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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dahin würde auch jeder Kaempra eines jeden Glans zum Erntefest geladen sein, und Kettricken würde mit den Vorbereitungen für das größte Fest beginnen müssen, das je in Bocksburg gefeiert worden war. Die Einladungen für die Herzöge und ihre Edelleute, das Essen, die Gästeunterkünfte, die Barden, Gaukler und Puppenspieler, die angeheuert werden mussten ... Mir drehte sich der Kopf, und ich sehnte mich nur noch danach, mich hinzulegen und zu schlafen. Oben angelangt, legte ich jedoch stattdessen etwas Holz nach, um die verlöschende Glut wieder anzufachen. Anschließend füllte ich einen Krug aus dem Fass, goss das Wasser in die alte Waschschüssel und tauchte mein Gesicht hinein. Schließlich rieb ich mir die Augen, bis sie sich nicht mehr ganz so sandig anfühlten, und trocknete mein Gesicht. Ich schaute in den kleinen Spiegel, den Chade stets neben der Schüssel liegen hatte, und ich fragte mich, wer da meinen Blick erwiderte.
    Plötzlich verstand ich, was der Narr zu mir gesagt hatte. Ich war an einen Ort und in eine Zeit gereist, die ich nie vorausgesehen hatte. Vor mir ragte eine Zukunft auf, und ich hatte keine Ahnung, ob ich ihr entgegenstreben sollte. Ich hatte einen Schritt in Richtung Thron getan, wenn auch nur dem Wesen nach und nicht öffentlich. Ich fragte mich, ob das bedeutete, dass Molly nun keine Rolle mehr in meiner Zukunft spielen würde.
    Chivalrics Schwert hing noch immer dort, wo ich es hingehängt hatte, über dem Kamin. Ich nahm es herunter. Es lag mir in der Hand, als wäre es für mich gemacht worden. Ich schwang es durch die Luft und fragte dann die leere Kammer: »Und was würdest du jetzt von deinem Bastard denken, König Chivalric? Doch ich vergaß, du hast ja selbst auch nie die Krone getragen. Niemand hat dich je König genannt.« Ich senkte die Schwertspitze zu Boden und ergab mich dem Schicksal. »Und auch vor mir wird nie jemand das Knie beugen. Aber wie auch immer, ich denke, ich werde die ein oder andere Spur hinterlassen.«
    Ein seltsames Zittern fuhr durch meinen Körper, gefolgt von Ruhe. Rasch hing ich das Schwert wieder an seinen Platz zurück und wischte mir dann die verschwitzen Hände am Hemd ab.
Ein schöner König
, dachte ich bei mir,
der sieh die schweißnassen Hände an einer Gardeuniform abwischt
Ich brauchte etwas Schlaf, aber noch nicht sofort. König Fitz, der Bastardherrscher. Ich traf eine Entscheidung und weigerte mich, weiter darüber nachzudenken. Dann legte ich noch eine Flasche guten Branntwein in den Korb, breitete ein Tuch darüber, schnappte mir den Korb und floh.
    Ich verließ die Geheimgänge nahe der Kaserne. Dort angekommen, musste ich an der Küche vorbei, und fast hätte ich angehalten, um etwas zu essen. Stattdessen verhalf ich mir jedoch schlicht zu einem kleinen Laib süßem Morgenbrot in der Gardistenmesse und aß es im Gehen. Als ich durch das Tor trat, nickte mir die Wache dort nur verschlafen zu. Ich dachte darüber nach, wie ich diese Trägheit als König ändern würde, schob den Gedanken jedoch rasch wieder beiseite. Ich ging weiter. Ich bog von der Hauptstraße nach Burgstadt ab und schlug den ausgetretenen Pfad ein, der zuerst durch den Wald und dann über einen Hügel führte. Im frühen Licht des Tages hoben sich die Silhouetten der Zeugensteine krass vom blauen Himmel ab; beinahe schienen sie mich zu erwarten. Schafe grasten um sie herum. Als ich näher kam, musterten mich die Tiere mit jenem mangelnden Interesse, das manche Menschen fälschlicherweise für Dummheit halten. Langsam traten sie mir aus dem Weg.
    Ich erreichte die Zeugensteine und ging langsam um sie herum. Vier Steine. Jeder mit vier Seiten. Sechzehn mögliche Richtungen. Wie oft waren sie im Laufe der Jahre benutzt worden? Ich stand auf dem Hügel und schaute mich um. Gras, Bäume und dort, wenn man genau hinsah, eine Vertiefung, die auf eine alte Straße hindeutete. Falls hier je Häuser gestanden haben sollten, so waren ihre Überreste schon längst von der Erde verschluckt worden - oder vermutlich hatte man sie eher abgetragen, um andernorts aus ihren Steinen Hütten zu errichten.
    Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, musterte ich die Steine. Ich kam zu dem Schluss, dass man die Runen vor langer Zeit absichtlich entfernt hatte. Ich fragte mich warum, vermutete aber, dass ich das nie erfahren würde - und das war fast schon ein Trost.
    Der Korb an meinem Arm wurde allmählich schwer, und die Sonne wärmte mich nur allzu gut. Ich legte mir den schweren

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