Die alte Villa (German Edition)
angeschaut.“
„Gefällt es dir?“, fragte die Alte und ihr Lächeln wurde noch freundlicher in ihrem runzeligen Gesicht.
„Ja, es ist wunderschön“, antwortete sie. „Ich war noch nie in dieser Gegend und dabei wohne ich schon seit meiner Geburt hier in dieser Stadt.“
„Möchtest du hereinkommen und dir den Garten hinten anschauen?“
Rebecca zögerte.
Sie merkte, wie sie rot wurde. Was sollte sie tun? In das Haus zu dieser wildfremden Frau gehen?
Seltsam war, dass ihr die Alte so wildfremd gar nicht vorkam, sondern im Gegenteil sehr vertrauenswürdig auf sie wirkte und so sagte sie „Ja, gerne, wenn ich Sie nicht störe.“
Die Alte lachte. „Du mich stören? So ein alter Besen wie ich hat nichts lieber als junge Leute im Haus. Kommt leider nicht allzu oft vor. - Na, dann komm mal mit.“
Sie öffnete das kleine Holztor an der Straße und Rebecca trat ein.
So viele Gärten und Häuser von ihr fremden Leuten hatte sie sich immer nur von außen angeschaut. Als stille Beobachterin hatte sie insgeheim vermutet, dass es immer Fremde waren, denen der Luxus eines schönen Gartens mit einem passenden Haus gebührte. Niemals ihr, oder ihrer Familie..
Diese neue Perspektive kam ihr vor, als würde sie geradewegs in einen Traum eintreten.
Vorbei an den blühenden Asternbüschen, die zu summen und zu brummen schienen, weil so viele Blütenbesucher diese späte Nektarquelle des Jahres noch einmal ausgiebig nutzten, kamen sie zu der mit Schnitzwerk verzierten Tür. Ein wunderschöner Pferdekopf war dort mitten auf der Tür abgebildet. Das hatte sie vom Weg aus gar nicht erkennen können.
Die alte Frau ging vor und Rebecca folgte ihr.
„Komm, meine Kleine, komm nur“, sagte sie und man fragte sich, wie das gemeint sein könnte, da Rebecca die Alte mindestens um eine Kopflänge überragte.
Diese fühlte sich fast wie in dem Märchen von Hänsel und Gretel. Aber diese alte Frau hier war gewiss keine böse Hexe.
Oder verstellte sie sich etwa nur? Rebecca versuchte, sich das Märchen noch einmal in Erinnerung zu rufen. Die Alte drehte sich um und schaute in Rebeccas nachdenkliches Gesicht.
„Du schaust ja ganz ängstlich. Ich tu dir doch nichts“, sagte sie und lächelte dabei ein wenig schelmisch, wie Rebecca fand. Dabei sah sie irgendwie lustig aus und Rebecca musste sich zusammenreißen, um nicht zu lachen, was gewiss unhöflich gewirkt hätte.
„K omm nur, wir gehen zuerst einmal in die Küche. Vielleicht möchtest du ja etwas essen oder trinken?“
Die Küche war wunderbar gemütlich. Zwei alte Aufsatzschränke mit unzähligen kleinen Schubläden verbreiteten eine anheimelnde Stimmung und es gab tatsächlich einen offenen Kamin und dort brannte schon ein kleines Feuer. Die Alte war ihrem Blick gefolgt.
„Ich frier’ immer so“, sagte sie, und es klang wie eine Entschuldigung. „Na, die alten Knochen, weißt du“.
Wieder dieser schalkhafte Ausdruck im Gesicht der Alten und Rebecca kam es vor, als mache sich die Frau über sich selber und ihr fortgeschrittenes Alter lustig, als wäre das Altwerden nur irgendein lustiges Spiel für sie.
Neben dem Kamin und vor einem der schönen Schränke stand ein riesengroßer blankgescheuerter alter und mit Sicherheit auch sehr schwerer Holztisch.
Auf ihm waren Berge von Kräutern ausgebreitet, die anscheinend von der Alten gerade verarbeitet wurden.
Rebecca erkannte außerdem ein paar knorrige Wurzeln, die so verdreht und unregelmäßig geformt gewachsen waren, dass sie aussahen, als wären sie von Hand geschnitzt worden.
Eine der Wurzeln hatte bei genauerem Hinsehen tatsächlich den Körper einer nackten Frau mit recht üppigen Rundungen und sie nahm sie verdutzt in die Hand.
„Das ist eine Alraunenwurzel“, sagte die alte Frau.
„Sie ist vor allem als Liebes- und Schlafmittel bekannt. Ich benutze sie in geringer Konzentration für einen guten Schlaf. Mit der Liebe ist es ja bei mir so ziemlich vorbei“, sagte sie und wieder lächelte sie belustigt und mit einem scherzhaften Zwinkern, dass Rebecca es diesmal nicht mehr schaffte, das Lachen länger zurückzuhalten.
Die Alte stimmte mit einem herzhaften Gelächter in ihr Lachen ein und ließ damit die Vertrautheit zwischen ihnen anwachsen.
Rebecca schaute sich neugierig in der Küche um.
Vor dem Kamin lag eine schwarze Katze , die den Gast aus wachsamen Augen und mit zur Schau gestellter Gelassenheit beobachtete. Was sollte ihr in ‚ihrem’ Haus auch schon geschehen?
Rebecca
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