.
    Nur wenige Atemzüge in der Entspannungsphase, und schon hatte er sich gelöst, winselte verhalten ob des elektrischen Funkens beim Herausziehen und stützte sich auf einen Arm, um zu sehen, wem er gerade Gewalt angetan hatte. Das Licht des Feuers reichte aus, ihm zu zeigen, was er bereits wußte: Wer auch immer diese Frau sein mochte, sie war nicht Gwen. Hackworth hatte das bedeutendste Gelöbnis übertreten, das er je gegeben hatte, und wußte nicht einmal, wer die andere Partei war.
    Aber er wußte, es war nicht das erste Mal. Bei weitem nicht. In den vergangenen Jahren hatte er Geschlechtsverkehr mit einer Unzahl von Leuten gehabt - er war sogar
in den Arsch gefickt
worden.
    Da war zum Beispiel diese Frau –
    Vergiß es, da war der Mann, der –
    So seltsam es sich anhören mochte, er konnte sich nicht an bestimmte Fälle erinnern. Aber er wußte, daß er schuldig war. Es war genau so, als würde man aus einem Traum erwachen und hätte noch ein klares Bild von den Gedanken, die einem vor wenigen Sekunden noch durch den Kopf gegangen waren, an die man sich aber nicht erinnern konnte, weil sich das Bewußtsein von der Wahrnehmung losgelöst hatte. Hackworths Erinnerungen waren wie ein dreijähriges Kind, das die Gabe besitzt, in der Menge zu verschwinden, wann immer man ihm den Rücken zudreht, an denselben Ort geflohen wie Worte, die einem auf der Zungenspitze liegen, Vorlagen für Dejä-vu-Erlebnisse, die Träume der vergangenen Nacht.
    Er wußte, er hatte große Probleme mit Gwen, aber Fiona liebte ihn immer noch – Fiona, die inzwischen größer als Gwen und so befangen war, weil ihre Figur immer noch keine Ausbuchtungen hatte, jene sekundären Derivate, die dem Leben Würze verliehen.
    Größer als Gwen? Wie war das möglich?
    Er sollte besser von hier verschwinden, bevor er wieder Sex mit jemandem hatte, den er nicht kannte.
    Er befand sich nicht mehr in der Hauptkammer, sondern mit zwanzig anderen Menschen in einem Tunnelfortsatz, und alle waren so nackt wie er. Er wußte, welcher Tunnel zum Ausgang führte (woher?) und kroch ziemlich steif darauf zu, weil ihn allerlei Zipperlein und Krämpfe plagten. Schien kein besonders athletischer Sex gewesen zu sein – mehr auf die tantrische Art.
    Manchmal hatten sie tagelang Sex.
    Woher wußte er das?
    Die Halluzinationen waren vorbei, was ihm nur recht sein konnte. Er kroch lange Zeit durch die Tunnel. Wenn er versuchte, darüber nachzudenken, wo er sich befand, verirrte er sich und landete unweigerlich wieder da, wo er angefangen hatte. Erst als er seinen Gedanken freien Lauf ließ, schaffte er es mit einer Art Autopilot, eine lange, von silbernem Licht erfüllte Kammer zu finden, deren Schräge aufwärts führte. Sie kam ihm vertraut vor; er hatte sie gesehen, als er noch

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