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Die Akte Daniel (German Edition)

Die Akte Daniel (German Edition)

Titel: Die Akte Daniel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: She Seya Rutan , Neko Hoshino
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jetzt nicht mehr. Er hatte sich entschieden. Stumm hielten die beiden sich fest. Es gab nichts mehr zu sagen. Die Wege hatten sich vor ihnen aufgetan und jeder musste seinen eigenen gehen. Auch wenn es schmerzte.

16
     
     
    Ein unbewohnter Landsitz in der Grafschaft Yorkshire südlich von York
     
     
    Fearman beobachtete die fallenden Blätter, während er am Fenster stand. Hinter ihm knackte das Feuer im Kamin am anderen Ende des Salons; es trug seinen Teil dazu bei, die schon jetzt schwere Wärme dieses Raumes weiter anzuheizen.
    Manchmal machte sich das bunte, breitflächige Laub der Ahornbäume wie ein überdimensionaler Schneesturm der besonderen Art aus, wenn der Wind zwischen die Äste fuhr.
    Fearman befand sich auf einem der Landsitze des Ordo , wo er Demetrius nach dessen Angriff auf die Schule hingebracht hatte. Seitdem hatte dieser spezielle Gefangene das Anwesen nicht wieder verlassen.
    Wie üblich waren Untersuchungen angestellt worden, um festzustellen, wer Demetrius war, welcher Art er angehörte und über welche Fähigkeiten er verfügte. Die Enttäuschung war groß gewesen, als man feststellte, dass der Albino zwar einer der größten Traumgänger seit dem letzten Jahrhundert sein musste, dass er aber gleichzeitig vollkommen leergebrannt war. Den Grund erfuhr man schnell, konnte man seine geistige Signatur doch im überfallenen Institut feststellen. Solch ein Kraftakt hätte jeden anderen Traumgänger in den Wahnsinn getrieben. Im besten Fall, so wie es wie bei Demetrius gewesen ist, blieb der Traumgänger bei Verstand, aber seine Fähigkeiten würde er so schnell nicht mehr benutzen können – vermutlich überhaupt nie wieder.
    Demetrius hatte die Untersuchung stumm und wehrlos über sich ergehen lassen und seine Wut darüber war nahezu vollkommen gewesen. Fearman hatte ihn danach an diesen Ort gebracht, wo sein Geliebter außerhalb der Reichweite der Firma war und gleichzeitig vor ihr geschützt wurde.
    Demetrius hatte ihn nur ansehen können. Kein Wort hatte er über seine Lippen zu bringen, keinen Finger zu bewegen vermocht. Gut anderthalb Jahre hielt dieser Zustand, in dem Demetrius kaum mehr als ein Bündel hilflosen Fleisches war – nicht seinem Willen unterworfen, nicht seinen Gefühlen. Auf Fassungslosigkeit folgte erneute Wut und funkensprühender Zorn, der sich nirgendwo niederschlagen konnte und jämmerlich in ihm selbst versickern musste. Dann schlich sich die Niedergeschlagenheit ein und Depressionen folgten. Schnelle Episoden von Wut und stummer Resignation wechselten dann wieder einander ab und forderten die letzte Kraft von Fearman, wann immer er Demetrius besuchte.
    Ein Mensch, der immer den Lauf seines Schicksals in jedem Detail bestimmt oder das zumindest geglaubt hatte, lag nun in einem schneeweißen Bett, angewiesen darauf, dass man ihm die Windeln wechselte, ihm den Schlauch für die künstliche Ernährung legte, ihn wusch und alles tat, was er zum reinen Leben brauchte.
    Als Demetrius sich erholte und wieder lernte, sich zu bewegen und zu sprechen, blieben die ersten Gespräche jedoch genauso einsilbig wie der stumme Beistand, den Fearman gewährt hatte.
    Fearman sprach nicht darüber, dass er bereit gewesen war, Demetrius mit seinen bloßen Händen zu töten. Darüber gab es kein Wort zu verlieren, genauso wenig wie über die Gründe zu grübeln. Jedoch die Wut war da und sie blieb. Und die vier Nachtlinge, die seit diesem Tag nicht mehr aufzufinden gewesen waren, wogen schwer auf Fearmans Gewissen.
    Es war zudem nicht herausgekommen, dass Demetrius und er ein Verhältnis gehabt hatten. Niemand hatte etwas vermutet.
    Fearman glaubte, dass seine Beziehung zu Demetrius diesen dazu befähigt hatte, das Institut zu finden. Wie, konnte er jedoch nicht sagen. Es gab keine Traumgänger oder Telepathen, die seine Spur hätten aufnehmen können, dessen war er sich sicher. Er hatte also auch keinen Grund, anzunehmen, dass Demetrius ihn hatte lesen können. Und er selbst hatte sich nicht verraten. Er war schließlich kein Anfänger. Das Institut hatte er nur ganz selten aufgesucht. Vor dem Überfall war das schon einige Monate her gewesen; die Schule der Begabten war nicht sein Aufgabengebiet. Er war in der Forschung tätig und als Arzt, wenn es notwendig war. Er war auf jeden Fall kein Kindergärtner, der sich um heranwachsende Teenager und halbe Babys kümmern wollte. Dazu waren andere berufen.
    Doch, wie auch immer: Fearman konnte es bis heute nicht glauben, dass der Ordo nichts

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