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Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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Frau nimmt.«
    Helene verließ das Geschäft ohne ein weiteres Wort. Auch in der Akademischen Apotheke erging es ihr nicht viel besser, und in der Ratsapotheke setzte man sie gleich unsanft vor die Tür. Man habe zu tun und keine Zeit für versponnene junge Mädchen. Hier gäbe es ausreichend junge Männer, die sich nach ihrem Studium bewarben oder sich währenddessen ein Zubrot verdienten.
    |213| Sie ging weiter, fragte in Backstuben und Spinnereien, sprach ältere Damen an, die mit ernsten Gesichtern unter ihren altmodischen Perücken hervorblickten und nur mitleidig den Kopf schüttelten. Jena schien keinen Platz zu haben für Mädchen wie sie. Die Stadt, so erklärte ihr eine der Frauen, habe genug zu tun, sich von den kargen Einkünften, die die Studenten brachten, zu erhalten.
    Entmutigt kehrte Helene zum Gasthof zurück. In Gedanken überschlug sie die Zeit, die ihr noch blieb, bevor das geliehene Geld ausging, so dass sie Vogt erst sah, als sie sich in ihrer Kammer auf das Bett setzte. Sie schrie auf und war sofort wieder auf den Beinen.
    »Der Wirt hat mich hineingelassen«, sagte Vogt gleichmütig und lehnte sich gegen die Tür. »Sie waren nicht da, also habe ich beschlossen, auf Sie zu warten.«
    »Was wollen Sie?«, fragte sie unwirsch.
    »Ihnen den Mantel bringen«, sagte er und hielt ihn ihr hin. »Und Sie zu einem Spaziergang abholen. Kennen Sie die Gleißburg? Es ist die Ruine eines alten Schlosses, auf einem hohen Berg gelegen. Von dort hat man einen wunderbaren Blick über das Tal.«
    »Nein, Johann, ich kenne Sie nicht. Und mir fehlt der Mut, mich auf eine weitere Unternehmung mit Ihnen einzulassen.«
    »Es tut mir leid, Helene. Albert wäre jetzt sicher sehr wütend auf mich, und ich möchte das wiedergutmachen.« Er lächelte gequält. »Darf ich Sie wenigstens zu einem Nachmittagskaffee in das Gasthaus
Zum schwarzen Bären
einladen? Es ist das beste Haus am Platz, und es gibt köstlichen Buttercremekuchen.«
    Wider ihren Willen musste Helene ebenfalls lächeln. Vogt sah zerknirscht aus, und er schien es ernst zu meinen. Es sprach nichts dagegen, mit ihm spazieren zu gehen. Denn obwohl sie die Brutalität erschreckt hatte, mit der er auf seinen Kommilitonen einschlug, so hatte er sie doch vor diesem beschützt. Doch es gab noch etwas, das sie quälte und das nach Erklärung verlangte.
    »Ich war in dem großen Raum, Johann. Ich habe einen Mann gesehen, der abscheulich krank aussah. Er hat um Hilfe gefleht.«
    »Ich weiß. Das hätte nicht sein dürfen. Es tut mir leid, ich hätte Ihnen den Anblick gern erspart. Die Patienten, die uns um die Erprobung |214| unserer Mittel bitten, sind meist sehr krank, vom Tod gezeichnet. So auch dieser Mann. Er hat die Nacht nicht überlebt.«
    »Das ist ja furchtbar!« Sie strich sich eine Locke aus der Stirn. »Aber all das, was Sie da tun, kann das wissenschaftlich sein? Die Kerzen, der Altar, das Bild … Es war so bedrohlich.«
    »Alle Dinge, die wir nicht kennen, erscheinen uns gefährlich. So lange, bis wir mit ihnen vertraut sind. Ich bitte Sie: Haben Sie Vertrauen. Wir leben in einer Zeit, in der Wissenschaftler aller Welt daran arbeiten, der Natur ihre Rätsel zu entreißen. Dabei vergessen sie die alten Lehren jener Weisen, die bereits vor Jahrtausenden praktizierten. Aber das ist ein Fehler. Alchemie ist weit mehr als die Kunst von der Wandlung der Elemente. Es ist auch die Kunst der Transformation des menschlichen Körpers. Wir sind so nah dran, das Geheimnis ewigen Lebens zu entschlüsseln, es fehlt nur noch ein winziges Stück!« Vogt hob Daumen und Zeigefinger und bewegte sie aufeinander zu. »Nur noch wenige Wochen, und wir hätten diesen Mann erretten können!«
    »Und warum wollte Albert dann weg von hier?«
    »Sie haben es gewusst?«
    »Ja.«
    »Und trotzdem sind Sie mit mir gekommen?« Er grinste breit. »Sie sind mutiger als mancher Bursche in dieser verdammten Stadt! Oder soll ich annehmen, dass Sie es nur meinetwegen taten?«
    »Sie überschätzen sich.«
    »Ich hatte es befürchtet.« Er öffnete die Tür. »Kommen Sie, Helene, lassen Sie uns gehen. Und dann erzähle ich Ihnen, wie es Albert in Jena ergangen ist.«
     
    Von diesem Tag an trafen sie sich beinahe jeden Nachmittag. Vogt nahm sie mit auf den Turm der Michaeliskirche, von dort sahen sie über die in der Wintersonne funkelnden Dächer in die Gassen der Stadt. Von oben zeigte er ihr, wo Professor Griesbach sein Haus hatte, in dem sich das größte Auditorium Jenas befand und

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