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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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beobachtete gleichmütig, wie die anderen die Planke hinaufmarschierten, doch als die Reihe an ihn kam, erstarrte er neben mir. »Nein.«
    »Willst du dir das Outislander-Schiff denn nicht mal ansehen, Dick? Alle anderen sind doch auch an Bord gegangen, um sich einmal umzusehen. Wie ich gehört habe, sind sie ganz anders als unsere Schiffe. Lass uns einmal nachsehen.«
    Dick blickte mich einen Augenblick lang schweigend an. »Nein«, sagte er und kniff misstrauisch die kleinen Augen zusammen.
    Jeder weitere Täuschungsversuch wäre sinnlos gewesen. »Dick, wir müssen an Bord gehen. Es wird bald absegeln, um den Prinz in die Heimat der Narcheska zu bringen. Wir müssen ihn begleiten.«
    Um uns herum war alles zum Stillstand gekommen. Alles war bereit, und alle anderen waren an Bord. Das Schiff wartete nur noch auf Dick und mich. Männer von anderen Schiffen und Passanten starrten Dick mit unterschiedlich angewidertem Gesichtsausdruck an. Seeleute der
Keiler
warteten darauf, die Planke einzuholen und die Leinen zu lösen. Verärgert blickten sie uns an und warteten. Ich fühlte, dass sie sich allein durch unsere Gegenwart gedemütigt fühlten. Warum konnten wir nicht einfach an Bord gehen und unter Deck verschwinden? Es war Zeit zu handeln. Ich packte Dick am Arm. »Dick, wir müssen jetzt an Bord gehen.«
    »Nein!« Er bellte das Wort förmlich und schlug nach mir, während seine Angst und sein Zorn mich in einer wilden Gabenwelle trafen. Ich taumelte von ihm weg, was die Umstehenden zu brüllendem Gelächter veranlasste. Tatsächlich musste es äußerst seltsam auf sie gewirkt haben, dass der trotzige Klaps eines Schwachsinnigen mich in die Knie zwang.
    Ich hasse es, mich daran zu erinnern, was als Nächstes geschah. Mir blieb keine andere Wahl, als Dick zu zwingen; doch Dicks Schrecken ließ auch ihm keine Wahl. So kämpften wir es auf den Docks aus: meine körperliche Größe und Kraft sowie die Stärke meiner geübten Mauern gegen seine Gabe und seinen seltsamen Kampfstil.
    Natürlich bemerkten sowohl Chade als auch Prinz Pflichtgetreu sofort mein Dilemma. Ich fühlte, wie der Prinz versuchte, Dick zu erreichen und ihn zu beruhigen, doch der rote Schleier seiner Wut erwies sich als genauso effektiv wie meine Gabenmauern. Chades Gegenwart konnte ich überhaupt nicht fühlen; ich denke, dass ihn die Anstrengungen des Tages erschöpft hatten. Als ich Dick in der Absicht zum ersten Mal packte, ihn schlicht in die Höhe zu heben und an Bord zu tragen, flutete seine Gabe in mich hinein. Der Hautkontakt machte mich verwundbar. Es war Dicks Furcht, mit der er nach mir schlug, und fast hätte ich mir in die Hose gemacht, solch einen Schrecken weckte er in mir. Uralte Erinnerungen an Augenblicke, da ich dem Tod gerade so entronnen war, strömten durch mich hindurch. Ich spürte, wie die Zähne eines Gewandelten in meine Schulter eindrangen, und einen Pfeil, der in meinen Rücken schlug. Ich hatte Dick auf die Schulter gehoben; doch nicht sein Gewicht drückte mich auf die Knie, sondern vielmehr der Schrecken. Das ließ die Zuschauer abermals laut lachen. Dick riss sich von mir los und stand dann einfach nur da. Er stieß wilde, wortlose Schreie aus, unfähig zu fliehen, denn inzwischen waren wir von einem dichten Ring grölender Männer umgeben.
    Der Spott um uns herum wurde immer lauter, und er traf mich mehr als Dicks um sich schlagende Fäuste. Ich konnte ihn nicht packen, ohne die Unversehrtheit meiner Mauern zu riskieren; auch wagte ich es angesichts von Dicks Ansturm nicht, sie zu senken, was mir den vollen Einsatz meiner eigenen Gabe ermöglicht hätte. So bemühte ich mich erfolglos, ihn an Bord zu scheuchen, indem ich ihm jedes Mal den Weg versperrte, wann immer er versuchte, an mir vorbei zu huschen. Wenn ich auf ihn zutrat, wich er zurück, näher an die Laufplanke heran, und die Menschen dort machten ihm Platz. Dann stürzte er sich mit ausgestreckten Händen auf mich, wohl wissend, dass meine Mauern zusammenbrechen würden, sollte er mich berühren. So war ich gezwungen, ihm Platz zu machen, um ihm auszuweichen. Und die ganze Zeit über lachten die Leute und amüsierten sich in ihrer harten Sprache über den Mann aus den Sechs Provinzen, der noch nicht einmal einen Trottel im Kampf besiegen konnte.
    Zu guter Letzt rettete mich Web. Vielleicht waren es die aufgeregten Rufe der Seeleute, die ihn an die Reling riefen.
    Auf jeden Fall drängte sich der alte Mann an den Gaffern vorbei die Laufplanke hinunter und

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