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Die Anfänge meiner Welt

Die Anfänge meiner Welt

Titel: Die Anfänge meiner Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Sage
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Puppen brauchten, erstellten Listen
der diversen Buketts und Gebinde, die wir für die Brautjungfern, die
Brautführerin und die Braut selbst (die auch Blumen für ihr Haar bestellt
hatte) benötigen würden, und setzen für alles Preise fest, einschließlich der
Knopflochsträußchen für die Angehörigen, streng gestaffelt nach
Verwandtschaftsgrad und Wichtigkeit, die Mütter an erster Stelle. Wir waren
weitgehend auf wildwachsende Blumen angewiesen, und natürlich mußte für die
Puppen alles winzig sein, doch diese zusätzlichen Probleme erhöhten nur noch
die Spannung und den Spaß an unserem geschäftigen Treiben. Als der große Tag
heranrückte, pflückten wir unsere Blumen und Farnwedel und stellten sie einzeln
in Marmeladengläser, um sie — was jedoch erst im letzten Moment geschehen
durfte — zu Sträußen unterschiedlicher Pracht und Größe zu binden.
    Wir hatten sogar vor, uns einen
Fotoapparat zu leihen, um das Ereignis in einer Gruppenaufnahme festzuhalten
und unser Werk auf diese Weise zu verewigen. Aber es wurde wohl nichts daraus,
denn ich kann mich nicht erinnern, je ein solches Foto gesehen zu haben.
Vielleicht war es an dem Tag bedeckt, oder niemand wollte uns eine Kamera
leihen — Kameras waren 1952 noch teures Erwachsenenspielzeug, mit dem man
vorsichtig umgehen mußte. Doch obwohl die Hochzeit selbst keine Spuren
hinterlassen hat, war sie ein großer Erfolg, denn das Entscheidende daran waren
unsere Vorbereitungen während dieser ganzen Zeit (wir waren erst neun, und es
muß uns wie eine Ewigkeit vorgekommen sein). Das ging so weit, daß weder die
Puppen noch ihre Kleider in unseren fachkundigen Überlegungen eine größere
Rolle spielten, und das, obwohl es Babypuppen waren, die außerdem die falsche
Größe hatten (es war noch vor Barbie- und erst recht vor Ken-Zeiten). Hier war
die Phantasie am Werk, mit Betonung auf Werk. Und noch etwas trug zu der Idylle
bei: Das Ganze spielte sich auf den Stufen vor unserer Hintertür ab, weil
Valeries Mutter uns aus dem Weg haben wollte.
    Die meisten Kinder in unserer
Siedlung wurden aus dem Haus gescheucht, wenn sie auch nicht in der Gegend
umherstreunten. Solange ich mit Valerie spielte, wußte ich zur Abwechslung
einmal, wo ich war, und meine Mutter auch — ich blieb in der Nähe, und ich kam
nicht zu spät nach Hause. Doch Valeries Gewohnheiten — die Edges hatten eine
feste Tageseinteilung — färbten nicht auf mich ab; wenn ich nicht mit ihr
zusammen war, hielt ich mich nach wie vor an keine Regeln. In The Arowry
erwartete man von den Kindern, daß sie zum Essen und Schlafen nach Hause kamen.
Ich war von Anfang an nicht gut im Nachhausekommen, und irgendwann in jenem
ersten Jahr begann ich auch noch unter Schlaflosigkeit zu leiden. Das lag zum
Teil daran, daß ich ebenfalls krank wurde, wenn auch nicht so spektakulär wie
mein kleiner Bruder. Ich bekam eine chronische Nebenhöhlenentzündung, die sich
in Kopfschmerzen, Gesichtsschmerzen und einer permanent verstopften Nase
äußerte. Ich bekam schwer Luft, besonders nachts, und zu allem Übel lag ich
dann auch noch im Dunkeln wach und weinte, was meine Symptome erheblich
verschlimmerte und auch den anderen die Nacht zur Hölle machte.
    Schließlich, als meine Augen
eines Morgens besonders verquollen waren, wurde Dr. McColl gerufen. Er war ein
Besucher aus vergangenen Zeiten, genauso, wie ich ihn in Erinnerung hatte,
rotgesichtig, beruhigend nach Scotch und Kölnisch Wasser duftend, und an diesem
Tag gab er mir das Rezept fürs Überleben in The Arowry 4. Keine Medizin — oder
kaum, nur Aspirin und eine aromatische Substanz zum Inhalieren — , sondern
Bücher.
    Als er kam, lernte ich gerade
etwas für die Schule auswendig, und vielleicht brachte ihn das auf die Idee,
denn er fand schnell heraus, daß ich auch einen großen Teil des Gesangbuchs und
sogar etliche der blutrünstigeren Psalmen auswendig konnte. Er meinte, es müsse
doch Interessanteres für mich zu lesen geben. Er sagte mir, ich könne mich
glücklich schätzen, denn ich hätte viel mehr Zeit als Leute, die schlafen; und
meiner Mutter sagte er, sie solle mir erlauben, die ganze Nacht das Licht
anzulassen. So kam ich — wieder — in den Genuß der Gesellschaft von Tarzan und
Alice, William und Sherlock Holmes, Masterman Ready, der Prinzessin und der
Orks... Für so etwas Strom zu verbrauchen war ein empörender Luxus, aber auf
den Arzt mußte man hören. Dr. McColl hatte in dem engen Haus Platz für mich
geschaffen, eine

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