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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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zu verhelfen. Das Stück verwirrte mich mehr, als dass es mich amüsierte. Ich konnte mich einfach nicht daran gewöhnen, dass Menschen die verschiedenen Rollen spielten. Eine Puppe besitzt kein Eigenleben, sondern handelt nur im Rahmen der Geschichte, wofür sie gemacht worden ist. Es war verstörend, einen Mann einen Diener spielen zu sehen, obwohl er in einem früheren Teil des Stückes einen Akolythen gegeben hatte. Es fiel mir schwer, mich auf die Geschichte zu konzentrieren, und das nicht nur, weil ich mir ständig bewusst war, dass die Schauspieler nur Menschen waren, die vorgaben, jemand anders zu sein. Der Grund war vor allem das Elend des Prinzen, das sich wie ein Miasma in der abgedunkelten Halle ausbreitete und gegen meine Gedanken schwappte. Er verbreitete es nicht absichtlich mit der Gabe; es tropfte aus ihm heraus wie aus einem leckgeschlagenen Eimer. Auf der Bühne gestikulierten die Schauspieler, schrieen und nahmen Posen ein; doch der Prinz saß neben seiner Mutter, allein in seinem Elend und seinem gesellschaftlichen Unbehagen. Im Laufe des vergangenen Monats war er dank der wiedererwachten Fröhlichkeit in den Hallen der Bocksburg mit vielen Menschen in seinem Alter in Kontakt gekommen. Durch Gentil hatte er Kameradschaft und die Kunst des Flirtens kennen gelernt. Nun musste er das alles einschränken um der politischen Allianz willen, die seine Mutter zu schmieden hoffte. Ich fühlte, wie er über die Ungerechtigkeit und Notwendigkeit des Ganzen grübelte. Es reichte nicht aus, dass er mit der Narcheska Elliania die Ehe einging. Er musste es so aussehen lassen, als würde er das aus freien Stücken tun.
    Doch dem war nicht so.
    Später am Abend ließ mir Fürst Leuenfarb ein paar Stunden für mich allein. Ich zog mir wieder was Bequemeres an und machte mich auf den Weg nach Burgstadt und ins Festsitzende Schwein. Angesichts dessen, was ich in der Burg gesehen hatte, hatte ich beschlossen, Harms ungezügeltes Werben ein wenig toleranter zu betrachten. Vielleicht, so dachte ich bei mir, als ich durch den Schneefall in die Stadt runterging, war es so etwas wie ein Ausgleich, dass Harms ungehindert etwas tun konnte, was dem Prinzen vollkommen unmöglich war.
    Im Festsitzenden Schwein war es ruhig. Ich war nun schon oft genug dort gewesen, um die Stammgäste zu kennen. Außer ihnen waren nur wenige andere da. Ohne Zweifel hielt das schlechter werdende Wetter viele davon ab, heute Abend die Häuser zu verlassen. Ich schaute mich um, sah aber keine Spur von Harm. Ich empfand einen Hauch von Erleichterung; vielleicht war er schon daheim und lag brav im Bett. Wohlmöglich hatte das Stadtleben allmählich den Reiz des Neuen verloren, und nun lenkte er sein Leben in vernünftigere Bahnen. Ich setzte mich in die Ecke, wo auch Harm und Svanja für gewöhnlich saßen, und ein Junge brachte mir Bier.
    Ich wurde rasch aus meinen Gedanken gerissen, als ein rotgesichtiger Mann mittleren Alters zur Tür hereinkam. Er trug weder Mantel noch Umhang und auch keine Kopfbedeckung; sein dunkles Haar war voller Schneeflocken. Wütend schüttelte er den Kopf, um Schnee und Wassertropfen aus Haar und Bart zu bekommen; dann blickte er missgelaunt in meine Ecke. Er schien überrascht, mich dort sitzen zu sehen. Dann drehte er sich zum Wirt um und fragte ihn wütend etwas. Der Wirt zuckte mit den Schultern. Als der Neuankömmling die Fäuste ballte und noch einmal nachfragte, deutete der Wirt rasch in meine Richtung und antwortete ihm mit leiser Stimme.
    Der Mann drehte sich um, starrte mich mit zusammengekniffenen Augen an und stapfte dann wütend auf mich zu. Ich stand auf, als er näher kam, und achtete klugerweise darauf, dass der Tisch sich zwischen uns befand. Der Mann stützte beide Fäuste auf das zerkratzte Holz und verlangte dann zu wissen: »Wo sind sie?«
    »Wer?«, fragte ich, doch mich verließ der Mut, denn ich wusste genau, wen er meinte. Svanja sah ihrem Vater ähnlich.
    »Du weißt wer. Der Wirt sagt, du hättest dich früher schon mit ihnen getroffen. Meine Tochter Svanja und dieser dämonenäugige Bauernflegel, der sie verführt und vom heimischen Herd fortgelockt hat. Dein Sohn, hat der Wirt gesagt.« Meister Hirschhorn ließ die Worte wie eine Anklage klingen.
    »Er hat einen Namen. Harm. Und ja, er ist mein Sohn.« Ich war wütend, doch es war eine kalte Wut. Ich verlagerte ein wenig das Gewicht, um mich besser bewegen zu können. Sollte er um den Tisch herumkommen, würde ihn mein Messer

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