Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)
Immerhin wusste B nun ja, dass die Bombe und Nombeko Mayeki immer noch zusammen waren. In Schweden. Es war ebenso eindeutig wie unbegreiflich. Was hatte sie die letzten sieben Jahre getrieben? Wo befand sie sich jetzt? Und warum?
B hatte unter dem Namen Michael Ballack in einem Hotel in Stockholm eingecheckt, um erst einmal die Lage zu analysieren.
Am letzten Donnerstag hatte er eine verschlüsselte Mitteilung von seinem Kollegen, dem Agenten A, erhalten. Sie besagte, dass er einen gewissen Holger Qvist (bekannt aus dem Fernsehen) lokalisiert hatte, der ihn jetzt gleich zu Nombeko Mayeki bringen würde, der verdammten Putzfrau, die sie gleich zweimal ausgetrickst hatte.
Danach meldete sich A jedoch nicht wieder. Und antwortete auch nicht auf Bs Mitteilungen. Die Vermutung lag nahe, dass er tot war.
Doch zuvor hatte er jede Menge Spuren für B hinterlassen. Wie zum Beispiel die geografischen Koordinaten des Ortes, an dem sich die Putzfrau und die Bombe befinden sollten. Und die Adresse von Holger Qvists mutmaßlicher Wohnung in einem Ort, der sich Blackeberg schimpfte. Und seinen Arbeitsplatz in Bromma. Im schwedischen System schien überhaupt nichts geheim zu sein – ein Traum für jeden Geheimagenten.
B hatte damit angefangen, dass er in die Fredsgatan 5 fuhr – die es nicht mehr gab. Das Gebäude war in der Nacht zuvor bis auf die Grundmauern niedergebrannt.
Offenbar hatte jemand die Bombe in letzter Minute aus den Flammen geholt, denn sie stand in einer angesengten Kiste auf einem Anhänger direkt vor den Absperrungen. Ein unwirklicher Anblick. Noch unwirklicher wurde es dann, als die Putzfrau lautlos neben dem Agenten auftauchte, ihn fröhlich grüßte, sich die Bombe schnappte und davonfuhr.
Agent B fuhr ebenfalls. Er kaufte ein paar schwedische Zeitungen und buchstabierte sich leidlich durch die Artikel. Für jemand, der sowohl Deutsch als auch Englisch spricht, ist es schon möglich, hie und da ein Wort zu verstehen und auch den einen oder anderen Zusammenhang richtig zu deuten. Außerdem gab es in der Königlichen Bibliothek noch eine Reihe von Artikeln auf Englisch.
Offenbar war das Feuer bei einem Kampf gegen Terroristen ausgebrochen. Doch die Oberterroristin Nombeko hatte ja in aller Seelenruhe außerhalb der Absperrung gestanden. Warum verhaftete man sie nicht? Die schwedische Polizei konnte doch wohl nicht so inkompetent sein, dass sie erst eine achthundert Kilo schwere Kiste aus den Flammen zog, anschließend aber vergaß, den Inhalt zu überprüfen, und dann irgendwelche Leute damit verschwinden ließ. Oder doch?
Und Kollege A? Natürlich in den Flammen in der Fredsgatan 5 umgekommen. Etwas anderes war nicht vorstellbar. Es sei denn, er war in Tallinn. Aber was sollte er dort wollen? Und was wusste die Putzfrau schon davon?
Der Mann neben ihr hatte sich als Holger vorgestellt. Also derjenige, den A tags zuvor noch festgehalten hatte. War es Holger gelungen, den Kollegen zu überwältigen? Und ihn nach Tallinn zu schicken?
Nein, A war tot, das musste so sein. Jetzt hatte die Putzfrau sie also schon drei Mal ausgetrickst. Schade, dass sie dafür nur einmal sterben konnte.
Agent B hatte viele Spuren, die teils von A, teils aus seinen eigenen Ermittlungen stammten. Wie zum Beispiel das Kennzeichen des Anhängers, auf dem die Bombe davongerollt war. Der gehörte einem Harry Blomgren, der unweit von Gnesta wohnte. Der Agent beschloss, diesem Herrn mal einen Besuch abzustatten.
Harry und Margareta Blomgren sprachen sehr schlecht Englisch und nur unwesentlich besser Deutsch. Doch soweit der Agent verstand, versuchten sie ihn davon zu überzeugen, dass er Schadenersatz für einen zerstörten Zaun und ein gestohlenes Auto mit Anhänger leisten sollte. Sie glaubten wohl, dass er irgendwie mit der Putzfrau zu tun hatte.
Am Ende musste der Agent seine Pistole ziehen, um dem Verhör mal ein bisschen Struktur zu verleihen.
Offenbar war die Putzfrau nebst Gefolge direkt durch den Zaun gekracht und hatte hier übernachten müssen. Was dann geschehen war, konnte der Agent beim besten Willen nicht rekonstruieren. Die Sprachkenntnisse des Paares waren so schlecht, dass es sich anhörte, als hätte jemand versucht, ihnen die Kehle durchzubeißen.
Tja, im Grunde gab es keinen Hinweis darauf, dass die beiden mehr auf dem Gewissen hatten, als zufällig die Wege der Putzfrau gekreuzt zu haben. Der Hauptgrund dafür, den beiden dennoch einen Schuss in die Stirn zu verpassen, wäre der gewesen, dass er sie
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