Die 4 Frau
goldenen Kreuz herum, das sie an einer Kette um den Hals trug, und schob es nervös hin und her.
Ich glaubte zu verstehen, welchen inneren Kampf sie durchmachte. Sie wollte diejenige sein, die die echten Informationen lieferte, aber zugleich wollte sie nicht vor ihren Kolleginnen »auspacken«.
»Es ist nicht so, als ob ich irgendetwas sicher
wüsste
«, sagte Rebecca schließlich. »Und ganz bestimmt weiß ich nichts über die Morde. Aber in der letzten Zeit lag so etwas wie ein Schatten über Ben.«
»Können Sie das näher erläutern, Rebecca?«
»Na ja, er war ungewöhnlich gereizt. Hat sogar einige seiner Patienten angeschnauzt, was äußerst selten vorkam, das können Sie mir glauben. Als ich ihn fragte, was denn los sei, leugnete er, irgendwelche Probleme zu haben.«
»Kannten Sie Lorelei?«
»Sicher. Sie haben sich in der Kirche kennen gelernt, und ich war offen gestanden überrascht, als ich hörte, dass Ben sie heiraten wollte. Ich glaube, er war lediglich einsam, und sie hat zu ihm aufgeschaut.« Rebecca seufzte. »Lorelei war ziemlich einfach gestrickt. Eine Frau mit dem Gemüt eines Kindes, deren größtes Hobby Shopping war. Niemand hat sie gehasst.«
»Interessante Beobachtung«, bemerkte ich. Und mehr Ansporn brauchte Rebecca nicht, um auszusprechen, was sie schon die ganze Zeit hatte sagen wollen.
Es war, als stünde sie am Rand eines Zehnmeterbretts und blickte in die Tiefe.
Dann holte sie tief Luft und sprang.
»Kennen Sie die Geschichte von der ersten Mrs. O'Malley?«, fragte sie mich. »Wussten Sie, dass Sandra O'Malley sich das Leben genommen hat? Dass sie sich in ihrer eigenen Garage erhängt hat?«
120
Ich spürte dieses ganz besondere Kribbeln am Haaransatz, das so oft einen entscheidenden Durch bruch ankündigte.
»Ja«, sagte ich. »Ich habe gelesen, dass Sandra O'Malley Selbstmord begangen hat. Was wissen Sie darüber?«
»Es kam völlig unerwartet«, antwortete Rebecca. »Niemand wusste... Ich wusste nicht, dass sie so schwere Depressionen hatte.«
»Und was glauben Sie, warum sie sich das Leben genommen hat?«
Rebecca stocherte mit der Gabel in ihrem Cäsar-Salat herum und legte das Besteck schließlich hin, ohne einen Bissen gegessen zu haben.
»Ich habe es nie herausgefunden«, sagte sie. »Ben hat nicht darüber gesprochen, aber wenn ich eine Vermutung äußern sollte, würde ich sagen, dass er sie misshandelt hat.«
»Auf welche Weise?«
»Er hat sie gedemütigt. Hat sie wie den letzten Dreck behandelt. Wenn ich ihn so über sie reden hörte, bin ich jedes Mal zusammengezuckt.« Sie zog die Schultern hoch und den Kopf ein, wie um ihre Reaktion zu illustrieren.
»Hat sie sich darüber beklagt?«
»Nein. Das hätte Sandra nie getan. Sie war so brav, so
lieb
. Sie hat nicht einmal aufgemuckt, als er eine Affäre anfing.«
Die Räder in meinem Kopf begannen zu rotieren, aber noch drehten sie durch, ohne dass ich von der Stelle kam. Rebecca verzog angewidert den Mund.
»Er hatte jahrelang eine Beziehung mit dieser Frau, auch noch nach seiner Heirat mit Lorelei. Da bin ich mir ganz sicher. Sie hat jeden Tag in der Praxis angerufen, bis zu dem Tag, an dem er ermordet wurde.«
»Rebecca«, sagte ich geduldig, obwohl ich die Spannung keine Sekunde länger ertragen konnte. »Rebecca, wie hieß diese andere Frau?«
Rebecca lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, als zwei Männer sich auf dem Weg zur Toilette an uns vorbeidrängten. Nachdem die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte, beugte sie sich vor und flüsterte:
»Emily Harris.«
Ich kannte den Namen. Ich sah ihre grell geschminkten Lippen vor mir. Ihr pinkfarbenes gemustertes Kleid.
»Arbeitet sie bei Pacific Homes Immobilien?«
»Genau, das ist sie.«
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Emily Harris saß an ihrem Platz, als ich das schlauchförmige Büro betrat, an dessen einer Längswand mehrere Schreibtische in einer Reihe standen. Ihr hübscher Mund formte sich zu einem automatischen Lächeln, das noch breiter wurde, als sie mich erkannte.
»Oh, hallo«, sagte sie. »Habe ich Sie und Ihren Mann nicht vor ein paar Wochen vor unserem Objekt in der Ocean Colony Road getroffen? Sie haben einen sehr hübschen Hund.«
»Richtig«, antwortete ich. »Ich bin Lieutenant Boxer. Ich komme vom San Francisco Police Department.« Und dann ließ ich sie meine Marke sehen.
Die Miene der Frau verhärtete sich schlagartig. »Ich habe schon mit der Polizei gesprochen.«
»Wunderbar. Dann macht es Ihnen ja sicher nichts aus, es noch einmal zu tun.«
Ich
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