Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
jemandem, der gerade eine schwere Auf gäbe hinter sich gebracht hat, doch gleichzeitig verhält er sich wie ein Mann, der sich auf eine Reise vorbereitet.
Was hat er dir erzählt?
Ich bemühte mich, mir meine Angst nicht anmerken zu lassen.
Nichts, wie gesagt, und meiner Mutter auch nicht jedenfalls behauptet sie das. Bei seiner Rückkehr hat er für uns alle Geschenke mitgebracht. Hampelmänner für meine kleinsten Brüder und geschickt gemachte Rätselkästchen für die älteren Jungen. Für meine Mutter und mich gab es Kästchen mit Holzperlenketten darin, nichts Grobes, sondern jede geschnitzt wie Edelsteine. Und ein Pferd hat er mitgebracht, die schönste kleine Stute, die ich je gesehen habe.
Ich wartete. Ich wusste, was sie als Nächstes sagen würde, und betete dennoch, dass es unausgesprochen bleiben möge.
Er selbst trägt jetzt einen Ohrring, eine aus Holz geschnitzte Kugel. Ich habe ihn noch nie einen Ohrring tragen sehen. Tatsächlich wusste ich noch nicht einmal, dass er ein Ohrloch hat.
Ich fragte mich, ob sie miteinander gesprochen hatten, Fürst Leuenfarb und Burrich. Vielleicht aber hatte der Narr diese Geschenke nur bei Königin Kettricken gelassen, um sie an Burrich weiterzugeben. Ich fragte mich so viele Dinge, doch konnte ich keine dieser Fragen aussprechen.
Was tust du gerade ?,
fragte ich Nessel stattdessen.
Kerzen machen. Das ist die wohl dümmste und langweiligste Arbeit, die man sich vorstellen kann.
Kurz hielt sie inne, dann sagte sie unvermittelt:
Ich habe eine Nachricht für dich.
Mein Herz setzte einen Augenblick lang aus.
Oh.
Mein Vater hat gesagt, sollte ich noch einmal von dem Wolf träumen, solle ich ihm sagen, dass du schon vor langer Zeit nach Hause hättest kommen sollen.
Sag ihm ..
. Tausend Antworten gingen mir durch den Kopf. Doch was konnte ich einem Mann sagen, den ich seit sechzehn Jahren nicht mehr gesehen hatte? Sollte ich ihm sagen, dass er keine Angst haben müsste, dass ich ihm alles wegnehmen würde? Sollte ich ihm sagen, dass ich ihn noch immer liebte wie eh und je? Nein. Nicht das. Sollte ich ihm sagen, dass ich ihm verzieh? Nein, denn wissentlich hatte er mir nie ein Unrecht angetan. Diese Worte würden die Last nur noch vergrößern, die er sich selbst aufgebürdet hatte. Es gab tausend Dinge, die ich ihm sagen wollte, doch nichts davon wagte ich, ihm durch Nessel zu übermitteln.
Sag ihm...?,
hakte Nessel nach. Ihr war ihre Neugier deutlich anzumerken.
Sag ihm, dass ich sprachlos gewesen sei. Und dass ich ihm dankbar bin... wie schon seit vielen Jahren.
Das war vollkommen unzureichend; dennoch zwang ich mich, nicht mehr zu sagen. Ich würde nicht unüberlegt handeln, sondern lang und hart nachdenken, bevor ich Nessel eine echte Nachricht an Burrich gab. Ich hatte keine Ahnung, wie viel sie wusste oder ahnte. Ja, ich wusste noch nicht einmal, wie viel Burrich von dem erfahren hatte, was mir widerfahren war, seit sich unsere Wege getrennt hatten. Es ist besser, Ungesagtes zu bereuen als Worten hinterher zu trauern, die man nicht mehr zurücknehmen kann.
Wer bist du?
Das zumindest schuldete ich Nessel: einen Namen, mit dem sie mich anreden konnte, und nur einer kam mir in dieser Situation richtig vor.
Wandler. Mein Name ist Wandler.
Nessel nickte enttäuscht und zufrieden zugleich. Ich zog mich aus dem Traum zurück, und Nessel ließ mich widerwillig gehen. Vorsichtig kehrte ich in meinen Leib zurück. Eine Zeit lang blieb ich noch mit geschlossenen Augen liegen, während ich all meine anderen Sinne öffnete. Ich war in der Kabine. Dick atmete schwer neben mir. Ich roch das Öl, das der Barde zur Pflege seiner Harfe verwendete; dann hörte ich Flink flüstern: »Warum schläft er jetzt?«
»Tue ich nicht«, erwiderte ich leise. Vorsichtig zog ich meinen Arm unter Dicks Schulter weg und setzte mich dann langsam auf. »Ich habe es Dick nur bequem gemacht. Er ist noch immer sehr krank. Ich wünschte, wir hätten ihn nicht auf diese Reise mitnehmen müssen.«
Flink schaute mich seltsam an. Kräusel, der Barde, bewegte sich sehr, sehr leise, während er seine frisch reparierte Harfe mit Öl einrieb. Ich stand auf, zog den Kopf ob der niedrigen Decke ein und betrachtete Burrichs Sohn. Ich stand in der Pflicht, auch wenn er mir lieber aus dem Weg gegangen wäre. »Hast du im Augenblick irgendwas zu tun?«, fragte ich Flink.
Er blickte zu Kräusel, als erwarte er von diesem, dass er für ihn antwortete. Als der jedoch schwieg, erwiderte Flink leise:
Weitere Kostenlose Bücher