Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
Vom Netzwerk:
kam, dass die südafrikanische Dolmetscherin von damals plötzlich auf dem Vorplatz des schwedischen Schlosses stand.
    Und dann stünde zwischen dem Ministerpräsidenten (beziehungsweise dem König) und Nombeko und Holger 2 nur noch ein einziger Mensch. Präsident Hu erfüllte alle Voraussetzungen, eine Brücke zwischen den Atombombenbesitzern wider Willen und den Persönlichkeiten zu schlagen, die sie seit zwanzig Jahren vergeblich zu kontaktieren versuchten.
    Wohin das Ganze dann führen würde, musste sich zeigen, aber es war doch recht unwahrscheinlich, dass der Ministerpräsident sie wieder wegschickte, wenn er erst einmal von der Bombe wusste. Vielleicht würde er eher die Polizei rufen und sie einsperren lassen. Oder irgendetwas dazwischen. Auf jeden Fall wollten Nombeko und Holger 2 die Chance ergreifen.
    Freilich war es ziemlich eilig. Es war nämlich schon elf Uhr vormittags. Nombeko musste nach Sjölida zurückradeln und Holger 2 einweihen – aber auf keinen Fall die beiden Vollpfosten oder auch bloß Gertrud –, den Kartoffellaster rausholen und es bis sechs Uhr zum Schloss schaffen, wenn der Präsident vorfuhr.
    * * * *
    Und es ging prompt schief. Holger 2 und Nombeko hatten sich in die Scheune geschlichen und schraubten die allzu echten Nummernschilder ab, um sie durch die vor Jahren gestohlenen Schilder zu ersetzen. Doch Nummer eins saß, wie so oft, auf dem Heuboden schräg darüber und erwachte aus seinem geistigen Dämmer, als er hörte, wie unten am Auto herumgewerkelt wurde. Heimlich, still und leise schlüpfte er hinaus und rannte zum Haus, um Celestine zu holen. Bevor Holger 2 und Nombeko mit den Kennzeichen fertig waren, hatten Nummer eins und seine Freundin die Scheune gestürmt und sich ins Führerhäuschen gesetzt.
    »Aha, ihr wolltet also ohne uns abhauen, mit Bombe und allem«, sagte Celestine.
    »Aha, abhauen wolltet ihr also«, sagte Holger 1.
    Da platzte seinem Bruder endgültig der Kragen.
    »Irgendwann reicht es!«, brüllte er. »Steigt sofort aus, ihr verdammten Parasiten! Ihr braucht nicht zu glauben, dass ich euch die Möglichkeit gebe, uns auch noch diese Chance kaputtzumachen. Nie im Leben!«
    Woraufhin Celestine ein Paar Handschellen herausholte und sich am Handschuhfach festkettete. Was so ein alter Demonstrant ist, der verlernt eben nichts.
    Holger 1 durfte fahren. Celestine saß neben ihm, wenn auch in etwas unnatürlicher Haltung, weil sie ja festgekettet war. Nombeko saß neben ihr und ganz rechts Nummer zwei, in ausreichendem Abstand von seinem Bruder.
    Als der Kartoffellaster am Haus vorbeifuhr, kam Gertrud auf die Treppe.
    »Könntet ihr wohl beim Supermarkt vorbeifahren? Wir haben nichts mehr zu essen im Haus!«
    Nummer eins und Celestine wurden von Nombeko darüber informiert, dass diese Reise zum Ziel hatte, die Bombe loszuwerden, weil sich zufällig eine Gelegenheit ergeben hatte, direkten Kontakt zu Ministerpräsident Reinfeldt aufzunehmen.
    Holger 2 ergänzte, dass er sowohl seinen Bruder als auch dessen grauenerregende Freundin durch den achtreihigen Kartoffelsetzer zu jagen gedenke, wenn sie ihre Hintern auch nur einen Millimeter von den Sitzen wegbewegten.
    »Den achtreihigen Kartoffelsetzer haben wir doch verkauft«, versuchte es Holger 1.
    »Dann kauf ich einen neuen«, sagte sein Bruder.
    Das Galadiner im Königlichen Schloss begann um 18 Uhr. Die Gäste wurden im Inneren Trabantensaal empfangen, dann wurde die ganze Gesellschaft elegant in den Ballsaal, genannt Vita havet, geleitet, wo das Diner stattfinden sollte.
    Es war nicht leicht für Nombeko, sich so auf dem Schlossplatz zu positionieren, dass sie auf jeden Fall Präsident Hu Jintaos Aufmerksamkeit erregen konnte. Die neugierigen Zuschauer wurden mit sanftem Nachdruck an die Längsseiten des Hofes geschoben, so dass niemand näher als fünfzig Meter an die eintretenden Gäste herankommen konnte. Würde sie ihn auf diese Entfernung überhaupt erkennen? Er hingegen würde sie sicher wiedererkennen. Wie viele schwarze Afrikaner sprachen schon Wu-Chinesisch?
    Doch wie sich herausstellte, war das Wiedererkennen für beide Seiten kein Problem. Die Sicherheitspolizei wuselte um den chinesischen Präsidenten Hu und seine Frau Li Yongqing herum, als die beiden eintrafen. Nombeko holte tief Luft und rief im Dialekt des Präsidenten:
    »Hallo, Herr Chinese. Lange her, dass wir zwei in Afrika auf Safari gegangen sind!«
    Vier Sekunden später war Nombeko schon von zwei Sicherheitspolizisten in Zivil flankiert.

Weitere Kostenlose Bücher