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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Wachen, die Hirschhorn hielten, schleppten ihn weg, nur dass jetzt offensichtlich war, dass sie ihm halfen. Der Rest der Patrouille setzte seinen normalen Streifengang fort. Plötzlich standen Harm und ich allein auf der kalten Straße. Ich blinzelte, als meine eigenen Schmerzen sich Gehör verschafften. Das Schlimmste war meine Wange, wo der schwere Krug mich getroffen hatte. Auf dieser Seite konnte ich im Augenblick nicht klar sehen. Kurz empfand ich selbstsüchtige Dankbarkeit, dass Harm hier war, um mir zu helfen, doch als er sich zu mir umdrehte, schien er mich gar nicht wirklich zu sehen.
    »Jetzt ist alles kaputt«, sagte er hilflos. »Ich werde das nie wieder in Ordnung bringen können. Niemals.« Er starrte dem sich zurückziehenden Hirschhorn hinterher. Dann schwang er wieder zu mir herum. »Tom, warum?«, verlangte er mit gebrochenem Herzen zu wissen. »Warum hast du mir das angetan? Ich bin bei Gindast eingezogen, wie du mir gesagt hast. Ich war gerade dabei, alles in geordnete Bahnen zu lenken, und jetzt hast du alles ruiniert.« Wieder starrte er den sich entfernenden Männern hinterher. »Jetzt werde ich mit Svanjas Familie nie Frieden schließen können.«
    »Hirschhorn hat den Kampf angefangen«, erklärte ich dümmlich und verfluchte mich dann selbst für diese armselige Entschuldigung.
    »Hättest du nicht einfach weggehen können?«, fragte Harm selbstgerecht. »Du hast mir immer gesagt, das sei das Beste, was man machen könne, wenn ein Kampf droht: weggehen, solange man noch kann.«
    »Er hat mir keine Gelegenheit dazu gelassen«, erwiderte ich. Meine Wut schwoll schlimmer an als mein Gesicht. Ich ging zum Straßenrand und nahm eine Handvoll frischen Schnees. Den drückte ich mir aufs Gesicht. »Wie kommst du eigentlich darauf, mir die Schuld daran zu geben?«, knurrte ich. »Du bist schließlich derjenige, der das alles losgetreten hat. Du musstest sie ja direkt ins Bett bekommen.«
    Harm schaute mich an, als hätte ich ihn geschlagen, doch noch bevor ich meine Worte bedauern konnte, flammte die Wut in ihm auf. »Du redest, als hätte ich eine Wahl gehabt«, sagte er kalt. »Aber das war ja auch wohl nicht anders zu erwarten, nehme ich an … nicht von einem Mann, der echte Liebe nie gekannt hat. Du glaubst, alle Frauen sind wie Merle. Das sind sie aber nicht. Svanja ist für immer meine wahre Liebe, und eine wahre Liebe darf man nicht warten lassen. Du, ihr Vater und ihre Mutter, ihr wollt uns davon abhalten, unsere Liebe zu vollenden, als sei das Morgen eine sichere Sache. Aber das werden wir nicht zulassen. Die Liebe verlangt von uns, dass wir sie heute leben.«
    Seine Worte fachten meine Wut an. Ich war sicher, dass er sich das nicht ausgedacht, sondern von irgendeinem Bänkelsänger aufgeschnappt hatte. »Wenn du glaubst, ich hätte nie Liebe gekannt, dann weißt du gar nichts über mich«, gab ich zurück. »Und was dich und Svanja betrifft: Sie ist das erste Mädchen, das ›Hallo‹ zu dir gesagt hat, und du stürzt dich mit ihr ins Bett und nennst das Liebe. Liebe bedeutet mehr, als nur das Bett miteinander zu teilen, Junge. Wenn Liebe vor dem Bett kommt und auch danach noch anhält, wenn sie nicht warten kann, auch über Trennungen und Enttäuschungen hinweg, dann ist das keine Liebe. Echte Liebe braucht das Bett nicht. Sie verlangt noch nicht einmal täglichen Kontakt. Ich weiß das, weil ich Liebe kennen gelernt habe, viele Arten von Liebe, darunter auch die Liebe für dich.«
    »Tom!«, bellte Harm tadelnd. Er blickte über die Schulter zu einem vorbeigehenden Paar.
    »Hast du Angst, dass sie meine Worte missverstehen?«, schnaufte ich. Als er die Wut in meiner Stimme hörte, packte der Mann die Frau am Arm und eilte rasch weiter. Ich muss wie ein Wahnsinniger ausgesehen haben. Das war mir aber egal. »Ich fürchte, du hast es die ganze Zeit missverstanden. Du bist nach Burgstadt gekommen und hast alles vergessen, was ich dir je beigebracht habe. Ich weiß noch nicht einmal mehr, wie ich mit dir reden soll.« Ich holte mir noch eine Handvoll Schnee. Als ich mich wieder zu Harm umdrehte, starrte der Junge in eine unbestimmte Ferne. In diesem Augenblick gab mein Herz ihn auf. Er hatte sich von mir gelöst und ging nun seinen eigenen Weg, und ich konnte nichts dagegen tun. Diese Streiterei mit ihm war genauso nutzlos wie all die Worte, die Burrich und Philia auf mich verschwendet hatten. Er würde seinen eigenen Weg gehen, seine eigenen Fehler machen, und vielleicht – wenn er in

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