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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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haben.» «Soll heißen?»
    «Soll genau das heißen, was ich soeben gesagt habe. Fällt Ihnen niemand ein, der die Schachtel an sich genommen haben könnte?» «Sie meinen, abgesehen vom Zimmermädchen?» «Das ich selbstverständlich befragen werde.» Reles schüttelte den Kopf. «Niemand.»
    Behlert räusperte sich und hob die Hand, um zu unterbrechen. «Es gibt da jemanden, denke ich», sagte er.
    «Wovon reden Sie da, Mann?», schnarrte Reles.
    Der Manager deutete auf den Schreibtisch am Fenster, wo zwischen zwei Stapeln Papier eine glänzende, nagelneue Torpedo-Reiseschreibmaschine stand. «Ist nicht Fräulein Szrajbman tagein, tagaus zu Ihnen gekommen, um Diktate aufzunehmen und auf der Maschine zu tippen? Bis vor zwei Tagen?»
    Reles biss sich auf die Unterlippe. «Gottverdammtes Miststück!», schnarrte er und schleuderte seine Zigarre erneut von sich. Diesmal segelte sie durch die Tür in das angrenzende Bad, prallte gegen die geflieste Wand und landete sicher in der U-Boot-großen Badewanne. Behlerts Augenbrauen stiegen bis zum Haaransatz, bevor er ins Bad ging, um die Zigarre ein weiteres Mal zu bergen.
    «Sie haben recht», sagte ich unterdessen. «Ich war früher Polizist. Ich habe beinahe zehn Jahre bei der Berliner Kripo gearbeitet, bevor meine Treue zur alten Republik und grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien mich bei der neuen Polizei überflüssig gemacht haben. Trotzdem, während dieser Zeit habe ich gelernt zu sehen, wenn etwas im Busch ist. Also, für mich ist klar, dass Sie denken, Fräulein Szrajbman hätte Ihr Paket genommen, und mehr noch, Sie haben eine ziemlich genaue Vorstellung, warum sie das getan hat. Wären wir auf einer Wache, würde ich Sie danach fragen. Aber da Sie Gast in diesem Hotel sind, liegt es an Ihnen, ob Sie uns davon erzählen oder nicht.»
    «Wir haben über Geld gestritten», sagte er leise. «Die Anzahl Stunden, die sie gearbeitet hat.» «Das ist alles?»
    «Selbstverständlich! Was wollen Sie andeuten, Mister?»
    «Ich deute überhaupt nichts an. Ich kannte Fräulein Szrajbman sehr gut. Sie war äußerst gewissenhaft. Das ist der Grund, warum das Adlon Ihnen ihre Dienste empfohlen hat.»
    «Sie ist eine Diebin!», sagte Reles tonlos. «Was zum Teufel gedenken Sie deswegen zu unternehmen?»
    «Ich werde die Angelegenheit augenblicklich in die Hände der Polizei geben, mein Herr, wenn es das ist, was Sie wünschen.»
    «Das wünsche ich, verdammt richtig! Sagen Sie Ihren alten Kollegen, dass sie ihre Ärsche hierherbewegen sollen, und ich sorge dafür, dass ein Haftbefehl ausgestellt wird oder was auch immer in dieser Wurstfabrik von einem Land in solchen Fällen vorgesehen ist! So schnell wie möglich. Und jetzt machen Sie, dass Sie hier rauskommen, bevor ich die Geduld verliere!»
    An dieser Stelle hätte ich ihm beinahe gesagt, dass er derjenige war, der die Geduld verlor, und dass seine Eltern ihm vielleicht gutes Deutsch beigebracht, aber wohl weniger Wert auf gute Manieren gelegt hätten. Stattdessen schwieg ich eisern, was, wie Hedda Adlon nicht müde wurde mir zu sagen, äußerst wichtig ist, wenn man ein gutes Hotel führen will.
    Die Tatsache, dass Schweigen inzwischen auch ganz wichtig war, wollte man ein guter Deutscher sein, war an dieser Stelle ohne Belang.
     

Kapitel 6
    Vor dem Haupteingang des Polizeipräsidiums am Berliner Alexanderplatz standen zwei Schupos Wache. Sie trugen Gamaschen und Gummimäntel zum Schutz vor dem peitschenden Regen. Das lateinische Wort «praesidium» bedeutete ursprünglich Schutz, Schutztruppe, doch angesichts der Tatsache, dass der Alex inzwischen unter der Kontrolle einer Bande von Halunken und Mördern stand, fragte man sich, wer hier wen wovor beschützte. Die beiden Uniformierten beim Eingang hatten das gleiche Problem. Sie erkannten mein Gesicht wieder und wussten nicht, ob sie salutieren oder mich halb totschlagen sollten.
    Wie üblich roch es in der Eingangshalle nach Zigaretten, billigem Kaffee, ungewaschenen Leibern und Würstchen. Ich war genau in dem Moment angekommen, als der örtliche Wurstverkäufer seine Runde machte, um den an ihren Schreibtischen arbeitenden Beamten seine heißen Würstchen zu verkaufen.
    Der Maxe - die Wurstverkäufer hießen alle Max - trug einen weißen Kittel, einen Zylinderhut und entsprechend der Tradition einen kleinen Schnurrbart, den er sich mit einem Augenbrauenstift auf die Oberlippe gemalt hatte. Der Schnurrbart war breiter, als ich ihn in Erinnerung hatte, und so würde

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