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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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erzählen, ohne meine eigene Identität zu enthüllen? Ich hatte mir geschworen, dass er nie von meiner wahren Abstammung erfahren würde. Jetzt war nicht die Zeit, ihm zu enthüllen, dass ich in Wahrheit FitzChivalric Weitseher war, der Gabenbastard, sein leiblicher Vater. Ihm zu erklären, dass Veritas Geist kraft der Gabenmagie meinen Leib in jenen Stunden beherrscht hatte, war viel zu kompliziert für den Jungen. Ich konnte es ja selbst kaum akzeptieren.
    So wie Chade es früher mit mir gemacht hatte, lenkte ich ihn in eine bestimmte Richtung. »Was willst du über ihn wissen?«
    »Irgendetwas. Alles.« Er räusperte sich. »Niemand hat mir je viel von ihm berichtet. Chade erzählt manchmal Geschichten darüber, wie er als Kind gewesen ist. Ich habe über seine Regierungszeit gelesen, doch die Schilderungen werden jedes Mal vage, sobald der Punkt erreicht ist, an dem er mit seiner Queste beginnt. Ich habe Barden über ihn singen hören, aber in diesen Liedern ist er eine Legende, und die Leute scheinen sich nicht einig darüber zu sein, wie genau er die Sechs Provinzen gerettet hat. Wenn ich danach frage, oder danach, wie es gewesen ist, ihn zu kennen, schweigen die Leute. Es ist, als wüssten sie es nicht, oder als stünde ein schändliches Geheimnis dahinter, dass jeder kennt außer mir.«
    »Es gibt kein schändliches Geheimnis in Bezug auf deinen Vater. Er war ein guter und ehrenhafter Mann. Ich kann nicht glauben, dass du so wenig über ihn weißt. Hat dir noch nicht einmal deine Mutter von ihm erzählt?«, fragte ich ungläubig.
    Er atmete tief ein und zügelte sein Pferd zum Schritt. Meine Schwarze kaute auf ihrem Geschirr, blieb aber neben dem Wallach. »Meine Mutter spricht von ihrem König. Manchmal auch von ihrem Gemahl. Wenn sie über ihn spricht, weiß ich, dass sie noch immer um ihn trauert. Deshalb will ich sie nicht mit Fragen bedrängen; aber ich will auch mehr über meinen Vater wissen. Wer er als Mensch war, als Mann unter Männern.«
    »Aha.« Wieder fiel mir auf, wie viel wir gemeinsam hatten. Ich hatte nach den gleichen Wahrheiten über meinen Vater gehungert. Alles, was ich je von ihm gehört hatte, war, wie man ihn nannte: Chivalric der Abdanker, der König-zur-Rechten, der schon gefallen war, bevor er den Thron wirklich hatte besteigen können. Er war ein brillanter Taktiker und geschickter Verhandlungsführer gewesen. Er hatte alles aufgegeben, um den Skandal meiner Existenz zu verbergen. Nicht nur, dass der edle Prinz einen Bastard gezeugt hatte, er hatte ihn mit einer Frau aus dem Bergvolk bekommen. Das machte seine kinderlose Ehe nur umso tragischer in einem Königreich ohne Erben. Das war alles, was ich über meinen Vater wusste. Ich wusste weder, was er gerne gegessen hatte, noch ob er leicht zum Lachen zu bringen gewesen war. Ich kannte keines der Dinge, die ein Sohn weiß, wenn er an der Seite seines Vaters erwachsen wird.
    »Tom?« Pflichtgetreu stupste mich an.
    »Ich war in Gedanken versunken«, erklärte ich ehrlich. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie es gewesen wäre, meinen eigenen Vater zu kennen, doch während ich darüber nachdachte, ließ ich meinen Blick über die Hügel schweifen. Wir folgten einem Wildpfad über eine buschbewachsene Wiese. Ich musterte die Bäume, welche den Anfang der Gebirgsausläufer markierten, entdeckte aber keine Spur von Menschen dort. »Veritas. Nun. Er war ein großgewachsener Mann, fast so groß wie ich, mit der Brust eines Bullen und breiten Schultern. In vollem Harnisch sah er nicht nur wie ein Prinz, sondern auch wie ein Soldat aus, und ich glaube, manchmal hätte er auch ein aktiveres Leben vorgezogen. Nicht weil er den Krieg geliebt hätte, sondern weil er ein Mann war, der es vorzog, im Freien zu sein und dort zu arbeiten. Er liebte die Jagd. Er besaß einen Wolfshund mit Namen Leon, der ihm von einem Zimmer ins andere folgte, und …«
    »Dann verfügte er also auch über die Alte Macht?«, unterbrach mich der Prinz erregt.
    »Nein!« Die Frage entsetzte mich. »Er hat diesen Hund einfach nur gemocht. Und …«
    »Warum habe ich dann die Alte Macht? Es heißt, sie sei erblich.«
    Halbherzig zuckte ich mit den Schultern. Ich hatte den Eindruck, als springe der Junge von einem Thema zum anderen, wie ein Floh von Hund zu Hund. Ich versuchte, seinem Gedankengang zu folgen. »Ich nehme an, die alte Macht ist wie die Magie der Weitseher. Sie sollte auf sie beschränkt sein, aber manchmal wird in einer Fischerhütte ein Kind mit diesem

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