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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bresinga geküsst und unseren Gastgebern damit absichtlich einen gesellschaftlichen Schlag versetzt, der Lady Bresinga zwar in eine falsche Richtung geführt hatte, was den Zweck unseres Besuches betraf, sie aber gleichzeitig dazu bewegt hatte, uns hinauszuwerfen. Selbst jetzt noch ging Gentil ihm voller Ekel aus dem Weg, und ich wusste, dass diese Tat der Grund für allerhand aufgeregte Gerüchte und Spekulationen bei Gentils Freunden in Bocksburg war. Bis jetzt hatte ich geglaubt, nichts mit diesen Gerüchten zu tun zu haben. Nun dachte ich noch einmal darüber nach. Da war Prinz Pflichtgetreus Frage gewesen, und plötzlich bekam meine Konfrontation mit den Wachleuten im Dampfbad auch eine ganz andere Note. Würde Jek trotz ihres Versprechens, den Mund zu halten, zu einer weiteren Quelle für solch demütigendes Gerede werden? Ihren Worten zufolge hatte der Narr eine Galionsfigur nach meinem Ebenbild geschnitzt. Ich war verletzt, dass er das ohne meine Zustimmung getan hatte. Was hatte er den Leuten gesagt, während er sie geschnitzt hatte? Was hatte zu Jeks Annahme geführt?
    Was er getan hatte, wollte weder zum Narren noch zu Fürst Leuenfarb passen. Es war die Tat dieses Amber, einer Person, die ich überhaupt nicht kannte.
    Ich kannte ihn überhaupt nicht. Ich hatte es nie getan.
    Mit diesem Gedanken hatte ich mich dann zur Quelle meines Verletztseins vorgearbeitet. Herausfinden zu müssen, dass der einzige echte Freund, den ich je im Leben gehabt hatte, in Wahrheit ein vollkommen Fremder war, war ein Gefühl, als hätte man mir ein Messer ins Herz gerammt. Er war einfach nur ein weiterer Fehltritt im Dunkeln, ein falsches Versprechen von Wärme und Kameradschaft. Ich schüttelte den Kopf. »Idiot«, murmelte ich vor mich hin. »Du bist allein. Daran solltest du dich besser gewöhnen.« Doch ohne nachzudenken, griff ich dorthin, wo einst Trost gewesen war.
    Im nächsten Augenblick vermisste ich Nachtauge so furchtbar, dass es mir förmlich die Brust zerriss. Ich schoss die Augen und ging dann noch zwei Schritte, bevor ich mich auf der Bank vor dem Guckloch zu den Gemächern der Narcheska niederließ. Ich blinzelte und verweigerte den brennenden Tränen eines Jungen, sich an den Wimpern festzusetzen. Allein. Es lief immer wieder darauf hinaus, dass ich allein war. Es war wie eine Seuche, die an mir klebte, seit es meiner Mutter am Mut gefehlt hatte, ihrem Vater zu trotzen und mich zu behalten, und seit mein Vater lieber die Krone und seine Güter aufgegeben hatte, anstatt zu mir zu stehen.
    Ich lehnte die Stirn gegen den kalten Stein und versuchte, mich wieder zu beherrschen. Als sich auch meine Atmung wieder beruhigte, bemerkte ich leise Stimmen jenseits der Wand. Ich seufzte. Dann, auch um vor meinem eigenen Leben zu fliehen und nicht nur aus anderen Gründen, blickte ich durch das Guckloch und lauschte.
    Die Narcheska saß auf einem niedrigen Hocker in der Mitte des Raums. Sie weinte stumm, während sie ihre Ellbogen hielt und vor und zurück schaukelte. Tränen liefen aus ihren geschlossenen Augen über ihr Gesicht und tropften von ihrem Kinn. Eine nasse Decke lag über ihren Schultern. Sie verhielt sich so still in ihrem Schmerz, dass ich mich fragte, ob sie gerade von Peottre oder ihrem Vater bestraft worden war. Aber noch während ich mich das fragte, eilte Peottre in den Raum. Die Narcheska stieß ein leises Wimmern aus, als sie ihn sah. Er hatte die Zähne zusammengebissen, und bei dem Geräusch verspannte sich sein Gesicht und wurde kreideweiß. Er trug seinen Mantel, doch den hatte er zu einem Bündel, einer Art Sack zusammengefasst. Er lief zur Narcheska und stellte das Bündel neben sie auf den Boden. Dann kniete er sich vor sie und packte sie an den Schultern, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Welcher ist es?«, fragte er mit leiser Stimme.
    Die Narcheska schnappte nach Luft, das Sprechen kostete sie sichtlich Mühe. »Die grüne Schlange … glaube ich.« Noch ein Atemzug. »Ich kann es nicht genau sagen. Wenn er brennt, brennt er so heiß, dass die anderen auch zu brennen scheinen.« Dann hob sie die Hand zum Mund und biss sich mit ganzer Kraft in den Daumen.
    »Nein!«, rief Peottre. Er schnappte sich den tropfenden Saum der Decke, faltete ihn zweimal und bot ihn der Narcheska an. Er musste ihre Hand förmlich aus ihrem Mund herausbrechen. Dann schlug sie ihre Zähne mit geschlossenen Augen in die Decke. Ich sah deutlich die Bissspuren auf ihrer Hand, als sie an der Seite

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