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Die Achte Fanfare

Titel: Die Achte Fanfare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Abendessen an diesem Tag war die schönste Mahlzeit ihres Lebens; das Essen war warm, und es war genug vorhanden, und Danielle – wenngleich man sie damals noch nicht so nannte – weinte fast vor Glück.
    Es waren insgesamt etwa fünfzig Kinder anwesend, und sie zählte zu den ältesten. Viele der anderen schienen nicht älter als fünf oder sechs Jahre zu sein. Danielle beobachtete fasziniert, wie sich eine neue Welt für sie öffnete. Sie hatte noch nie so verschiedene Menschen gesehen, deren Haut, Haar und Augen so unterschiedlich waren. Und alle schienen dort glücklich zu sein.
    Der Unterricht fing kurz darauf an. Danielle hatte bisher praktisch keine Schulbildung genossen, und nun mußte sie alles nachholen, unter anderem Mathematik, Physik und mehrere Fremdsprachen, darunter Französisch, Englisch und Deutsch. Sie lernte schnell, erledigte ihre Hausaufgaben sehr sorgfältig und mußte oft gedrängt werden, mit den anderen Kindern draußen in den schön gestalteten Gärten zu spielen. Ihre Welt begann bei der Steinmauer und endete bei den Wäldern. Doch verglichen mit dem, was sie gewohnt war, solange sie sich zurückerinnern konnte, war es eine große Welt. Die Kinder wurden ermutigt, in den weitläufigen Wäldern hinter dem Gelände zu tollen. Ihr Lieblingsspiel war Verstecken, und im Lauf der Monate wurde es immer schwieriger. Obwohl die Kinder es nicht wußten, hatte ihre Ausbildung begonnen, und ihre Zahl wurde langsam geringer. Dann und wann verschwand ein Kind einfach; Fragen wurden nicht gestellt, Erklärungen keine gegeben.
    Danielle hatte sich jedoch zu sehr in den Unterricht vertieft, um dies zu bemerken. Sie genoß die neuen Herausforderungen, die man ihr fast täglich stellte, und blühte geradezu auf. Sie beherrschte die Fremdsprachen mit Leichtigkeit und kannte sich bald auch bei zahlreichen anderen schwierigen Themen aus, wie etwa Umrechnungskursen für die meisten Währungen der Welt und Ein- und Ausreise- und Visa-Bestimmungen der verschiedensten Länder. Erneut stellte sie keine Fragen; sie lernte einfach.
    Die Jahre verstrichen, und Danielle wurde größer und immer attraktiver. Von den Kindern, die ursprünglich hier gelebt hatten, war kaum noch ein Drittel übrig. Freundschaften wurden nicht gefördert, und sie hatte keine geschlossen. Sie wußte, daß sie besondere Beachtung bei den Männern fand, die ihre Lehrer waren, und daß sie sowohl bei den komplizierten praktischen Übungen wie auch im Klassenzimmer hervorragende Ergebnisse erzielte. Die Ausbildung im Nahkampf und an Waffen hatte begonnen, und die übriggebliebenen Kinder akzeptierten sie genauso bereitwillig wie alles andere. Schließlich hatten sie alle eins gemeinsam: Bevor sie hierher gekommen waren, hatten sie in einer Welt der Gewalt gelebt, die sie, nachdem sie sie fast von Geburt an hatten ertragen müssen, so geprägt hatte, daß sie sich der Ausbildung, der sie sich nun unterziehen mußten, nicht widersetzten. Sie war einfach ein Teil ihres Lebens.
    Danielle erzielte ausgezeichnete Ergebnisse. Sie nahm die praktischen Übungen mit der gleichen Genauigkeit, die ihre Studien auszeichnete. Jene, die scheiterten – sowohl Jungen wie Mädchen –, schienen sich einfach zu sehr angestrengt zu haben. Ihr hingegen fiel alles geradezu in den Schoß. In den Lagern hatte sie weder Scheitern noch Erfolg gekannt, nur Verzweiflung und Not. Ihr neues Leben lehrte sie, daß es ein Scheitern gar nicht geben mußte. Alles kam nur auf die Einstellung an, und sie lernte, die ihre zu beherrschen.
    Wenn sie damals nur gewußt hätte …
    Ja, was dann? Der Abend in den Wäldern, als die zweite Phase begann, als sie Danielle wurde … vielleicht hätte sie sich an diesem Abend töten lassen. Doch man hatte bei ihr die richtigen Knöpfe gedrückt, und sie reagierte wie erwartet. Die anderen hatten sie in dem Bild geschaffen, das ihnen vorschwebte, und sie war nun deren Gefangene geworden anstatt eine der Lager. An diesem Abend in den Wäldern war ihre Persönlichkeit endgültig geschmiedet worden. Dieser Abend hatte ihre Gestalt bestimmt, bis dann …
    »… und deshalb konnte ich mir unter dem üblichen Infrarot oder Ultraviolett keinen Reim auf den Inhalt der Seiten machen«, erklärte der Mann mit den dicken Brillengläsern. Danielle begriff, daß sie in Gedanken ganz woanders gewesen war, während sie durch die Linse geschaut hatte. Sie sah wieder auf. »Ich habe die Seiten also völlig neu behandelt«, fuhr der Mann fort. »Eine

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