Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
kamen und gingen und ließen mich in Ruhe. Ich hatte gehofft, die feuchte Hitze würde mir ein wenig von meinen Schmerzen nehmen, doch das tat sie nicht. Auf dem langen Weg zu unseren Gemächern hinauf taten mir alle Knochen weh, und ich wusste, sollte ich mich setzen, würde ich sofort steif werden; ich konnte an nichts anderes mehr denken als an mein Bett. Der Tag war eine einzige Verschwendung gewesen, sagte ich mir selbst. Ich bezweifelte, dass meine Bemühungen mit Dick und Pflichtgetreu Früchte tragen würden.
Als ich mich der Tür zu unseren Gemächern näherte, öffnete sie sich. Die Gärtnerin kam heraus. Garetha trug einen Korb mit getrockneten Blumen. Als ich sie überrascht anschaute, blickte sie mir in die Augen. Plötzlich errötete sie so stark, dass ihre Sommersprossen kaum noch zu sehen waren. Dann wandte sie rasch den Blick ab und eilte den Gang hinunter, aber nicht bevor mir die Kette aufgefallen war, die sie um den Hals trug. Es war ein Amulett an einem Lederband. Die kleine geschnitzte Rose war weiß angemalt, der Stängel schwarz. Ich erkannte das Werk des Narren, wenn ich es sah. Hatte er meinen unüberlegten Rat beherzigt? Aus irgendeinem unerklärlichen Grund bedrückte mich das. Vorsichtig klopfte ich an die Tür und kündigte mich damit an, bevor ich den Raum betrat. Als ich die Tür wieder hinter mir schloss und mich umschaute, fand ich Fürst Leuenfarb auf einem gut gepolsterten Stuhl vor dem Kamin. Kurz wurden seine bernsteinfarbenen Augen groß, als er die blauen Flecken in meinem Gesicht sah, doch sofort fand er die Fassung wieder.
»Ich dachte, du wolltest den ganzen Tag weg, Tom Dachsenbless«, bemerkte er in fröhlichem Tonfall.
»Das wollte ich auch«, erwiderte ich und beschloss, weiter nichts zu sagen; doch dann war ich wie angewurzelt und betrachtete ihn, wie er so beherrscht auf seinem Stuhl saß und mich anschaute … »Ich hatte heute ein Gespräch mit Harm«, fuhr ich dann doch fort. »Ich habe ihm gesagt, jemanden zu lieben und mit jemandem ins Bett zu gehen, seien zwei verschiedene Dinge.«
Fürst Leuenfarb blinzelte langsam. Dann fragte er: »Und, hat er dir geglaubt?«
Ich atmete tief durch. »Ich glaube nicht, dass er mich vollständig verstanden hat, aber mit der Zeit wird er das wohl, nehme ich an.«
»Viele Dinge brauchen Zeit«, bemerkte er. Er richtete seinen Blick wieder aufs Feuer, und meine Hoffnungen, die noch einen Augenblick vorher so groß gewesen waren, wurden wieder bescheidener. Ich nickte stumm zu seinen Worten und ging in meine Kammer.
Dort zog ich mich aus und legte mich auf mein schmales Bett. Ich schloss die Augen.
Der Tag hatte einen höheren Preis von mir gefordert, als ich zunächst realisiert hatte. Ich schlief und das nicht nur den Nachmittag durch, sondern auch die Nacht. Tief und traumlos war mein Schlaf, bis ich mitten in der Nacht aus diesem segensreichen Stadium gerissen wurde und in einen Zustand zwischen Wachen und Schlafen eintrat. Was hatte mich geweckt?, fragte ich mich; dann wurde ich mir dessen bewusst. Außerhalb meiner Gabenmauern weinte Nessel. Weder stürmte sie gegen meine Mauern an, noch flehte sie wütend. Sie stand schlicht vor ihnen und trauerte. Endlos.
Ich legte die Hände auf die Augen, als könne ich sie so zurückhalten. Dann atmete ich tief durch und senkte meine Mauern. Ein einzelner Schritt trug meine Gedanken zu ihren. Tröstend hüllte ich sie ein und sagte: Du machst dir grundlos sorgen, meine Liebe. Sowohl dein Vater als auch dein Bruder befinden sich auf dem Weg zu dir. Sie sind in Sicherheit. Ich verspreche dir, dass das wahr ist. Und jetzt hör auf, dich so zu quälen und schlaf.
Aber … Wie kannst du das wissen?
Weil ich es eben weiß. Und ich bot ihr meine vollkommene Sicherheit an und zeigte ihr das kurze Bild von Burrich und Flink gemeinsam auf einem Pferd.
Einen Augenblick lang verlor Nessel ihre Gestalt, so groß war ihre Erleichterung. Ich begann, mich zurückzuziehen, doch sie klammerte sich plötzlich an mich.
Es war so schrecklich hier. Zuerst ist Flink verschwunden, und wir haben schon geglaubt, ihm sei was Schreckliches passiert. Dann hat der Schmied in der Stadt Papa erzählt, Flink habe ihn nach dem Weg nach Bocksburg gefragt. Papa wurde wütend und ist losgeritten, und Mama hat seit dem nur geweint oder gewettert. Sie sagt, von allen Orten auf der Welt sei Bocksburg der gefährlichste für Flink. Aber sie will nicht sagen warum. Es macht mir Angst, wenn sie so ist. Manchmal schaut
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