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Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus

Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus

Titel: Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingo Hasselbach , Winfried Bonengel
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deutschen Kriegsverbrechern in Brasilien und Argentinien. Seinen Lebensunterhalt finanziert Priem vorwiegend durch eine bestimmte Art von Geschäften. Gelegentlich erhält er auch Unterstützung von seinen Nazifreunden. Da in der Vergangenheit die Autos von Priem regelmäßig in die Luft flogen, schenkte Worch ihm kürzlich einen neuwertigen Wagen.
    Priem ist äußerst vorsichtig und vermeidet jedes Risiko. Er versteht es aber blendend, andere aufzuwiegeln.
    Als ich ihn das letzte Mal besuchen wollte, klingelte ich mehrmals vergeblich an seiner Wohnungstür. Da ich wußte, daß er zu Hause sein mußte, er schläft fast immer bis zum Nachmittag, versuchte ich, von außen über den Balkon in seine Wohnung zu kommen. Zunächst mußte ich den Stacheldraht überwinden, dann an seiner Alarmanlage und den Videokameras vorbeischleichen, um bis zur Tür zu gelangen. Priem öffnete mir schlaftrunken die Tür: »Du hast ja vielleicht Nerven!«
    »Wieso?«
    Priem hob ein am Boden liegendes Fell und deutete auf die darunterliegende Metallkonstruktion. »Weißt du, was das ist? Das ist eine Bärenfalle, du Wahnsinniger. Wenn du da hineingetreten wärst, müßte dein Bein jetzt amputiert werden.«
    Ein paar Wochen zuvor war bei ihm eingebrochen worden, und er hatte die Einbrecher mit dem Feuerlöscher außer Gefecht gesetzt. Als die Polizei kam, lagen die Einbrecher gefesselt am Boden. Jetzt hatte er diesen Knochenbrecher installiert.
    Einmal, als ich ihn besuchte, öffnete mir ein kleines Mädchen, Priems jüngste Tochter, mit den Worten: »Heil Dir!« Priem hat eine ganz besondere Auffassung von moderner Erziehung, die für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar ist. Regelmäßig unternimmt er mit seinen Kindern nationalsozialistische Exkursionen in ehemalige Konzentrationslager. Dort erteilt er ihnen seine eigene Art von Geschichtsunterricht. Priem leugnet den Holocaust und warnt seine Kinder davor, den »Schwindel von der Massenvernichtung« zu glauben.
    Wenn ihm seine Kinder einmal lästig werden, obwohl sie zumeist bei der geschiedenen Frau leben, gibt er ihnen etwas zum Kauen in die Hand und sagt: »Amüsiert euch ein biß-chen allem, ich muß arbeiten.«
    In seiner Freizeit räumt er Kasernen aus, oder er treibt sich zusammen mit Wander in den Wäldern um Halbe herum, um nach Kriegsüberbleibseln zu graben. Einmal hatten sie sich an Toten vergriffen. Als einer der »Gauleiter« von Nordrhein-Westfalen davon hörte, kam er sofort nach Berlin. Er traf Priem in einer Kneipe und schlug ihn sogleich zusammen. Dann demolierte er das neue Auto. Priem mußte das widerspruchslos hinnehmen, und auch Worch, bei dem er sich beschwerte, hatte für Grabschändung kein Verständnis.
    Waren Frauen in der Nähe, verhielt Priem sich immer ganz besonders »kameradschaftlich«. Bei einer Eisenbahnfahrt wurde es ihm zu langweilig, und er begann sich sehr angeregt mit der Freundin von Oliver Schweigen zu unterhalten. Der saß mit Frank Lutz, Göring und mir im Nebenabteil. Wir tranken jede Menge Bier und vertrieben uns die Zeit mit Kartenspielen. Als Schweigen nach seiner Freundin sehen wollte, blieb er wie versteinert vor dem Abteil stehen. Er mußte mit ansehen, was Priem mit seiner Freundin trieb. Danach war klar, das Mädchen hatte nun Priems Freundin zu sein. Er blieb zwei Jahre mit ihr zusammen. Kurz nach der Trennung erhielt er von ihr ein Geburtstagsgeschenk ganz besonderer Art: ein Videoband, auf dem zu sehen ist, wie sie sich nackt auszieht und selbst befriedigt. Priem war davon so beeindruckt, daß er das Filmchen als Vorspann für einen alten Propagandafilm benutzt, den er illegal in der Szene vertreibt.
    Gelegentlich vergißt Priem jede Zurückhaltung. Beim letzten Todesgedenktag für Rainer Sonntag setzte er in einer Rede vor eintausend Neonazis eine Kopfgeldprämie für die Mörder aus. Von Journalisten wird Priem gelegentlich wegen seines »folkloristischen Aussehens« unterschätzt, er ist aber einer der gefährlichsten Nazis in Deutschland. Sein Aktionsgebiet sind fast ausschließlich kleinere Städte im Land Brandenburg,

Frank Lutz - der Erste Vorsitzende
    An meinem fünfundzwanzigsten Geburtstag hatte ich mir von meiner Mutter einhundertfünfzig Mark geliehen, um meinen Kumpels ein paar Runden Bier spendieren zu können. In der Kneipe kam Frank Lutz auf mich zu und forderte mich auf, ihm die achtzig Mark zu geben, die ich ihm angeblich noch schuldete. Ich war der Überzeugung, ihm das Geld schon langst zurückgegeben zu

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