Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
hat, die Königin von irgendwas zu werden, die mir nichts weiter geben kann als ihren Namen, dann muss auch sie sich zunächst als würdig erweisen, die Königin der Sechs Provinzen zu werden.«
Nun war es an Peottre zusammenzuzucken und kreidebleich zu werden, denn die Worte hatten kaum den Mund des Prinzen verlassen, da erwiderte Elliania:
»Dann nennt mir Eure Herausforderung!«
»Das werde ich!« Der Prinz atmete tief ein. Die beiden jungen Leute blickten einander in die Augen. Sie hätten genauso gut mitten in der Wüste stehen können, so wenig kümmerte sie der Rest von uns. Ihre Blicke waren jedoch nicht starr, sondern äußerst lebendig, als würden sie in diesem Kampf des Willens einander zum ersten Mal wirklich sehen. »Wie Ihr vielleicht wisst, war mein Vater ›nur‹ König-zurRechten, als er auf seine Queste aufgebrochen ist, um die Sechs Provinzen zu retten. Mit nur wenig mehr als seinem Mut bewaffnet, hat er sich aufgemacht, die Uralten zu finden, die uns zur Hilfe kommen und den Krieg beenden sollten, den Euer Volk uns aufgezwungen hat.« Kurz hielt der Prinz inne, wohl um zu sehen, ob seine Worte ihr Ziel gefunden hatten. Elliania bewahrte eisiges Schweigen. Pflichtgetreu fuhr fort: »Als wir monatelang nichts mehr von ihm gehört hatten, hat meine Mutter, die damals die bedrängte, aber rechtmäßige Königin der Sechs Provinzen war, sich auf den Weg gemacht, ihn zu suchen. Mit nur einer Handvoll Gefährten hat sie meinen Vater gesucht und gefunden und ihm dabei geholfen, die Drachen der Sechs Provinzen zu wecken.« Wieder eine Pause, und wieder weigerte sich Elliania, sie mit Worten zu füllen.
»Es scheint mir nur angemessen, dass Ihr eine ähnliche Rolle in meiner Queste spielen sollt, Euren Drachen zu erschlagen, wie meine Mutter sie gespielt hat, die unseren zu wecken. Kommt mit mir, Narcheska Elliania. Teilt selbst die größte Härte mit mir, und werdet Zeugin der Tat, die Ihr mir auferlegt habt. Sollte es in Wahrheit gar keinen Drachen geben, den man erschlagen könnte, so könnt Ihr auch das bezeugen.« Pflichtgetreu wirbelte plötzlich zu den Anwesenden herum und rief: »Niemand hier soll sagen, dass es der Wille der Sechs Provinzen alleine war, Eisfeuer zu erschlagen! Lasst Eure Narcheska, die diese Tat befohlen hat, sie an meiner Seite miterleben!« Dann drehte er sich wieder zu der Narcheska um, und seine Stimme wurde zu einem zuckersüßen Flüstern. »Falls sie es denn wagt.«
Verächtlich schürzte sie die Lippen. »Ich wage es.« Hätte sie mehr gesagt, es hätte ohnehin niemand ihre Worte gehört, denn plötzlich war die ganze Halle von lautem Lärm erfüllt. Peottre war so bleich und still, als wäre er zu Eis erstarrt, doch alle anderen Outislander, einschließlich Ellianias Vater, hämmerten auf die Tische. Plötzlich stimmten sie einen rhythmischen Gesang in ihrer eigenen Sprache an, ein Lied der Entschlossenheit und der Blutlust, die eher zu den Ruderern auf einem Korsarenschiff passte als zu Friedensverhandlungen in einer fremden Halle. Die Lords und Ladys der Sechs Provinzen schrieen, um sich ebenfalls Gehör zu verschaffen. Die Bemerkungen schienen darauf hinauszulaufen, dass die Narcheska die verächtliche Herausforderung des Prinzen zwar verdient hatte, aber sie hatte auch mutig darauf geantwortet, und so war dieses Outislander-Mädchen vielleicht doch eine würdige Königin.
Mitten in alledem stand meine Königin groß und still und betrachtete ihren Sohn. Ich sah, wie Chades Mund sich bewegte, als er ihr leise einen Rat gab. Sie seufzte nur. Ich glaubte zu wissen, was er ihr gesagt hatte: Es war zu spät, jetzt noch was zu ändern; die Sechs Provinzen mussten dem Prinzen folgen. Neben ihnen versuchte Peottre seine tiefe Verzweiflung zu verbergen, und vor ihnen duellierten sich der Prinz und die Narcheska noch immer mit ihren Blicken.
Dann sprach die Königin wieder. Ihre ersten Worte waren darauf ausgerichtet, den Lärm zum Verstummen zu bringen. »Meine Gäste, Lords und Ladys, bitte, hört mich an!«
Langsam legte sich der Aufruhr, und schließlich erstarb auch das Hämmern von den Tischen der Outislander. Kettricken atmete tief durch, und ich sah Entschlossenheit auf ihrem Gesicht. Sie drehte sich um, aber nicht zu Arkon Blutklinge und seinem Tisch, sondern dorthin, von wo sie wusste, dass sich dort nun die wahre Macht befand. Sie blickte auf die Narcheska, doch ich wusste, dass sich ihre Aufmerksamkeit eigentlich auf Peottre Schwarzwasser richtete. »Wie
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