Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
der Kreatur beruhigend die Hände auf den schwarzen Rücken legte. »Ruhig. Lass uns erst das Eis wegräumen. Wenn du dir den Flügel brichst, wird dir das auch nicht helfen.«
Der Drache wurde ruhig. Es war nicht die Gabe, sondern die Alte Macht, die mir das schreckliche Gefühl des Drachen vermittelte, ersticken zu müssen. Dann fühlte ich, dass Eisfeuers Aufmerksamkeit in eine andere Richtung gelenkt wurde, und ich vermutete, dass er mit Tintaglia sprach. Ich hoffte, er würde ihr sagen, dass wir ihm zu helfen versuchten.
»Wir müssen seinen Kopf freibekommen. Er bekommt einfach nicht genug Luft«, sagte mir Burrich, als ich näher kam.
»Ich weiß. Ich fühle es auch.« Ich versuchte, nicht zu grinsen, als ich hinzufügte: »Ich bin nämlich ein Zwiehafter, weißt du?«
Ich hatte nicht daran gedacht, dass Flink mich hören könnte. Vielleicht weil meine Ohren noch immer klingelten, hatte ich lauter gesprochen als beabsichtigt. Auf jeden Fall starrte er mich nun begeistert an. »Dann bist du also Fitz-Chivalric, der Zwiehafte Bastard. Und es ist wirklich wahr, dass mein Vater dich in den Ställen großgezogen hat?« Seine Stimme hatte einen seltsamen Unterton, als hätte er plötzlich einen Hauch von Ruhm in seiner eigenen Familie entdeckt. Ich nehme an, dem war auch so. Gut fand ich das allerdings nicht.
»Wir werden später darüber reden«, sagten Burrich und ich im Chor. Flink starrte uns an und stieß dann ein ersticktes Lachen aus.
»Räumt das lose Eis von seiner linken Schulter weg!«, rief Web im Vorübergehen, und Männer eilten, seinen Befehl zu erfüllen. Flink wollte sich ihnen anschließen.
Doch Web blieb mit der Spitzhacke in der Hand neben uns stehen und brachte Flink mit einer scharfen Handbewegung an seine Seite. In ruhigem Tonfall bemerkte er zu Burrich: »Dieses >später< wird nicht auf ewig warten. Das gilt für euch beide. Es wird die Zeit kommen, da ihr beide euch diesem Jungen erklären müsst.« Aber seine Worte waren kein Tadel, und ich glaubte sogar, ein Lächeln auf seinem Gesicht zu sehen, als er sie sprach. Er verneigte sich vor Burrich und fuhr fort: »Verzeih mir, falls ich dich beleidigt haben sollte. Ich weiß, dass dich dein Augenlicht im Stich lässt, doch deine Schultern und dein Rücken sind noch immer stark. Wenn dein Sohn dich führt, könntest du dich nützlich machen, indem du beim Ziehen der Schlitten hilfst. Würdest du uns dabei helfen, Burrich?«
Ich glaubte, Burrich würde sich weigern. Ich wusste, dass er Web und alles, wofür er stand, noch immer meiden wollte. Aber die Bitte war höflich vorgetragen worden, und Burrich konnte sich auf diese Art tatsächlich nützlich machen. Ich konnte nur ahnen, wie sehr es ihn schmerzen musste, neben einem gefangenen Tier zu stehen, während andere darum kämpften, es zu befreien. Webs Angebot brachte überdies Flink an Burrichs Seite zurück, führte Vater und Sohn wieder zusammen. Ich sah, wie Burrich einen schwierigen Kompromiss schloss. Er sprach nicht an Web, sondern an Flink gewandt: »Bring mich zum Schlitten, Junge, und lass uns ziehen.«
Ich blieb allein zurück, als Burrich und Flink losgingen, um Webs Bitte zu erfüllen. Ich sah, wie sie sich neben Kräusel und Gentil die Leine schnappten. Sie warfen sich in die Arbeit, und trotz seines lahmen Beins war Burrich der Stärkste der vier. Der voll beladene Schlitten wurde langsam die Rampe hinauf und aus der Grube gezogen. Sie auf diese Art zusammenzuführen war geschickt gewesen, und ich glaube, Burrich hieß die Gelegenheit willkommen, Flink wohl weniger. Versuchte Web, den Riss zwischen ihnen zu flicken und gleichzeitig Burrichs Einstellung zur Alten Macht zu ändern?
Ich dachte noch immer darüber nach, als die letzte Ladung explodierte.
Heute glaube ich, dass der kleine Kessel, den ich achtlos hatte brennen lassen, als ich mich vom Kopf des Drachen zurückgezogen hatte, weitergeglüht hatte. Hatte sich das Leder irgendwann entzundet, und waren Flammen auf die Ölflasche und schließlich aufs Pulver übergesprungen? Oder war die Ölflasche von der Wucht der vorangegangenen Explosionen umgefallen und hatte ihren Inhalt im Tunnel verteilt? Ich habe viel zu viel Zeit mit diesen sinnlosen Fragen verbracht.
Was nun explodierte, war eine weit größere Ladung - eine Ladung, die töten sollte. Die Explosion schleuderte das Tunneldach in die Luft und zur gleichen Zeit Eissplitter vom Tunneleingang in die Grube, wo wir alle arbeiteten. Männer und Eis wurden
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