Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

angepasst sind. Ein Beispiel für diese Konzession an die Selbstverwaltung ist, dass die größeren Städte häufig ihre eigene Stadtwache unterhalten, um die Ordnung auf den Straßen zu wahren. Sie finanzieren diese Miliz über Steuern und Bußgelder für Gesetzesbrecher.
    FEDWREN: ›DIE REGIERUNG DER SECHS
    PROVINZEN‹
     
    Tom. Tom. Tom.
    Zuerst machte mir das nichts aus, ich kümmerte mich nicht darum. Mein Geist schwebte tief unter der Meeresoberfläche, versunken im gleichgültigen Dunkel. Mich konnte nichts erreichen. Alles war dunkel, und solange ich mich nicht bewegte, konnte der Schmerz mich nicht finden.
    Dann kroch dieses Wort langsam in mein Bewusstsein. Es war wie ein Hammer, der auf meinen Schädel einschlug.
    Nicht Tom, sagte ich verärgert. Geh weg.
    Nicht Tom? Das lebhafte Interesse von Pflichtgetreus Gedanken stieß mich an den Rand des Wachseins. Instinktiv errichtete ich meine Mauern gegen die Neugier des Jungen. Einen Augenblick später nahm mir ein extrem unangenehmes Gefühl allen Willen und alle Kraft, um die Gabe zu benutzen. Ich lag auf dem Bauch auf etwas, das eine Strohmatratze zu sein schien. Allerdings befand sich nicht gerade viel Stroh darin. Die Kälte des Steinbodens drang durch sie hindurch. Ich war steif, und mir war kalt. Mein Kreuz brannte, und als ich mich zu bewegen versuchte, schoss der Schmerz durch meinen ganzen Körper. Ich stöhnte leise und hörte schlurfende Schritte.
    »Bist du wach?«
    Ich bewegte eine Hand und öffnete die Augen einen Spalt. Selbst das trübe, gedämpfte Licht war schon zu grell für mich. Ich spähte zu dem Mann über mir hinauf. Er war klein, trug heruntergekommene Kleider, und sein Haar hing wild um sein Gesicht herum. Seine Nase und seine Wange waren knallrot, ein gewohnheitsmäßiger Trinker.
    »Der Heiler hat dich zusammengeflickt. Er hat mich gebeten, dir zu sagen, dass du dich nicht mehr bewegen sollst, als unbedingt nötig.« Ich grunzte zustimmend, und der Mann grinste und sagte: »Das hätte ich dir wohl nicht extra sagen müssen, hm?«
    Ich grunzte wieder. Nun da ich vollkommen wach war, machte sich das ganze Ausmaß meines Schmerzes bemerkbar. Ich fragte mich, wie meine Situation war, doch mein Mund war zu trocken, als dass ich etwas hätte sagen können. Der gesprächige Kerl schien mir recht freundlich zu sein. War er vielleicht der Gehilfe des Heilers? Ich bewegte den Mund, schnappte nach Luft und krächzte dann mühselig: »Wasser.«
    »Ich werde mal sehen, was ich tun kann«, sagte der Mann und ging zur Tür. Ich folgte ihm mit den Blicken. Jetzt bemerkte ich auch, dass das kleine Fenster in der Tür vergittert war. Der Mann rief dadurch hindurch: »Hey! Der verletzte Kerl ist wach! Er will Wasser!«
    Falls jemand antwortete, so hörte ich ihn zumindest nicht. Der Mann kam vom Fenster weg und setzte sich auf den Stuhl neben meinen Strohsack. Nach und nach wurde ich mir meiner Umgebung bewusst. Ein Topf in der Ecke. Ein paar Strohbüschel auf dem Boden. Aha. Mein Freund war also mein Mitgefangener. Bevor ich diesem Gedanken weiter folgen konnte, sprach er erneut. »Nun. Du hast also drei Männer und ein Pferd getötet? Ziemlich guter Kampf, möchte ich wetten. Ich wünschte, ich hätte ihn gesehen. Ich bin auch in einen Kampf geraten, nur dass ich niemanden umgebracht habe. Bin mit 'nem ziemlich großen Kerl aneinander geraten, vernarbt wie der Pockenmann. War nicht meine Schuld. Ich hab geredet, vielleicht ein wenig laut, aber weißt du, was er zu mir gesagt hat? Er hat gesagt: ›Halt's Maul. Das ist immer der beste Rat für Kerle wie dich. Kerle wie du reden und glauben, alles zu erklären, dabei veranstalten sie nur Chaos. Du solltest das Reden deinen Freunden überlassen.‹ Dann hat er mich geschlagen, und ich habe zurückgeschlagen. Irgendwann sind dann die Wachen gekommen, haben mich verhaftet, und jetzt bin ich hier – genau wie du.«
    Ich brachte ein Nicken zustande. Ich hatte verstanden. Der Mann war einer von Chades kleinen Vögelchen. Chade wollte, dass ich den Mund hielt und wartete. Ich fragte mich, wie schwer verletzt ich wirklich war, und ich fragte mich auch, ob Gentil Bresinga es zurück zur Burg geschafft hatte. Dann kam mir der Gedanke, dass ich mich das eigentlich gar nicht fragen musste. Ich schloss die Augen, sammelte den armseligen Rest meiner Kraft und griff schwach hinaus. Pflichtgetreu?
    Tom! Bist du in Ordnung? Seine Gabe waberte durch meinen Geist wie Tinte, die auf Papier verläuft. Der Gedanke