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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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Damastdecke abgekauft, fragte sich aber, ob sie es wirklich wagen sollte, mit ihr um den Preis zu feilschen.
    Maja wartete an einem Stand, weil Stig ins Hintertreffen geraten war. Sie betrachtete die Auswahl an altem Silberschmuck, der auf einer blauen Veloursunterlage ausgebreitet war, und probierte einen schmalen Armreif mit Amethysten an. Als sie aber aus dem Augenwinkel heraus sah, wie der Händler sich näherte, legte sie ihn rasch wieder hin. Doch noch ein anderer Gegenstand hatte ihr Interesse geweckt: ein kleiner, drehbarer Schminkspiegel mit einem silbernen
Fuß, der weiter hinten stand. Sie vermisste solch einen Spiegel bei Stig und dachte, dass er eigentlich gut in sein Badezimmer passen würde. Sie drehte die Spiegelfläche herum, um sich zu vergewissern, dass auch der Vergrößerungsspiegel auf der anderen Seite unbeschädigt war, doch was sie sah, schnürte ihr den Magen zusammen.
    Er stand unmittelbar hinter ihr in der Menschenmenge und starrte sie an. Es lief ihr kalt den Rücken hinunter, aber sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Wie gebannt starrte sie in seine schwarzen Augen, während sie einen metallischen Geschmack im Mund spürte. Er fuhr sich mit seiner tätowierten Hand am Hals entlang – eine unmissverständliche Geste. Sie drehte sich um und erwartete, ihm Auge in Auge gegenüberzustehen, doch war er ebenso schnell wieder verschwunden, wie er aufgetaucht war. Sie spähte in das Gewimmel und versuchte, ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen.
    Â»Was ist los mit dir?«
    Maja fuhr herum und sah Stig verwirrt an.
    Â»Ich … ich weiß nicht.«
    Â»Alles in Ordnung?«
    Sie nahm sich zusammen und antwortete so ungezwungen wie möglich: »Ja, natürlich bin ich okay.«
    Während sie mit Stig sprach, kam es ihr fast so vor, als hätte sie sich die Gegenwart des Mannes nur eingebildet. Als habe es ihn nur in dem antiken Spiegel gegeben.
    Sie hakte sich bei Stig ein. »Wollten wir nicht an die Bar gehen?«
    Â 
    Â»Du hast ja ganz schönen Durst«, stellte Stig fest.
    Maja nickte und stellte den fast leeren Plastikbecher auf den Bistrotisch. Stig wollte sich gerade mit drei vollen Kaffeebechern sowie dem halben Liter Bier für Peik durch die Menge schlängeln, als Maja fragte:

    Â»Ist es okay, wenn ich hier bleibe?« Sie lächelte matt. »Ich fühle mich etwas schlapp.«
    Â»Ist schon okay, ich bring nur eben die Getränke rüber.«
    Sie spürte, dass er enttäuscht war, aber darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Ihr fehlte der Mut, sich wieder unter die Leute zu mischen. Sie wollte lieber an der Bar stehen bleiben, von der aus sie die Halle gut überblicken konnte.
    Als Stig außer Sichtweite war, bestellte sie noch ein Bier, vor allem, um das Valium hinunterzuspülen.
    Dann nahm sie den Injektor mit der Fentanylampulle aus ihrer Handtasche und steckte ihn sich in die Manteltasche. Sie betrachtete die improvisierte Theke, an die sich die Logenbrüder zurückgezogen hatten. Die Verantwortung für die Verkaufsstände hatten sie ihren Familienmitgliedern überlassen und schickten sich jetzt an, im Dienste der guten Sache die Zapfanlage zu leeren. Maja beschloss, ihnen dabei zu helfen, und bestellte zwei weitere Bier. Das eine war für Stig, doch bei ihrem Tempo musste er sich gewaltig beeilen, wenn er noch etwas davon haben wollte.
    Plötzlich bemerkte sie den Mann, der ein paar Meter weiter an einem der hohen Tische stand. Es war Klinikdirektor Herman E. Titland, der sich inmitten einer Gruppe weiterer Anzugträger befand. Geflissentlich sprach er auf die anderen Männer ein, die Maja größtenteils den Rücken zugekehrt hatten. Titlands unterwürfiges Verhalten war nicht zu übersehen. Sie trat ein wenig näher und erkannte unter den übrigen Männern den Bürgermeister, der sich enorm zu langweilen schien. Maja erkannte das glänzende Emblem der Elge-Loge, das sowohl der Bürgermeister als auch Titland am Revers trugen. Die halbe Stadt schien dort Mitglied zu sein. Die bessere Hälfte. Abgesehen von Stig, der aus beruflichen Gründen darauf verzichtete, wie er Maja
erklärt hatte. Sein Redakteur, der neben dem Bürgermeister stand, sah das offenbar anders.
    Erst als sich einer der Männer, die ihr den Rücken zugekehrt hatten, halb herumdrehte, erkannte sie seinen charakteristischen Kopf mit den zusammengedrängten

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