Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
die meine Gefahr nicht beiseite schob, sondern nur die Möglichkeit, die Gescheckten zu verstehen. »Du stellst ein besonderes Ziel für sie dar. Du hast Lutwin den halben Arm abgeschlagen. Du bist vom Alten Blut, dienst den Weitsehern und trittst den Gescheckten entgegen.« Sie schüttelte den Kopf. »Lass dich nicht davon täuschen, dass sie dich am Leben gelassen haben, obwohl sie dich leicht hätten töten können. Das bedeutet nur, dass sie dich lebend brauchen. Sie haben noch eine Verwendung für dich. Mein Vetter hat etwas in diese Richtung angedeutet, als er mich gewarnt hat, denn er hat gesagt, dass ich mich vielleicht in schlimmere Gesellschaft begeben hätte, als ich mir vorstellen könnte. Den Gerüchten der Gescheckten zufolge sind Fürst Leuenfarb und Tom Dachsenbless nicht das, was sie zu sein vorgeben … Das überrascht mich nicht wirklich, aber Deerkin hält das wohl für bedeutungsvoll.«
Sie hielt kurz inne, als wolle sie mir Zeit geben, etwas darauf zu erwidern. Ich schwieg, dachte mir aber meinen Teil. Hatte irgendjemand eine Verbindung zwischen Tom Dachsenbless und dem zwiehaften Bastard aus den Legenden und Liedern hergestellt? Falls ja, welche Verwendung hatten sie für mich? Wenn sie mich als Geisel gegen die Weitseher einsetzen wollten, hätten sie das vor zwei Nächten tun können. Aber ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Laurel weiter sprach.
»Die Überfälle und Angriffe gegen ihre Leute bringen die vom Alten Blut gegen die Gescheckten auf, selbst jene, die einst selbst zu ihnen gezählt haben. Offenbar werden bei einigen Überfällen eher alte Rechnungen beglichen, als irgendwelche hochfliegenden Ziele der Gescheckten verfolgt. Niemand hält sie zurück. Lutwin ist immer noch zu schwach, um wirklich die Führung zu übernehmen. Seit dem Verlust seines Arms liegt er im Fieber. Jene, die ihm am nächsten stehen, hassen dich deswegen umso mehr. Sie werden sofort Rache an dir üben, sobald sie die Möglichkeit haben. Dazu brauchen wir keine großen Beweise. Du bist erst ein paar Tage hier, und sie haben dich schon gefunden, das besagt wohl alles.«
Schweigend standen wir in dem staubigen Raum eine Weile zusammen; beide folgten wir unseren eigenen düsteren Gedanken, zu düster, um sie zu teilen. Schließlich sprach Laurel widerwillig weiter.
»Du musst verstehen, dass Deerkin immer noch Kontakte zu den Gescheckten hat. Sie versuchen, ihn zurück zu locken. Er muss so tun, als stünde er auf ihrer Seite, um unsere Familie zu beschützen. Das ist eine gefährliche Gratwanderung. Er hört Dinge, die er nur unter großer Gefahr für sich weitergeben kann, und doch hat er mir diese Nachricht geschickt …« Ihre Worte verhallten. Sie starrte zu dem verschlossenen Fenster, als könne sie sehen, was sich dahinter verbarg.
Ich wusste, was sie auszudrücken versuchte. »Du solltest mit der Königin sprechen«, sagte ich. »Sag ihr, dass Deerkin um der Sicherheit unserer Familie willen als Verräter gebrandmarkt werden muss. Wirst du fliehen, wie er dich gebeten hat?«
Langsam schüttelte sie den Kopf. »Wohin denn? Zu meiner Familie? Dann bringe ich sie in noch größere Gefahr. Hier zumindest müssen die Gescheckten in die Höhle des Löwen, wenn sie mich haben wollen. Ich werde hier bleiben und meiner Königin dienen.«
Ich fragte mich, ob Chade in der Lage sein würde, sie zu beschützen, von ihrem Vetter ganz zu schweigen.
Ihre Stimme klang ausdruckslos, als sie weiter sprach. »Deerkin hat Hinweise gehört, dass die Gescheckten sich mit Fremden verbünden. ›Mächtige Leute, die es freuen würde, die Weitseher vernichtet und die Gescheckten an der Macht zu sehen‹.« Sie lächelte mich besorgt an. »Das klingt nach dummer Prahlerei, nicht wahr? Das kann doch nicht wahr sein, oder?«
»Das solltest du besser der Königin erzählen«, sagte ich und hoffte, dass sie mir nicht anmerkte, dass ich das in der Tat für möglich hielt. Ich würde es in jedem Fall Chade berichten.
»Was ist mit dir?«, fragte sie mich. »Wirst du fliehen? Ich denke, du solltest es. Du wärst ein gutes Exempel für die Macht der Gescheckten. Würdest du denunziert, hätten sie bewiesen, dass sich jene vom Alten Blut sogar in den Mauern der Bocksburg befinden. Gevierteilt und verbrannt wärst du ein schönes Beispiel für alle Verräter am Alten Blut, dass jene, die die Ihren leugnen und verraten wiederum von diesen verraten werden.«
Laurel selbst verfügte nicht über die Alte Macht, ihr Vetter
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