Die Alchimistin 03 - Die Gebannte
den kraftlosen Fingern und schlitterte unter den Tisch. Gillian ließ sie dort liegen und stieß die Tür zu, schleuderte den Mann rückwärts dagegen und sprang zur Seite. Sogleich krachten Schüsse und durchlöcherten das Holz auf Brusthöhe. Spätestens jetzt waren auch die drei Männer auf der Straße alarmiert.
Er behielt das Küchenmesser in der Hand, während er an die Wand gelehnt neben der Tür wartete. Die Männer im Frühstücksraum hatten dreimal geschossen und mussten davon ausgehen, dass er entweder getroffen war oder sie in einer Deckung erwartete. Ihm wiederum war klar, dass eine Flucht nicht mehr infrage kam. Er würde auch die übrigen fünf töten müssen, um Gian heil hier herauszuschaffen.
Das Röcheln des sterbenden Mannes vor der Tür wurde leiser.
Im nächsten Moment wurde er ein Stück weit in den Raum geschoben, als jemand von außen gegen das Holz drückte, fluchte, als ihm klar wurde, was da den Weg versperrte, und schließlich durch den Spalt blickte.
Gillians Arm zuckte vor und stieß ihm das Messer ins Gesicht. Gleichzeitig peitschte ein Schuss und verfehlte Gillian nur knapp. Der Mann taumelte schreiend zurück, der Messergriff ragte inmitten einer Blutfontäne aus seiner Augenhöhle. Sein Gefährte stieß eine Reihe wüster Verwünschungen aus, dann polterte der andere gegen Tische und Stühle und für einen Moment herrschte dort draußen ein Chaos aus Geschrei und schepperndem Geschirr. Gillian nutzte diese Sekunden, angelte widerwillig den Revolver unter dem Tisch hervor, beförderte den Leichnam mit einem Tritt weit genug beiseite, um die Tür zu öffnen, und feuerte in den Raum hinaus.
Die erste Kugel traf den Mann mit dem Messer und beendete seine Schreie. Das war keine Absicht gewesen, denn brüllende Verletzte unter den Gegnern sorgten für Hektik und unvorsichtige Alleingänge; wäre es nach Gillian gegangen, hätte der Kerl ruhig noch eine Weile weiterkreischen können.
Immerhin erwischte eine seiner nächsten Kugeln den dritten Mann, allerdings nicht tödlich. Das Feuer wurde jetzt erwidert. Am sichersten wäre es gewesen, sich in die Küche zurückzuziehen, aber Gillian wollte die Männer so weit wie möglich von Gian fortlocken. Er warf sich hinter einen der Frühstückstische und schoss zwischen den Stuhl- und Tischbeinen auf die Knie seines Gegners. Beim zweiten Versuch traf er, der Mann brach brüllend zusammen. Gillian zielte auf sein Gesicht, aber als der Hahn schnappte, löste sich kein Schuss. Die Trommel des Revolvers war leer.
Mit einem Fluch sprang er auf. Durch die offene Tür zum Foyer war noch niemand zu sehen. Wo blieben die anderen? Er setzte über den Toten hinweg und zerrte in derselben Bewegung
das Messer aus dessen Auge. Der zweite lag am Boden, hielt sich das Bein und tastete panisch nach der Waffe, die ihm aus der Hand gefallen war. Gillian beförderte sie mit einem Tritt aus seiner Reichweite, ließ sich mit beiden Knien auf den Oberkörper des Mannes fallen und durchtrennte ihm die Halsschlagader. Eine Sauerei, aber nicht zu vermeiden.
Im selben Moment zerschmetterten Kugeln die Fensterscheibe. Gillian robbte flach auf dem Bauch zur Tür, sah, wie draußen der Haupteingang aufschwang, sprang auf und rannte los. Er sah sich kurz im Spiegel neben der Rezeption – blutiges Gesicht, blutiges Messer –, und dort entdeckte ihn auch der Mann, der gerade das Foyer betreten wollte. Gillian packte ihn an der Jacke und riss ihn ins Innere. Die beiden anderen standen entweder noch vor dem zerschossenen Fenster oder waren auf dem Weg zur Tür; so oder so mussten sie noch mehrere Meter entfernt sein. Seine Einschätzung, dass die drei, die vorausgeschickt worden waren, die härteren Jungs gewesen waren, bestätigte sich: Es war fast lächerlich, wie leicht sich dieser hier von Gillians Schnelligkeit und Anblick überrumpeln ließ und dafür einen ebenso raschen Tod starb.
Nur noch zwei. Und dann die halbe Wiener Polizei, die wahrscheinlich längst unterwegs war.
Der Nächste ging auf Nummer sicher. Er feuerte seine komplette Ladung durch die Glastür ins Foyer, aber Gillian hatte bereits hinter der Rezeption Deckung gesucht, neben der toten Frau. Er besaß jetzt wieder eine Schusswaffe, wartete aber noch ab. Die Straße lag tiefer als das Erdgeschoss der Pension, sein Gegner musste also die Stufen heraufgekommen sein, um das Foyer unter Feuer zu nehmen. Also stand er rechts oder links vom Eingang und machte sich wohl ziemliche Sorgen wegen der
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