Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
Hündin? Wollt ihr euer eigenes Volk gegen Branntwein, Sommeräpfel und Weizen eintauschen? Nicht dieser Adler.«
Er schnaufte verächtlich zum Zeichen, dass er keinerlei Grund für weitere Diskussionen sah, verließ den Kreis und setzte sich wieder zwischen die Krieger. Stille senkte sich herab, als alle über seine Worte nachdachten. Einige tauschten Blicke aus. Ich fühlte, dass der alte Mann die Outislander ins Mark getroffen hatte. Viele fühlten sich bei dem Gedanken unwohl, dass der Prinz ihren Drachen erschlug, doch zugleich sehnten sie sich nach Frieden und Handel. Der Krieg mit den Sechs Provinzen hatte sie von allen Handelsplätzen südlich von uns abgeschnitten, und nun blockierte der Krieg zwischen Chalced und Bingtown eine weitere Handelsroute. Wenn es ihnen nicht gelang, ein Freihandelsabkommen mit den Sechs Provinzen zu schließen, müssten sie auf all die Waren und Luxusgüter verzichten, die sie nur aus wärmeren Ländern bekommen konnten. Das war kein angenehmer Gedanke; gleichzeitig konnte jedoch auch niemand dem Adler widersprechen, ohne selbst als gieriger Händler dazustehen.
Wir müssen das irgendwie beenden - und zwar jetzt, bevor ihm irgendjemand zustimmen kann.
Chades schwacher Gabenkommentar klang verzweifelt.
Niemand trat in den Rednerkreis. Niemand kannte eine Lösung für dieses Dilemma. Je länger das Schweigen andauerte, desto angespannter wurde die Atmosphäre. Ich wusste, dass Chade Recht hatte. Wir brauchten Zeit, um uns eine diplomatische Lösung für das Problem zu überlegen. Und falls es keine Lösung dafür geben sollte, benötigten wir noch immer Zeit, um herauszufinden, welche Clans sich uns aktiv widersetzen und welche Clans die Tat schlicht missbilligen würden. Würde die Narcheska angesichts des Widerstands der Clans auf ihrer Herausforderung bestehen, oder würde sie sie zurücknehmen? Wir hatten kaum einen Tag auf den Inseln verbracht, und schon standen wir am Rande einer Konfrontation.
Als wäre das alles nicht schon genug, wurde ich mir zunehmend bewusst, dass Pflichtgetreu wirklich dringend den Abort aufsuchen musste. Ich begann, mich von seiner Gabe abzuschotten, hatte dann jedoch eine andere Idee. Ich erinnerte mich daran, wie Dicks Unwohlsein sich auf dem Schiff auf die Seeleute übertragen hatte, und ich fragte mich, ob sich das bei Pflichtgetreu ähnlich verhalten würde.
Ich öffnete mich seinem unbewussten Gedanken, verstärkte ihn und sandte meine Gabe dann suchend durch den Raum. Keiner der Outislander, die ich berührte, verfügte über eine starke Neigung zur Gabe, doch viele waren in unterschiedlichem Maße für ihren Einfluss empfänglich. Einst hatte Veritas eine ähnliche Technik benutzt, um die Steuerleute der Roten Schiffe zu verwirren und sie davon zu überzeugen, dass sie bereits bestimmte Landmarken passiert hatten; so hatte er die Schiffe auf die Felsen gelenkt. Jetzt nutzte ich diese Technik, um der Hetgurdversammlung ein Ende zu bereiten, indem ich jedem Mann, den ich mit der Gabe erreichen konnte, das dringende Bedürfnis einpflanzte, seine Blase zu entleeren.
Überall im Raum begannen Männer, nervös auf ihren Bänken herumzurutschen.
Was
tust du
?, verlangte Chade zu wissen.
Ich beende diese Versammlung
, erwiderte ich grimmig.
Aha!
Ich fühlte Pflichtgetreus plötzliches Verstehen und ließ ihn mich dann bei meiner Überzeugungsarbeit unterstützen.
Wer hat hier das Sagen ?
, fragte ich ihn.
Niemand. Hier hat jeder die gleiche Autorität. Oder zumindest sagen sie das.
Pflichtgetreu hielt das offenbar für ein armseliges System.
Der Bär hat die Versammlung eröffnet
, teilte mir Chade gereizt mit. Ich fühlte, wie er meine Aufmerksamkeit auf einen Mann mit einer Halskette aus Bärenzähnen lenkte.
Plötzlich wurde ich mir bewusst, wie viel Kraft Chade diese eigentlich recht simple Übung kostete.
Überanstrenge dich nicht
, warnte ich ihn.
Ich kenne meine Stärke!
Seine Erwiderung war wütend, doch selbst von meinem Standort aus, sah ich, wie er immer mehr die Schultern hängen ließ.
Ich konzentrierte mich auf den Bären. Glücklicherweise hatte er der Gabe so gut wie nichts entgegenzusetzen und außerdem noch eine volle Blase. Ich verstärkte sein Bedürfnis, und plötzlich stand er auf. Er trat vor, um den Rednerkreis für sich zu beanspruchen, und die anderen überließen ihn ihm sofort.
»Wir müssen eingehender darüber nachdenken. Wir alle«, schlug er vor. »Lasst uns auseinander gehen und uns mit unseren Clans
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