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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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empfangen.
    »Dein Sohn.« Verachtung lag in seiner Stimme. »Ich würde mich schämen, das zugeben zu müssen. Wo sind sie?«
    Plötzlich hörte ich nicht nur Zorn, sondern auch Verzweiflung in seiner Stimme. So. Svanja war also nicht Zuhause, und weder sie noch Harm waren hier. Wo konnten sie in solch einer verschneiten, dunklen Nacht wohl sein? Was sie gerade taten, brauchte man wohl nicht zu fragen. Ruhig antwortete ich dem Mann: »Ich weiß nicht, wo sie sind; aber ich schäme mich nicht, Harm meinen Sohn zu nennen. Auch glaube ich nicht, dass er deine Tochter zu irgendwas ›verführt‹ hat. Wenn überhaupt, so ist es andersrum.«
    »Wie kannst du es wagen!«, brüllte Hirschhorn und hob die fleischige Faust.
    »Senk die Stimme und die Hand«, riet ich ihm in eisigem Ton. »Ersteres, rettet den Ruf deiner Tochter; Letzteres … dein Leben.«
    Meine Haltung lenkte seinen Blick auf das hässliche Schwert an meiner Hüfte. Sein Zorn verrauchte nicht, doch ich sah Vorsicht in seinen Augen. »Setz dich«, lud ich ihn ein, doch es war ebenso sehr Befehl wie Vorschlag. »Beherrsch dich, und lass uns darüber reden, was uns beide als Väter bedrückt.«
    Langsam zog er sich einen Stuhl heran, ohne auch nur eine Sekunde den Blick von mir zu nehmen. Ich setzte mich genauso langsam. Dann winkte ich dem Wirt. Es gefiel mir nicht, dass die Blicke der anderen Gäste auf uns gerichtet waren, doch ich konnte nichts dagegen tun. Ein paar Augenblicke später huschte ein Junge an unseren Tisch, stellte einen Bierkrug vor Meister Hirschhorn und rannte wieder weg. Svanjas Vater starrte verächtlich auf das Bier hinab. »Glaubst du wirklich, ich würde hier sitzen und mit dir trinken? Ich muss meine Tochter finden, und das so schnell wie möglich.«
    »Dann ist sie also nicht daheim bei deiner Frau«, schloss ich.
    »Nein.« Er presste die Lippen aufeinander. Die nächsten Worte waren bissig; deutlich war sein Stolz zu hören. »Svanja hat gesagt, sie würde in ihre Kammer und ins Bett gehen. Einige Zeit später fiel mir auf, dass sie etwas unerledigt gelassen hatte. Ich rief, sie solle runterkommen und ihre Arbeit tun. Als sie nicht geantwortet hat, bin ich die Leiter in ihre Kammer hochgestiegen. Sie war nicht dort.« Die Worte schienen seinem Zorn viel von der Schärfe zu nehmen, sodass nur väterliche Sorge und Verzweiflung blieben. »Ich bin sofort hierher gekommen.«
    »Ohne Hut und Mantel. Ich verstehe. Könnte sie nicht irgendwo anders sein? Bei ihren Großeltern vielleicht oder einer Freundin?«
    »Wir haben keine Verwandten in Burgstadt. Wir sind erst letzten Frühling hierher gezogen. Und Svanja ist nicht die Art von Mädchen, die sich mit anderen Mädchen anfreundet.« Mit jedem Wort schien seine Wut weiter dahinzuschmelzen und seine Verzweiflung zu wachsen.
    Da vermutete ich, dass Harm nicht der erste Junge war, der ihr Gefallen erregt hatte, und es war wohl auch nicht das erste Mal, dass ihr Vater sie im Dunkeln suchte. Diese Erkenntnis behielt ich jedoch für mich. Ich griff nach meinem Krug und trank ihn leer. »Ich wüsste nur einen Ort, wo man sie suchen könnte. Mein Sohn wohnt da, während ich oben in der Burg arbeite. Komm. Wir werden zusammen dorthin gehen.«
    Hirschhorn ließ sein Bier unberührt und stand mit mir auf. Blicke folgten uns, als wir gemeinsam die Taverne verließen. Draußen in der Dunkelheit schneite es inzwischen heftiger. Hirschhorn zog die Schultern an und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich sprach durch den Wind und stellte die Frage, die ich fürchtete, die ich aber stellen musste: »Bist du völlig dagegen, dass Harm sich um deine Tochter bemüht?«
    Ich konnte sein Gesicht in dem Zwielicht nicht erkennen, doch seine Stimme war voller Wut. »Dagegen? Natürlich bin ich dagegen! Er besitzt noch nicht einmal den Mut, zu mir zu kommen, mir seinen Namen zu nennen und mir seine Absichten zu erklären! Und selbst wenn er das täte, wäre ich noch dagegen. Er sagt Svanja, er sei Lehrling … Nun denn, warum lebt er dann nicht im Haus seines Meisters, wenn das wahr ist? Wenn es denn so sein sollte, was denkt er sich eigentlich, sich um eine Frau zu bemühen, bevor er seinen eigenen Lebensunterhalt verdienen kann? Er hat kein Recht dazu. Er ist vollkommen ungeeignet für Svanja.«
    Nichts was Harm tat, würde ihm den Respekt dieses Mannes bringen.
    Es war nur ein kurzer Marsch zu Jinnas Tür. Ich klopfte und fürchtete mich dabei genauso sehr, sie zu sehen, wie ich Angst davor hatte, dass

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