Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
verblasste, noch während ich versuchte, ihn festzuhalten.
Ich versuchte, tief durchzuatmen und mich zu konzentrieren. Der Schmerz drang tief in mich ein. Ich atmete flacher und griff zögernd hinaus.
Nein. Lutwin hat mich in den Rücken gestochen, und ich sitze im Gefängnis. Ich habe ihn und jemanden mit Namen Padget getötet. Sag Chade, dass ich Henja unter den Gaffern gesehen habe. Sie ist noch immer in Burgstadt. Das ist wichtig!
Ja, das weiß er. Ich habe es ihm schon gesagt. Das war das Letzte, was du mittels der Gabe rausgeschickt hast. Warum ist das so wichtig?
Ich schob die Frage beiseite. Ich kannte die Antwort ohnehin nicht, und ich musste über Dringenderes nachdenken. Was ist los? Warum bin ich noch immer hier? Ist Gentil wieder zu dir zurückgekommen?
Ja. Ja, das ist er. Hör jetzt zu, und unterbrich mich nicht. Die Aufregung und die Angst des Jungen waren unverkennbar. Vor allem fürchtete er, dass ich direkt wieder das Bewusstsein verlieren könnte.
Chade sagt, du sollst schweigen. Er arbeitet gerade an einer Geschichte für dich. Sowohl in der Stadt als auch in der Burg redet man von nichts anderem mehr als von dem, was da unten geschehen ist. Seit Jahren hat es schon keinen Dreifachmord mehr in Burgstadt gegeben, wenn überhaupt, und genau das ist es, worüber sich die Leute das Maul zerreißen. Es haben dich so viele Leute das Pferd töten gesehen, dass niemand dir glauben wird, dass du nicht auch Lutwin und seine Männer getötet hast. Nun, Chade arbeitet an einer Erklärung, warum das kein Mord gewesen sein könnte. Auf jeden Fall kann er nicht einfach kommen und dich rausholen. Du verstehst doch warum, oder?
Ich verstehe warum. Chade durfte nicht mit einem Leibwächter in Verbindung gebracht werden, dem drei Morde vorgeworfen wurden, und die Königin nicht mit einem Mann, der die Gesandten des Alten Blutes getötet hatte. Erst recht durfte keine Verbindung des Prinzen mit dem Assassinen, der seinen Befehl ausgeführt hatte bekannt werden. Das verstand ich. Das hatte ich schon immer verstanden. Mach dir keine Sorgen um mich. Der Gedanke war kalt.
Ich wusste, dass Pflichtgetreu versuchte, seine Furcht zu beherrschen, doch sie verunreinigte seine Anwendung der Gabe. Seine Sorgen flüsterten an seinem Schild vorbei: Was wenn Chade nichts einfällt? Was wenn ich an einer Blutvergiftung sterben sollte? Süße Eda, er hatte sie alle umgebracht, Mensch und Tier. Wer war er wirklich, dass er solch eine Tat vollbringen konnte? Um Pflichtgetreus Ängste auszusperren, schloss ich meine Gabenmauern gegen ihn. Ich war ohnehin zu müde, um durch die Gabe zu sprechen, und er hatte mir alles gesagt, was ich im Augenblick wissen musste. Ich fühlte, wie ich mich nicht nur von Pflichtgetreu trennte, sondern von allen. Ich schloss mich in meine eigene Haut ein. Ich war Tom Dachsenbless, ein Diener in Bocksburg, und ich saß im Gefängnis, schuldig des Mordes an drei Menschen und einem guten Pferd. Das war alles, was ich war.
Die Wache kam ans Fenster, warnte meinen Mitgefangenen, er solle sich von der Tür fernhalten, und kam dann mit einem Eimer und einer Schöpfkelle herein. Beides stellte er auf meinen Strohsack. Ich blickte auf seine Stiefel. »Er sieht nicht so aus, als wäre er wach«, sagte der Soldat.
»Nun, vor einer Minute war er es. Er hat allerdings nicht viel gesagt, nur ›Wasser‹.«
»Ruf mich, wenn er wieder aufwacht. Der Sergeant will mit ihm sprechen.«
»Mache ich. Aber ist meine Frau noch nicht gekommen, um das Bußgeld für mich zu bezahlen? Du hast doch einen Jungen zu ihr geschickt, um sie zu holen, oder?«
»Das habe ich dir doch gesagt. Gestern schon. Sobald sie mit dem Geld hier ist, bist du draußen.«
»Besteht die Möglichkeit, hier was zu essen zu bekommen?«
»Du bist schon gefüttert worden. Das ist kein Gasthof hier.«
Der Wachsoldat ging raus und schlug die Tür hinter sich zu. Ich hörte, wie mehrere Riegel vorgeschoben wurden. Mein Freund ging an die Tür und beobachtete, wie die Wache den Gang hinunter verschwand. Dann kehrte er wieder an meine Seite zurück. »Glaubst du, dass du trinken kannst?«
Ich antwortete nicht, sondern nickte nur. Der Mann hielt mir die Schöpfkelle an den Mund, und vorsichtig saugte ich daran. Geduldig hockte Chades Mann neben mir und hielt die Schöpfkelle für mich. Ich musste es langsam angehen lassen. Mir war nie bewusst gewesen, dass auch die Rückenmuskeln etwas mit Trinken zu tun hatten. Nach einiger Zeit ließ ich meinen
Weitere Kostenlose Bücher