Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)
Terroristentruppe zu bitten, die kürzlich Holger & Holgers Kissengroßhandel abgefackelt hatte. Wahrscheinlich war es wirklich das Klügste, der Polizei zuvorzukommen. Aber alles zu seiner Zeit
Nombeko schloss die Augen, um sich ein wenig auszuruhen.
* * * *
In Norrtälje machte die Gruppe halt, um Essen zu kaufen, mit dem sie Celestines Großmutter bestechen wollten. Nombeko fand, dass es unnötig war, die Gastgeberin auf den Kartoffelacker zu schicken.
Dann ging die Fahrt weiter nach Bätö und auf einer Schotterstraße geradewegs Richtung Norden nach Nysättra.
Die Großmutter wohnte ein paar hundert Meter vom Ende dieser Straße entfernt. Sie war es seit Jahren gewöhnt, nie Besuch zu bekommen. Als sie nun eines Abends hörte und sah, wie ein fremdes Auto mit Anhänger auf ihr Grundstück gefahren kam, griff sie sicherheitshalber zur Flinte ihres verstorbenen Vaters, bevor sie auf die Terrasse trat.
Nombeko, Celestine und die Holgers kletterten aus dem Auto und wurden von einer alten Dame empfangen, die ihnen mit Gewehr im Anschlag erklärte, dass Diebe und Banditen hier nichts zu holen hatten. Nombeko, die schon über die Maßen müde war, wurde noch müder:
»Wenn die Dame des Hauses meint, absolut schießen zu müssen, dann bitte ich nur darum, dass sie auf die Menschen anlegt und keinesfalls auf den Anhänger.«
»Hallihallo, Großmutter!«, sagte die junge Zornige (und tatsächlich klang es ziemlich fröhlich).
Als die alte Dame ihre Enkelin erblickte, legte sie die Waffe weg und drückte Celestine fest an sich. Dann stellte sie sich als Gertrud vor und erkundigte sich, wer Celestines Freunde waren.
»Na ja, was sich so Freunde nennt«, meinte Celestine.
»Ich heiße Nombeko«, sagte Nombeko. »Wir sind in eine etwas missliche Lage geraten und wären sehr dankbar, wenn uns die Dame des Hauses gestatten würde, sie auf ein Abendessen einzuladen, und sie uns im Gegenzug irgendwo hier ein Nachtlager anbieten könnte.«
Die alte Dame auf der Treppe überlegte kurz.
»Na, ich weiß ja nicht«, sagte sie. »Aber wenn ich erfahren dürfte, was ihr für Filous seid und was ihr zum Abendessen mitgebracht habt, dann ließe sich drüber reden.«
Da entdeckte sie die beiden Holgers.
»Wer sind denn diese zwei, die sehen ja ganz gleich aus?«
»Ich heiße Holger«, sagte Holger 1.
»Ich auch«, sagte Holger 2.
»Hähnchenpfanne«, sagte Nombeko. »Wäre Ihnen das recht?«
Hähnchenpfanne war genau das richtige Codewort, wenn man Eintritt auf Sjölida begehrte. Um dieses Gericht zuzubereiten, drehte Gertrud ab und zu auch mal einem von ihren eigenen Hühnern den Hals um, aber es so ganz ohne eigene Mühen vorgesetzt zu bekommen, gefiel ihr natürlich noch besser.
Während Nombeko sich in die Küche stellte, um das Essen vorzubereiten, setzten sich die anderen an den Küchentisch. Gertrud schenkte allen – inklusive der Köchin – ein Glas von ihrem selbst gebrauten Bier ein. Davon wurde Nombeko auch gleich wieder munter.
Celestine begann damit, dass sie den Unterschied zwischen Holger und Holger erläuterte. Der eine war ihr wunderbarer Freund, der andere war überhaupt nicht wunderbar. Ohne sich umzudrehen, sagte Nombeko zu der jungen Zornigen, sie sei froh, dass Celestine die Dinge so sehe, denn somit würde ein Tausch ja niemals in Betracht kommen.
Aber als die Rede darauf kam, warum sie in Sjölida gelandet waren, wie lange sie bleiben wollten und warum sie mit einer Kiste auf einem Anhänger durch die Gegend fuhren, wurde es schon schwieriger. Gertrud schlug einen strengen Ton an und meinte, wenn sie irgendwelche krummen Dinger vorhätten, sollten sie sich lieber eine andere Bleibe suchen. Celestine war ihr immer willkommen, aber die anderen dann eben nicht.
»Darüber reden wir beim Essen«, schlug Nombeko vor.
Zwei Bier später war das Essen fertig und aufgetragen. Die alte Dame war aufgetaut und taute noch weiter auf, nachdem sie den ersten Bissen genommen hatte. Jetzt wurde es also Zeit, ihr auseinanderzusetzen, wie sich die Dinge verhielten.
»Lasst euch durchs Essen nicht vom Reden abhalten«, sagte Gertrud.
Nombeko überlegte, was wohl die beste Strategie war. Die nächstliegende Möglichkeit war natürlich die, der alten Dame die Hucke vollzulügen und die Lüge dann so lange wie möglich durchzuschleppen.
Aber mit Holger 1 und der jungen Zornigen an Bord … wie lange würde es wohl dauern, bis sich einer von beiden verplapperte? Eine Woche? Einen Tag? Eine Viertelstunde? Und
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