Die achte Offenbarung
mit dem Namen des Apostels? Was sollte das?«
»Ich denke, damit wollten sie den Druck erhöhen. Aber sie haben nicht bedacht, dass das ein logischer Fehler in der Story ist. Oder vielleicht haben sie gedacht, wir merken es nicht. Ich hätte es ja tatsächlich auch übersehen, wenn du mich nicht darauf gestoßen hättest.« Es fiel ihmschwer, weiterzureden. Er fühlte sich, als versinke er langsam in einem schwarzen, stinkenden Morast. »Jetzt ist mir auch klar, wieso plötzlich dieser Typ auf dem Motorrad aufgetaucht ist«, fuhr er fort. »Dass Dirk das Manuskript im Internet veröffentlichen wollte, passte nicht in ihre Pläne. Sie müssen uns die ganze Zeit beobachtet haben! Sie wussten genau …«
Er stockte. Er blickte sich in seiner Wohnung um, als sehe er sie zum ersten Mal. Er erinnerte sich an das Chaos, das hier geherrscht hatte, als er vor einer Woche von seinem Besuch bei Frank zurückgekommen war.
Sie waren hier gewesen. Aber nicht, um das Manuskript zu suchen.
»O verdammt!«, rief er. »Wir müssen hier weg! Sofort!« Er stürzte zum Ausgang.
»Was?«, rief Mele. »Wieso?«
Anstatt zu antworten, rannte er das Treppenhaus hinab, zwei Stufen auf einmal nehmend. Mele folgte ihm.
Unten blickte er durch die Glasfenster der Eingangstür. Es war niemand zu sehen. Vorsichtig öffnete er die Tür. Hatte er überreagiert?
Er wandte sich nach links, in Richtung der U-Bahn-Station Hoheluftbrücke. Immer wieder blickte er nervös über die Schulter, doch niemand schien ihnen zu folgen.
»Denkst du etwa, sie verfolgen uns immer noch?«, fragte Mele.
»Ich weiß es nicht. Aber sie müssen Wanzen in meiner Wohnung installiert haben. Wenn ich sie wäre, würde ich die Überwachung fortsetzen, bis der Plan Erfolg hatte. Immerhin sind wir jetzt die Einzigen, die ihnen noch in die Quere kommen können.«
»Aber was willst du denn machen? Noch mal zur US-Botschaft?«
Er zuckte mit den Schultern. »Hast du eine bessere Idee?«
»Nein, aber …«
Er hätte den Wagen beinahe übersehen, der sich ihnen von vorn näherte. Ein schwarzer Mercedes. Er bremste ab, kurz bevor er sie erreichte.
Paulus riss Mele zu Boden. Im selben Moment zersplitterte eine Fensterscheibe im Haus hinter ihnen. Ein gedämpftes Plock erklang, als eine zweite Kugeln in die Mauer einschlug. Sie benutzten Schalldämpfer.
»Lauf!«, brüllte Paulus und sprang auf. Er blickte sich um. Der Mercedes hielt etwa fünfzig Meter hinter ihnen mitten auf der Straße an, ohne sich um die hupenden Autofahrer zu kümmern. Die Beifahrertür öffnete sich, und ein Mann sprang heraus – der Araber.
In diesem Moment erreichten sie die Einmündung der Helene-Lange-Straße. Paulus bog nach links ab. Für ein paar Sekunden waren sie außerhalb des Sichtfeldes ihres Verfolgers.
Im Laufen suchte Paulus nach einer Möglichkeit, sich in Sicherheit zu bringen. Links Wohnhäuser, die Eingangstüren sicher fest verschlossen. Rechts lag eine Wohnanlage mit einer Durchfahrt. Paulus rannte quer über die Straße, direkt vor einen Lieferwagen, der zum Glück langsam genug fuhr, um rechtzeitig abbremsen zu können. Sie hasteten durch die Toreinfahrt.
Dahinter befand sich ein kleiner Innenhof mit einigen Parkplätzen, der von einer zwei Meter hohen Mauer umfasst war. Zwei Müllcontainer standen in einer Ecke.
Ohne abzuwarten, ob der vermeintliche Araber ihnen noch auf den Fersen war, sprang Paulus auf einen der Container und setzte über die Mauer. Mele folgte ihm.
Sie landeten mitten im Garten eines Wohnhauses zwischenspielenden Kindern mit bunten Papphüten auf den Köpfen, die offenbar gerade eine Geburtstagsparty feierten. Die Kinder erschraken und liefen schreiend zu ihren Eltern, die mit Bierflaschen in den Händen auf ein paar Gartenstühlen um einen Grill herum saßen. Ein Mann mit einer grünen Schürze schüttelte drohend eine Fleischgabel. »He! Was fällt Ihnen ein?«
»Rufen Sie die Polizei!«, brüllte Paulus. »Jemand verfolgt uns. Er hat eine Waffe!«
Er setzte über einen niedrigen Zaun in den Nachbargarten und sah sich um. Mele war dicht hinter ihm. Ihr Verfolger war nicht zu sehen. Vielleicht hatte er nicht gesehen, dass sie in der Durchfahrt verschwunden waren, oder er wollte ihnen nicht durch die Gärten folgen, um weiteres Aufsehen zu vermeiden. Dennoch gab es keinen Grund, das Tempo zu verlangsamen. Die Verfolger wussten, wo Paulus und Mele ungefähr waren, und er hatte keine Ahnung, wie viele Leute sie hier im Einsatz hatten. Es war durchaus
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