Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
Soldaten zogen Hirschhorn und mich in die Höhe. Sie verschwendeten keine Zeit darauf, uns voneinander zu lösen, sondern zerrten uns ohne Umschweife auf die Straße und in den Schnee hinaus. Ein Kreis bildete sich um uns, während ich noch immer versuchte, mich an Rorys Hals festzukrallen. Er wiederum packte mich am Haar, zog meinen Kopf zurück und krallte nach meinen Augen. »Tretet sie auseinander!«, bellte ein Sergeant, und meine Entschlossenheit kam mir plötzlich dumm vor. Ich ließ los und wand mich aus Rorys Griff. Dabei spürte ich, wie ein Büschel meiner Haare in seinen Fingern hängen blieb. Irgendjemand packte mich am Arm und riss mich in die Höhe. Wer auch immer das war, geschickt hielt er meine Handgelenke fest und bog mir die Arme auf den Rücken. Ich biss die Zähne zusammen und konzentrierte mich voll darauf, keinen Widerstand zu leisten. Als ich keuchend und unterwürfig dastand, spürte ich, wie der Griff um meine Hände sich ein wenig lockerte.
Rory Hirschhorn dachte nicht so klar. Er wehrte sich, als ein Wachsoldat ihn auf die Beine zog, und das brachte ihm ein paar kräftige Hiebe mit dem Schlagstock ein. Als er sich schließlich nicht mehr rührte, kniete er im Schnee, und Blut lief aus seinem Mund und übers Kinn. Böse funkelte er mich an.
»Die Strafe für Kneipenschlägereien beträgt sechs Silberstücke. Für jeden. Zahlt sofort, und geht friedlich eures Weges, oder ihr wandert in den Kerker und müsst das Doppelte bezahlen, um wieder rauszukommen. Wirt? Ist irgendwas zu Bruch gegangen?«
Ich hörte die Antwort des Mannes nicht, weil Harm mir plötzlich ins Ohr zischte: »Tom Dachsenbless, wie konntest du nur?«
Ich schaute zu meinem Jungen. Beim Anblick meines Gesichts zuckte er unwillkürlich zurück. Das überraschte mich nicht. Selbst in der kalten Winterluft brannten meine Wangen glühend heiß. Ich spürte, wie ich sie ständig blähte. »Er hat angefangen.« Das sollte eine Erklärung sein, aber es klang wie die trotzige Entschuldigung eines Kindes.
Der Soldat, der mich hielt, schüttelte mich. »Du! Pass auf. Der Hauptmann hat gefragt, ob du die sechs Silberstücke hast. Hast du?«
»Ja, habe ich. Lass meine Hand los, damit ich an meine Börse komme.« Mir fiel auf, dass der Wirt keine Schäden gegen uns geltend gemacht hatte. Vielleicht war das der Vorteil, hier Stammgast zu sein.
Der Soldat ließ meine Hände los und warnte mich: »Keine Dummheiten. Klar?«
»Für einen Tag habe ich schon genug Dummheiten gemacht«, murmelte ich und erntete dafür ein missgünstiges Kichern des Soldaten. Meine Hände schwollen langsam an. Es tat weh, die Börse zu öffnen und das Geld für die Stadtwache abzuzählen. Welch fantastische Verwendung für die Großzügigkeit meiner Königin. Meine Wache nahm mir das Geld ab und brachte es dem Sergeanten, der es zählte und wegsteckte. Rory Hirschhorn, der von dem anderen Soldaten gehalten wurde, schüttelte traurig den Kopf. »Ich habe nicht so viel bei mir«, sagte er in gefühlsduseligem Tonfall.
Einer der Soldaten schnaufte. »So viel, wie du in den letzten Tagen gesoffen hast, ist es schon ein Wunder, dass du überhaupt genug für Bier dabei hattest.«
»In die Zelle mit ihm«, befahl der Sergeant eisern.
»Ich habe es«, meldete sich Harm plötzlich. Ich hatte fast vergessen, dass er da war, bis ich sah, wie er dem Sergeanten am Armel zupfte.
»Du hast was?«, fragte der Sergeant überrascht.
»Sein Bußgeld. Ich werde das Bußgeld für Hirschhorn zahlen. Bitte, sperrt ihn nicht ein.«
»Ich will dein Geld nicht! Ich will gar nichts von dir!« Rory Hirschhorn drohte, zwischen den Männern zusammenzusacken, die ihn hielten. Seiner Wut beraubt, erlag er nun dem Schmerz. Dann – es war furchtbar zu sehen – begann er zu weinen. »Er hat meine Tochter ruiniert. Meine Familie. Nehmt sein dreckiges Geld nicht an.«
Harm wurde kreidebleich. Der Sergeant musterte ihn kalt. Harms Stimme drohte zu brechen, als er sagte: »Bitte, sperrt ihn nicht ein. Es ist doch auch so schon schlimm genug, oder?« Die Börse, die er öffnete, zeigte deutlich das Siegel seines Meisters Gindast. Harm holte ein paar Münzen heraus und bot sie der Wache an. »Bitte«, sagte er erneut.
Der Sergeant wandte sich plötzlich von ihm ab. »Bringt Hirschhorn nach Hause. Das Bußgeld ist ausgesetzt.« Dann warf er meinem Jungen einen kalten Blick zu, der zurückwich, als hätte man ihm ins Gesicht geschlagen. Vor lauter Scham lief er puterrot an. Die beiden
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