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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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schlichten Sandalen. Sie hielt einen dampfenden Becher in den Händen. Ich betrachtete sie und wünschte mir, die Dinge wären einfacher zwischen uns. Als sie mich schweigend auf der Bank unter dem Baum bemerkte, täuschte sie Staunen vor; dann erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie sich zu mir gesellte. Sie setzte sich, trat die Sandalen von den Füßen und zog die Beine auf die Bank zwischen uns.
    »Einen guten Morgen aber auch«, begrüßte sie mich. Leichte Überraschung schimmerte in ihren Augen. »Ich hätte dich fast nicht erkannt, Fitz. Du siehst aus, als wärest du um zehn Jahre gealtert.«
    »Tom«, erinnerte ich sie in sanftem Ton, wohl wissend, dass sie mich mit meinem alten Namen hatte verunsichern wollte. »Und so, wie ich mich fühle, hast du wohl Recht. Vielleicht ist die tägliche Routine eines Gardisten das, was ich schon immer gebraucht habe.«
    Merle räusperte sich skeptisch und nippte an ihrem Becher. Dann erwiderte sie säuerlich: »Offenbar glaubst du nicht, dass für mich das Gleiche gilt.«
    »Was? Dass es dir als Gardist besser ergehen würde?«, fragte ich unschuldig, und als sie dann so tat, als wolle ich sie treten, fügte ich hinzu: »Merle, für mich wirst du immer wie Merle aussehen. Weder älter noch jünger, als ich erwarte, aber immer Merle.«
    Kurz runzelte sie die Stirn, zuckte dann mit den Schultern und lachte. »Ich weiß nie, ob du etwas als Kompliment meinst oder nicht.« Sie beugte sich zu mir hinüber und schnüffelte. »Moschus? Legst du heutzutage Moschus auf, Tom Dachsenbless? Wenn du an weiblicher Gesellschaft interessiert bist...«
    »Nein, ich habe keinen Moschus aufgelegt. Ich habe nur mit einem Frettchen geschlafen.«
    Ich hatte ehrlich geantwortet, und ihr lautes Lachen erschreckte mich; doch einen Augenblick später grinste ich mit ihr, und sie schüttelte den Kopf. Sie veränderte ihre Position, sodass ihr von der Sonne erwärmtes Bein das meine berührte. »Das ist so typisch für dich, Fitz. So typisch.« Sie seufzte zufrieden und fragte dann faul: »Dann kann ich also davon ausgehen, dass deine Trauer vorbei ist und du dich wieder verschwistert hast, ja?«
    Ihre Worte trübten den Sommermorgen für mich. Ich räusperte mich und antwortete vorsichtig: »Nein, und ich bezweifele, dass ich das je wieder tun werde. Nachtauge und ich haben zusammengepasst wie Dolch und Scheide.« Ich blickte zu dem Kamelienbeet und sagte leise: »Es kann keinen nach ihm geben. Es wäre jedem Wesen gegenüber unfair, mit dem ich mich verschwistern würde; es wäre immer nur ein Ersatz und nie wirklich mein Partner.«
    Merle las mehr aus meinen Worten, als ich beabsichtigt hatte. Sie legte die Arme auf die Rückenlehne, bettete den Kopf darauf und blickte durch die Äste des Baums hindurch, der uns Schatten spendete, in den Himmel hinauf. Ich trank den letzten Rest der Milch, die ich mitgebracht hatte, und stellte den Becher beiseite. Ich wollte mich gerade verabschieden, um zum Unterricht mit Flink zu gehen, als Merle mich fragte: »Hast du je daran gedacht, Molly wieder zurückzuholen?«
    »Was?«
    Sie hob den Kopf. »Du hast das Mädchen geliebt - oder zumindest hast du das immer gesagt -, und sie hat dir ein Kind geboren, was sie viel gekostet hat. Du weißt, dass sie es aus ihrem Leib hätte holen können, wenn das ihre Absicht gewesen wäre. Dass sie das nicht getan hat, heißt, dass sie tief für dich empfunden haben muss. Du solltest zu ihr gehen. Hol sie dir zurück.«
    »Molly und ich ... das ist schon sehr, sehr lange her. Sie ist mit Burrich verheiratet. Sie haben sich zusammen ein Leben aufgebaut.
Und
sie haben sechs eigene Kinder«, erklärte ich steif.
    »Und?« Merle blickte mir in die Augen. »Ich habe ihn gesehen, als er nach Bocksburg gekommen ist, um Flink heimzuholen. Er war äußerst wortkarg, ja grimmig, als ich ihn begrüßt habe. Und er war alt. Er geht mit einem Stecken, und seine Augen waren trüb.« Sie schüttelte den Kopf. »Solltest du dich entschließen, Molly wieder von ihm zurückzuholen, könnte er nichts dagegen machen.«
    »So etwas würde ich niemals tun!«
    Merle nippte an ihrem Becher und blickte mich über den Rand hinweg fest an. »Das weiß ich«, sagte sie, als sie den Becher wieder von den Lippen nahm. »Obwohl er sie dir weggenommen hat.«
    »Sie glauben beide, ich sei
tot!
«, erinnerte ich sie, und meine Stimme klang härter, als ich beabsichtigt hatte.
    »Bist du sicher, dass das stimmt?«, fragte Merle schnippisch. Als sie

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