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Die Anfänge meiner Welt

Die Anfänge meiner Welt

Titel: Die Anfänge meiner Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Sage
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Edwards’s zum Café und
von dort zur Milchbar, wir hörten Schallplatten, oder ich ging mit Vic am Kanal
spazieren, und wir machten uns im Gras ein Nest. Eines Tages sagte mir Gail,
Vic habe einem Freund erzählt — und dessen Freundin habe es ihr erzählt — , daß
wir bis zum Letzten gegangen seien und daß er eine Trophäe habe, die das
beweise, nämlich einen Blutfleck auf seinen verwaschenen Jeans. Sie war
erschüttert, daß etwas so Bedeutsames passiert war und ich ihr nichts davon
gesagt hatte. Aber es sei gar nicht passiert, protestierte ich, wirklich nicht,
sonst hätte ich doch... Vic und ich hatten eine erbitterte Auseinandersetzung,
in der ich ihm Verrat und Angeberei vorwarf, denn es war ja nicht
passiert. Oder doch?
    Ich konnte es mir einfach nicht
vorstellen. Als ich mich krank und aufgetrieben fühlte, unter Kopfschmerzen und
Übelkeit litt und, ja, meine Tage nicht bekam, blieb ich im Bett, und wir
holten Dr. Clayton, unseren neuen Hausarzt, einen bleichen, prüden Mann in den
Dreißigern. Nachdem er meine Temperatur gemessen, nach meinem Stuhlgang gefragt
und sich meine Zunge angesehen hatte, blickte er aus dem Fenster auf die
Blutbuche, räusperte sich und fragte, ob es sein könne, daß ich, äh, schwanger
sei. Nein, sagte ich, und mir wurde plötzlich heiß, nein. Trotzdem riet er zu
einer Urinuntersuchung, und unterdessen nahm ich Aspirin gegen die
Kopfschmerzen, aber sie gingen nicht weg, und obwohl die Schule wieder angefangen
hatte und ich mit der Aeneis fertig war, blieb ich zu Hause. Dann kam
Dr. Clayton wieder, verlegen und verwirrt. Wie alt ich sei? Sechzehn. Er habe
gehört, ich sei ein gescheites Mädchen, gut in der Schule, und ob wir denn
keinen Biologieunterricht gehabt hätten? Ich hätte doch wissen müssen... Schon
seine ersten Worte und sein Tonfall, in dem Überdruß und Verachtung lagen,
sagten mir, daß es doch so war, so sicher, wie ich bis dahin gewußt hatte, daß
es nicht sein konnte.
    Ich war ertappt worden, ich
würde bezahlen müssen. Ich war in Schwierigkeiten, ich würde keine Geheimnisse
mehr haben, ich würde als Betrügerin dastehen, mein Schicksal gehörte mir nicht
mehr, mein Körper hatte mich verraten und mich anderen ausgeliefert; wie, wußte
ich nicht. Dr. Clayton fragte mich, ob er es meiner Mutter sagen solle, aber es
war im Grunde gar keine Frage. Ich saß in meinem neuen Zimmer in Sunnyside, und
in meinem schmerzenden Kopf fügte sich alles zusammen, poch, poch, poch. Meine
Mutter kam herauf und machte die Tür auf, hochrot und vor Empörung schier
platzend, die Augen von Tränen glänzend. Kein Zweifel, diesmal wird sie reden.
Eine Minute lang sagt sie nichts, dann bricht es aus ihr hervor: Warum hast
du mir das angetan? Wieder und wieder. Ich hätte alles kaputtgemacht, jetzt
werde dieses Haus ein Ort der Schande sein wie das Pfarrhaus, ich hätte sie
besudelt und beleidigt mit meiner Mannstollheit, meinen heimlichen, schmutzigen
Begierden... Jetzt hab ich’s geschafft: Ich habe meine Mutter geschwängert.

 
     
     
    16

Die Braut des Satans
     
     
     
     
    Nach den Vorstellungen meiner
Eltern sollte ich in ein kirchliches Heim für ledige Mütter: Man tat dort auf
Knien Buße (Böden schrubben, Gebete sprechen), brachte sein Kind zur Welt (das
von ordentlich verheirateten Leuten vom Fleck weg adoptiert wurde) und kehrte
dann demütig und hohläugig nach Hause zurück. Alle taten dann großmütig so, als
sei nichts gewesen, solange man nur nicht den Eindruck erweckte, Spaß am Leben
oder eine zu hohe Meinung von sich selbst zu haben. Man konnte schon froh sein,
wenn man Steno und Schreibmaschine lernen durfte. Das hast du jetzt von deiner
Gescheitheit...
    Mein Vater war entsetzt, aber
er triumphierte auch. So wie er sich früher alle Mühe gegeben hatte, die Pfarrhaus-Verdorbenheit
aus mir herauszuprügeln, so stellte er mich jetzt wegen meines skandalösen
Verstoßes gegen alle Regeln des Anstands selbstgerecht an den Pranger. Er
sprengte auf seinem hohen Roß davon, rettete meine Mutter ein zweites Mal
ritterlich vor der grauenvollen Vergangenheit, und sie saß hinter ihm, die Arme
um seine schimmernde Rüstung geschlungen. Ich weinte und schmollte und ließ vor
meinem inneren Auge das Gegenbild eines zu Pferde nahenden Lord Carlton
erstehen, aber es half nichts, er würde nicht kommen. Ich schwor mir jedoch,
daß ich, ehe ich in dieses Heim der Church of England ging, per Anhalter auf
der nagelneuen Autobahn M1 nach London fahren, mich nach

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