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Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Titel: Die Alchimistin 03 - Die Gebannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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lassen, ohne ihn sofort zu töten. Sie hatte nichts verlernt. Lysander schwankte, unfähig zur Gegenwehr, während Fächer aus glitzerndem Scharlach nach allen Seiten aus seinem Körper sprühten.
    Sophia war noch immer nackt, aber eine dunkle Kruste bedeckte ihren Leib wie nach einem Bad in zinkrotem Schlamm. Hier und da blickten Augen aus der gebrochenen Oberfläche, sahen Lysander beim Sterben zu, nur um gleich darauf hinter Schleiern seines Blutes zu verschwinden. Die Unsterbliche tanzte und schnitt, tanzte und schnitt, und bei jeder Bewegung geriet sie in eine andere Fontäne, während das Blut in ihrem gläsernen Haar zu Perlen gerann.
    Mehrere Sekunden lang sahen Aura und Gillian zu, fasziniert
von diesem Fanal einer leidenschaftlichen Vergeltung – dann eröffnete Gillian das Feuer.
    Sophias Kopf zuckte herum wie der eines Raubtiers. Zugleich vollzog sie eine schlängelnde Bewegung, mit der sie den Schüssen auswich wie bei einer ihrer Bühnenshows. Hinter ihr schlugen die Kugeln in ein Schaufenster. Die Scheibe hielt mehreren Treffern stand, dann sank sie als gläserner Vorhang in sich zusammen. Ohrenbetäubendes Klirren ertönte, als schwertgroße Scherben auf die Fliesen krachten und zu einem Meer aus glitzernden Splittern zerbarsten. Eine Flut aus Glas schoss auf die Kante der Galerie zu, prasselte gegen Lysanders Schuhe und Sophias nackte Füße und spritzte flirrend über den Rand hinaus in die Tiefe.
    Gillian drückte noch zwei, drei Mal ab, aber die Waffe schwieg. Alle Kugeln waren aufgebraucht. Wütend schleuderte er die Pistole über die Brüstung.
    Sophia schrie zornig auf, als sie realisierte, dass sie barfuß inmitten eines Teppichs aus nadelspitzen Glasscherben stand. Doch ihre Rache ließ sie sich nicht nehmen. Lysander lehnte kraftlos mit dem Gesicht zum Abgrund an der Brüstung, den Oberkörper über das Geländer gebeugt. Die Blutfächer aus haarfeinen Schnitten sahen von Weitem aus wie kandierte Obstscheiben, die jemand zur Verzierung in eine Zuckergussfigur gesteckt hatte; noch gab es kein Anzeichen dafür, dass sie bald versiegen würden. Doch Sophia erkannte, dass sie das Leid ihres Opfers verkürzen musste. Von hinten packte sie Lysanders rotgetränktes Haar, riss seinen Kopf zurück und führte die Klinge in einem raschen Halbkreis über seine Kehle.
    Als der alte Mann starb, blitzte etwas Silbriges auf und erlosch wieder. Sophias Todesschnitt hatte auch das Band durchtrennt, an dem die Ampulle hing.
    »Nein !« Aura stürmte über die Galerie zur Brücke. Hinter ihr setzte sich Gillian in Bewegung und hob schwankend die Waffe
des toten Schützen auf. Er war zu langsam und hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten.
    Sophia sah Aura kommen, ließ Lysanders Körper zu Boden gleiten und zögerte nur einen Augenblick. Dann warf sie sich herum und lief über die Scherben wie ein Fakir, dem der Schmerz nichts anhaben konnte. Erst beim letzten Schritt auf den Splittern geriet sie ins Schleudern, fing sich wieder und setzte ihren Weg zur Treppe fort. Sekunden später sprang sie die Stufen hinunter und tauchte im ersten Stock auf, rannte weiter hinab ins Erdgeschoss.
    Als Aura von der Brücke auf die rechte Galerie stürmte, sah sie die roten Fußspuren, die Sophia hinterlassen hatte. Lysander lag in sich verdreht auf einem Bett aus Rubinen. Kein Atem mehr für letzte Worte. Er war gestorben, bevor Aura ihm ihre Verachtung entgegenschleudern konnte. Das Band um seinen Hals war fort.
    Unter ihren Sohlen knirschte das Glas, als sie ihn hektisch herumziehen wollte, mit beiden Händen abrutschte, wie im Rausch erneut zugriff und ihn endlich auf die andere Seite rollte. Sein Blut sprühte noch immer aus den Wunden, schwächer jetzt, kurz vorm endgültigen Versiegen. Sie wurde davon besudelt, roch es, schmeckte es auf ihren Lippen, aber sie würgte die Übelkeit herunter und tastete verzweifelt im Glas umher.
    Hinter ihr stolperte Gillian von der Brücke auf die Galerie, noch ein gutes Stück entfernt. Er rief etwas, aber sie hörte es kaum. Ihre Finger gruben in nassen Scherben, sie zerschnitt sich dabei die Kuppen, achtete aber nicht darauf. Erst als einer der Splitter unter einen Fingernagel stach, riss sie die Hand zurück.
    Und da lag die Ampulle, unmittelbar vor ihr, noch an dem verdrehten Lederband, ganz und gar in Blut getaucht, so schimmernd und funkelnd wie all das Glas um sie herum. Aura vergaß ihren Schmerz, hob das kleine Gefäß auf und versuchte, es
zu öffnen. Ihre Finger

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