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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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einenMoment … wie soll ich’s sagen … Es gäbe da noch etwas. Wer weiß, wann wir wieder einmal Zeit für einen Ausflug haben …«
    »Wenn du glaubst, ich renn mit dir hoch zum Heimer, dann hast du dich getäuscht!« Johannes’ Gesicht verschloss sich. »Da lass ich mich nicht hineinziehen. Mutter wäre davon nämlich gar nicht begeistert.«
    »Das will ich doch gar nicht«, wiegelte Wanda ab. »Aber einen Wunsch hätte ich trotzdem …«

10

    »Oje, ich glaube, meine kleine Wanda hat sich verliebt!«, kicherte Marie. »Hör mal …« Sie fuhr beim Vorlesen mit dem Finger an den Zeilen entlang. »… Ich bin so froh, dass Johannes endlich auf meinen Vorschlag eingegangen ist und mich zu ein paar seiner Kameraden mitgenommen hat. Zu sehen, wie die Leute leben und arbeiten – das habe ich mir von Herzen gewünscht! Das wahre Leben von Lauscha – jetzt habe ich es kennengelernt. Was für ein Nachmittag! Liebe Marie, Du kannst Dir nicht vorstellen, wie freundlich alle zu mir waren! Wo immer wir vorbeigeschaut haben, wurde mir Kaffee angeboten. Einer, der Marbacher-Hans, hat mir sogar einen Kräuterschnaps eingeschenkt!!! Die Lauschaer Glasmacher sind wirklich ausgesprochen nette Leute, sogar die Kinder hingen ständig an meinem Rock und wollten mir zeigen, was sie gerade bemalt hatten.
    Dann haben wir auch die Werkstatt von Richard Stämme besucht. Bevor wir anklopften, habe ich noch scherzhaft zu Johannes gesagt, dass ich nun beim besten Willen keinen Kaffee mehr trinken könnte, doch der Johannes hat nur gemeint, dass Richard uns ganz gewiss keinen servieren würde. Wahrscheinlich noch so ein Greis wie der Märbelmacher, habe ich bei mir gedacht – Du weißt schon, ich meine den Märbel-Michel, der kaum mehr was sehen kann, aber immer noch die schönsten Murmeln macht. Mir hat er eine geschenkt, die alle Farben des Regenbogens vereint. Und dann hat er mich sogar an seinem Bolg sitzen lassen und ich durfte probieren, selbst …«
    »Marie, mia cara  – ich finde es ja sehr schön, dass Wanda so ausführlich Bericht erstattet, aber muss ich mir das wirklich alles anhören?« Franco machte eine ungeduldige Handbewegung. »Außerdem – wie kommst du darauf, dass Wanda sich verliebt hat? Darüber verliert sie doch kein Wort.«
    »Die Stelle, die ich so verdächtig finde, kommt erst noch, warte …« Hektisch drehte Marie den Briefbogen um. »Wo ist sie nur …«
    Franco seufzte. »Ich habe Vater versprochen, dass ich die Papiere bis morgen fertig mache.« Mit einer bedauernden Geste zeigte er auf einen Stapel amtlich aussehender Dokumente, die vor ihm auf dem Tisch lagen. »Das Schiff, das in drei Tagen ausläuft, wartet nicht auf unsere Ware.«
    »Wenn ich dich langweile, kann ich ja gehen.« Marie raffte die Blätter von Wandas Brief zusammen. Während sie langsam in Richtung Tür ging, wartete sie auf seinen Einwand.
    Vergeblich. Franco war schon wieder bei seinen Eintragungen.
    Die Klinke in der Hand, drehte Marie sich nochmals zu ihm um. »Ich habe gedacht, jetzt, wo die Weinernte vorüber ist, wirst du mehr Zeit für mich haben!«
    »Mia cara …«

    Ein Kloß drückte in Maries Kehle, während sie in Richtung Orangerie ging. Immer diese verdammten Aktenberge! Immer Besuche von irgendwelchen Weinhändlern, Kunden oder Bittstellern! Immer etwas, das wichtiger war als sie. Wichtiger als die Studien, die sie gemeinsam hatten unternehmen wollen.
    Wie oft hatten sie sich das in den ersten Wochen, alsFrancos Arbeitstage kein Ende nahmen, sehnsüchtig ausgemalt: sie beide am runden Walnusstisch in der Bibliothek, er über seine Bücher vom Weinanbau gebeugt, sie über den dicken Bildband Genueser Kunstgeschichte. Einen ganzen Tag lang war sie durch Genua gewandert, dann war sie in einem Antiquariat schließlich fündig geworden. Wie ein Kind hatte Franco sich gefreut, als sie mit dem Buch über die Veredelung alter Rebsorten angekommen war!
    Marie schluckte. Ihres Wissens hatte Franco das Buch jedoch nach einem flüchtigen ersten Durchblättern nie wieder in die Hand genommen.
    Warum konnte er nicht einfach »Basta!« zu seinem Vater sagen? Die Glastür, die zu den Palmen, Orangen- und Zitronenbäumchen führte, bebte, als Marie sie aufriss.
    »Auch ich bin in einem Familienbetrieb groß geworden! Ich weiß, wie einen die liebe Familie beanspruchen kann. Wenn ich nicht auf meine Freiräume bestanden hätte, wäre meiner Fantasie wahrscheinlich keine einzige neue Kugel entsprungen!«, hatte sie ihm

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